kung seiner Gesundheit täglich ein Viertelchen Medoc trinken soll? Medoc ist nicht Salz, Herr Legationsrath."
"Noch heut das ausführbar, was unter Friedrich dem Großen noch möglich gewesen wäre. Aber Andres ist ausführbar -- Größeres -- erschrecken Sie nicht; man könnte indirect die Leute zwingen, wenn man direct auf das höchste Ziel lossteuert. Wäre Ihr Medoc nicht ein Kapital, das zwei- drei¬ hundert Prozent eintrüge, wenn Sie es an einer Nordküste lagern hätten, wo Napoleons Continental¬ sperre schon Kraft hat? Wird die Schifffahrt ge¬ schlossen, sind Sie wieder ein Crösus."
"Alle Zeichen deuten, daß wir Krieg anfangen."
"Alle Zeichen sind trügerisch, wo kein Wille ist. Noch schwankt die Waage. Die Kriegspartei scheint nur schwer, weil die Stimmen der Schreier das Feld behaupten. Mit Geschick ließen sich Stimmen ge¬ winnen, die diesen Officieren und Gelehrten die Wahrheit sagten, wohl verstanden, im Interesse des großen, wohlhabenden Bürgerthums. Abschreckende Gemälde von den Drangsalen eines Krieges, wie er auf alle Stände zurückwirkt, Handel, Industrie, Ackerbau auf Jahrzehnde zurückbringt. Ihnen vor¬ gestellt, wie auch im günstigsten Falle der Bürger durch den Krieg nichts gewinnt als erhöhte Ab¬ gaben! Die Kriegspartei ist thätig mit ernsten und Spottliedern, mit Pasquillen, mit fulminanten Tiraden! Warum werfen die Freunde des Friedens nicht einige Tausende zum selben Zwecke hin, an die
kung ſeiner Geſundheit täglich ein Viertelchen Medoc trinken ſoll? Medoc iſt nicht Salz, Herr Legationsrath.“
„Noch heut das ausführbar, was unter Friedrich dem Großen noch möglich geweſen wäre. Aber Andres iſt ausführbar — Größeres — erſchrecken Sie nicht; man könnte indirect die Leute zwingen, wenn man direct auf das höchſte Ziel losſteuert. Wäre Ihr Medoc nicht ein Kapital, das zwei- drei¬ hundert Prozent eintrüge, wenn Sie es an einer Nordküſte lagern hätten, wo Napoleons Continental¬ ſperre ſchon Kraft hat? Wird die Schifffahrt ge¬ ſchloſſen, ſind Sie wieder ein Cröſus.“
„Alle Zeichen deuten, daß wir Krieg anfangen.“
„Alle Zeichen ſind trügeriſch, wo kein Wille iſt. Noch ſchwankt die Waage. Die Kriegspartei ſcheint nur ſchwer, weil die Stimmen der Schreier das Feld behaupten. Mit Geſchick ließen ſich Stimmen ge¬ winnen, die dieſen Officieren und Gelehrten die Wahrheit ſagten, wohl verſtanden, im Intereſſe des großen, wohlhabenden Bürgerthums. Abſchreckende Gemälde von den Drangſalen eines Krieges, wie er auf alle Stände zurückwirkt, Handel, Induſtrie, Ackerbau auf Jahrzehnde zurückbringt. Ihnen vor¬ geſtellt, wie auch im günſtigſten Falle der Bürger durch den Krieg nichts gewinnt als erhöhte Ab¬ gaben! Die Kriegspartei iſt thätig mit ernſten und Spottliedern, mit Pasquillen, mit fulminanten Tiraden! Warum werfen die Freunde des Friedens nicht einige Tauſende zum ſelben Zwecke hin, an die
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kung ſeiner Geſundheit täglich ein Viertelchen Medoc
trinken ſoll? Medoc iſt nicht Salz, Herr Legationsrath.“
„Noch heut das ausführbar, was unter Friedrich
dem Großen noch möglich geweſen wäre. Aber
Andres iſt ausführbar — Größeres — erſchrecken
Sie nicht; man könnte indirect die Leute zwingen,
wenn man direct auf das höchſte Ziel losſteuert.
Wäre Ihr Medoc nicht ein Kapital, das zwei- drei¬
hundert Prozent eintrüge, wenn Sie es an einer
Nordküſte lagern hätten, wo Napoleons Continental¬
ſperre ſchon Kraft hat? Wird die Schifffahrt ge¬
ſchloſſen, ſind Sie wieder ein Cröſus.“
„Alle Zeichen deuten, daß wir Krieg anfangen.“
„Alle Zeichen ſind trügeriſch, wo kein Wille iſt.
Noch ſchwankt die Waage. Die Kriegspartei ſcheint
nur ſchwer, weil die Stimmen der Schreier das Feld
behaupten. Mit Geſchick ließen ſich Stimmen ge¬
winnen, die dieſen Officieren und Gelehrten die
Wahrheit ſagten, wohl verſtanden, im Intereſſe des
großen, wohlhabenden Bürgerthums. Abſchreckende
Gemälde von den Drangſalen eines Krieges, wie er
auf alle Stände zurückwirkt, Handel, Induſtrie,
Ackerbau auf Jahrzehnde zurückbringt. Ihnen vor¬
geſtellt, wie auch im günſtigſten Falle der Bürger
durch den Krieg nichts gewinnt als erhöhte Ab¬
gaben! Die Kriegspartei iſt thätig mit ernſten und
Spottliedern, mit Pasquillen, mit fulminanten Tiraden!
Warum werfen die Freunde des Friedens nicht
einige Tauſende zum ſelben Zwecke hin, an die
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/324>, abgerufen am 24.11.2024.
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