hätte ich's? Was ging's Dich an, ob das auch Wahr¬ heit war? -- Du wardst glücklich, selig in meinen Armen. Die todte Schwester hinderte es so wenig, als die kranke es gehindert hatte. -- Sie wußte es, sie hat sehr viel gewußt, ehe sie starb, und mich darum nicht minder geliebt. -- Eine Närrin, Molly, eine abscheuliche Thörin warst Du, Du hättest noch lange glücklich sein können, wer weiß wie lange! Denn Du hattest die Kunst Dich zu conserviren, Du wärst witzig geblieben und hättest meinen Geist auf¬ gefrischt -- ich hätte Dir wirklich nachgesehen. -- -- Aber Du bekamst Gewissensbisse -- Thorheit, es war zu spät, meine liebe Molly; es war auch nur die Angst, daß es Dir wie Angelika erginge. Das wollte ich Dir verzeihen, liebes Mädchen, aber so dumm zu sein, daß Du es nicht bei Dir behieltest, daß Du es mir in einer schwachen Stunde vertrau¬ test! Das war die größte Sünde, die der Mensch begeht, die Sünde gegen sich selbst, und Du mußt gestehen, das verdiente schon die Strafe. Nachher ward der kleine Schelm pfiffig. Allen meinen Küssen, Seufzern widerstandest Du, Du wolltest kein Testa¬ ment machen. Ich verdenke es Dir nicht. Es ver¬ längerte dein Leben, und mich zwang es zur Ver¬ schwendung. Mußte ich nicht meine ganze Liebenswür¬ digkeit auf Dich ausschütten, mußte ich nicht allen zarten Saiten meines Daseins süße Töne entlocken, um Dich nur zum Schweigen zu bewegen? Mein Kind, das hat mich viel Anstrengung gekostet, denn
hätte ich's? Was ging's Dich an, ob das auch Wahr¬ heit war? — Du wardſt glücklich, ſelig in meinen Armen. Die todte Schweſter hinderte es ſo wenig, als die kranke es gehindert hatte. — Sie wußte es, ſie hat ſehr viel gewußt, ehe ſie ſtarb, und mich darum nicht minder geliebt. — Eine Närrin, Molly, eine abſcheuliche Thörin warſt Du, Du hätteſt noch lange glücklich ſein können, wer weiß wie lange! Denn Du hatteſt die Kunſt Dich zu conſerviren, Du wärſt witzig geblieben und hätteſt meinen Geiſt auf¬ gefriſcht — ich hätte Dir wirklich nachgeſehen. — — Aber Du bekamſt Gewiſſensbiſſe — Thorheit, es war zu ſpät, meine liebe Molly; es war auch nur die Angſt, daß es Dir wie Angelika erginge. Das wollte ich Dir verzeihen, liebes Mädchen, aber ſo dumm zu ſein, daß Du es nicht bei Dir behielteſt, daß Du es mir in einer ſchwachen Stunde vertrau¬ teſt! Das war die größte Sünde, die der Menſch begeht, die Sünde gegen ſich ſelbſt, und Du mußt geſtehen, das verdiente ſchon die Strafe. Nachher ward der kleine Schelm pfiffig. Allen meinen Küſſen, Seufzern widerſtandeſt Du, Du wollteſt kein Teſta¬ ment machen. Ich verdenke es Dir nicht. Es ver¬ längerte dein Leben, und mich zwang es zur Ver¬ ſchwendung. Mußte ich nicht meine ganze Liebenswür¬ digkeit auf Dich ausſchütten, mußte ich nicht allen zarten Saiten meines Daſeins ſüße Töne entlocken, um Dich nur zum Schweigen zu bewegen? Mein Kind, das hat mich viel Anſtrengung gekoſtet, denn
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hätte ich's? Was ging's Dich an, ob das auch Wahr¬
heit war? — Du wardſt glücklich, ſelig in meinen
Armen. Die todte Schweſter hinderte es ſo wenig,
als die kranke es gehindert hatte. — Sie wußte es,
ſie hat ſehr viel gewußt, ehe ſie ſtarb, und mich
darum nicht minder geliebt. — Eine Närrin, Molly,
eine abſcheuliche Thörin warſt Du, Du hätteſt noch
lange glücklich ſein können, wer weiß wie lange!
Denn Du hatteſt die Kunſt Dich zu conſerviren, Du
wärſt witzig geblieben und hätteſt meinen Geiſt auf¬
gefriſcht — ich hätte Dir wirklich nachgeſehen. —
— Aber Du bekamſt Gewiſſensbiſſe — Thorheit, es
war zu ſpät, meine liebe Molly; es war auch nur
die Angſt, daß es Dir wie Angelika erginge. Das
wollte ich Dir verzeihen, liebes Mädchen, aber ſo
dumm zu ſein, daß Du es nicht bei Dir behielteſt,
daß Du es mir in einer ſchwachen Stunde vertrau¬
teſt! Das war die größte Sünde, die der Menſch
begeht, die Sünde gegen ſich ſelbſt, und Du mußt
geſtehen, das verdiente ſchon die Strafe. Nachher
ward der kleine Schelm pfiffig. Allen meinen Küſſen,
Seufzern widerſtandeſt Du, Du wollteſt kein Teſta¬
ment machen. Ich verdenke es Dir nicht. Es ver¬
längerte dein Leben, und mich zwang es zur Ver¬
ſchwendung. Mußte ich nicht meine ganze Liebenswür¬
digkeit auf Dich ausſchütten, mußte ich nicht allen
zarten Saiten meines Daſeins ſüße Töne entlocken,
um Dich nur zum Schweigen zu bewegen? Mein
Kind, das hat mich viel Anſtrengung gekoſtet, denn
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/313>, abgerufen am 24.11.2024.
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