auch er fühle sich jetzt frei, glücklich, sie dürfe um ihn nicht sorgen, denn er sei nun zurückgegeben der heiligen, ernsten, höchsten Pflicht des Mannes, ganz seinem Vaterland zu leben.
Mit Begeisterung hatte Adelheid den Brief vor¬ gelesen, dort auf der unter Brombeeren und Ham¬ butten versteckten Birkenbank, während der Wagen der Fürstin langsam auf der Chaussee auf und ab rollte. "Nun bist Du doch zufrieden," hatte sie gesprochen, und mit der Hand die Falten aus seiner Stirn geglättet. Er hatte geschwiegen, und seine Zufriedenheit in einem Kuß auf ihren Arm gehaucht. -- Jetzt fuhr sie wieder mit der Hand über seine Stirn: "Kalt und feucht! Die Abendluft könnte Dir schaden!"
Die Nachtvögel zeigten ihnen den Weg. Sie flatterten, an die hellen Scheiben der Glasthür die Köpfe stoßend. Trüb brannte das Licht im kleinen Gartenzimmer. Sie hatten sich noch so viel ohne Zeugen zu sagen. Es war still im Hause, nur aus dem Souterrain tönte dumpfes Geflüster der Leute, die Fürstin saß in ihrem Armstuhl und hörte über den Thomas a Kempis nicht, wie Adelheid durch die Thür blickte. Aber als sie zurückkehrte, hörte auch Louis nicht ihr Kommen. In sich zusammenge¬ sunken, saß er auf dem kleinen Kanape. Es war nicht die Erwartung, von der der Dichter gesungen.
Erst ihr Arm, der sich sanft um seinen Nacken chlang, erweckte ihn.
"Noch immer --Walter! Ist das recht!" sprach sie.
auch er fühle ſich jetzt frei, glücklich, ſie dürfe um ihn nicht ſorgen, denn er ſei nun zurückgegeben der heiligen, ernſten, höchſten Pflicht des Mannes, ganz ſeinem Vaterland zu leben.
Mit Begeiſterung hatte Adelheid den Brief vor¬ geleſen, dort auf der unter Brombeeren und Ham¬ butten verſteckten Birkenbank, während der Wagen der Fürſtin langſam auf der Chauſſee auf und ab rollte. „Nun biſt Du doch zufrieden,“ hatte ſie geſprochen, und mit der Hand die Falten aus ſeiner Stirn geglättet. Er hatte geſchwiegen, und ſeine Zufriedenheit in einem Kuß auf ihren Arm gehaucht. — Jetzt fuhr ſie wieder mit der Hand über ſeine Stirn: „Kalt und feucht! Die Abendluft könnte Dir ſchaden!“
Die Nachtvögel zeigten ihnen den Weg. Sie flatterten, an die hellen Scheiben der Glasthür die Köpfe ſtoßend. Trüb brannte das Licht im kleinen Gartenzimmer. Sie hatten ſich noch ſo viel ohne Zeugen zu ſagen. Es war ſtill im Hauſe, nur aus dem Souterrain tönte dumpfes Geflüſter der Leute, die Fürſtin ſaß in ihrem Armſtuhl und hörte über den Thomas a Kempis nicht, wie Adelheid durch die Thür blickte. Aber als ſie zurückkehrte, hörte auch Louis nicht ihr Kommen. In ſich zuſammenge¬ ſunken, ſaß er auf dem kleinen Kanapé. Es war nicht die Erwartung, von der der Dichter geſungen.
Erſt ihr Arm, der ſich ſanft um ſeinen Nacken chlang, erweckte ihn.
„Noch immer —Walter! Iſt das recht!“ ſprach ſie.
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auch er fühle ſich jetzt frei, glücklich, ſie dürfe um
ihn nicht ſorgen, denn er ſei nun zurückgegeben der
heiligen, ernſten, höchſten Pflicht des Mannes,
ganz ſeinem Vaterland zu leben.
Mit Begeiſterung hatte Adelheid den Brief vor¬
geleſen, dort auf der unter Brombeeren und Ham¬
butten verſteckten Birkenbank, während der Wagen
der Fürſtin langſam auf der Chauſſee auf und
ab rollte. „Nun biſt Du doch zufrieden,“ hatte ſie
geſprochen, und mit der Hand die Falten aus ſeiner
Stirn geglättet. Er hatte geſchwiegen, und ſeine
Zufriedenheit in einem Kuß auf ihren Arm gehaucht.
— Jetzt fuhr ſie wieder mit der Hand über ſeine Stirn:
„Kalt und feucht! Die Abendluft könnte Dir ſchaden!“
Die Nachtvögel zeigten ihnen den Weg. Sie
flatterten, an die hellen Scheiben der Glasthür die
Köpfe ſtoßend. Trüb brannte das Licht im kleinen
Gartenzimmer. Sie hatten ſich noch ſo viel ohne
Zeugen zu ſagen. Es war ſtill im Hauſe, nur aus
dem Souterrain tönte dumpfes Geflüſter der Leute, die
Fürſtin ſaß in ihrem Armſtuhl und hörte über den
Thomas a Kempis nicht, wie Adelheid durch die
Thür blickte. Aber als ſie zurückkehrte, hörte auch
Louis nicht ihr Kommen. In ſich zuſammenge¬
ſunken, ſaß er auf dem kleinen Kanapé. Es war
nicht die Erwartung, von der der Dichter geſungen.
Erſt ihr Arm, der ſich ſanft um ſeinen Nacken
chlang, erweckte ihn.
„Noch immer —Walter! Iſt das recht!“ ſprach ſie.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/284>, abgerufen am 27.11.2024.
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