dem Dinge, was das dumme Volk -- wie steht's, Legationsrath?
"Der Depit amoureux ist eine passagere Er¬ scheinung. Die Gargazin, die uns aus Gefälligkeit beistand, ist der Sache überdrüssig."
"Die gute Fürstin möchte alle Welt glücklich sehen. Aber Haugwitz -- das ists, was ich sagen wollte. Der arme Haugwitz muß jetzt eine Recreation haben, nach so viel Verdruß! Ein, zwei Fliegen stören uns nicht, aber das Fliegengebrumm, wenn wir schlafen wollen, ist fatal. Recht was Exquisites! Strengen Sie Ihren Scharfsinn an, etwas zum Todtlachen, bedenken Sie, es gilt fürs Vaterland."
"Durch den Aufschub ist die Sache verdorben. Die Gluth der ersten Leidenschaft ist abgekühlt. Sie ist beruhigt, weil er nicht in den Krieg geht. Das Weitere, denkt sie, wird sich finden, oder es wird sich auch nicht finden. Was mit larmoyanten Men¬ schen machen, die von Seelenadel zu sprechen an¬ fangen und von der Läuterung durch Entsagung! Ein Schauspiel für Engel mag es sein, wenn sie sich so par distance im Theater anschauen, die Augen verschwimmen, und um die Lippen ein weh¬ müthiges Lächeln schwebt, aber --"
"Rhabarber und Seelenadel stehn bei mir auf einer Stufe. Ich weiß nicht mehr, wo ich es neulich las: ""Das entnervt die Seelen und Körper: dies verhimmelnde Schwärmen raubt unserm Geschlecht die warmblütige Kraft zur That."" Und wir brauchen
dem Dinge, was das dumme Volk — wie ſteht's, Legationsrath?
„Der Dépit amoureux iſt eine paſſagere Er¬ ſcheinung. Die Gargazin, die uns aus Gefälligkeit beiſtand, iſt der Sache überdrüſſig.“
„Die gute Fürſtin möchte alle Welt glücklich ſehen. Aber Haugwitz — das iſts, was ich ſagen wollte. Der arme Haugwitz muß jetzt eine Recreation haben, nach ſo viel Verdruß! Ein, zwei Fliegen ſtören uns nicht, aber das Fliegengebrumm, wenn wir ſchlafen wollen, iſt fatal. Recht was Exquiſites! Strengen Sie Ihren Scharfſinn an, etwas zum Todtlachen, bedenken Sie, es gilt fürs Vaterland.“
„Durch den Aufſchub iſt die Sache verdorben. Die Gluth der erſten Leidenſchaft iſt abgekühlt. Sie iſt beruhigt, weil er nicht in den Krieg geht. Das Weitere, denkt ſie, wird ſich finden, oder es wird ſich auch nicht finden. Was mit larmoyanten Men¬ ſchen machen, die von Seelenadel zu ſprechen an¬ fangen und von der Läuterung durch Entſagung! Ein Schauſpiel für Engel mag es ſein, wenn ſie ſich ſo par distance im Theater anſchauen, die Augen verſchwimmen, und um die Lippen ein weh¬ müthiges Lächeln ſchwebt, aber —“
„Rhabarber und Seelenadel ſtehn bei mir auf einer Stufe. Ich weiß nicht mehr, wo ich es neulich las: „„Das entnervt die Seelen und Körper: dies verhimmelnde Schwärmen raubt unſerm Geſchlecht die warmblütige Kraft zur That.““ Und wir brauchen
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dem Dinge, was das dumme Volk — wie ſteht's,
Legationsrath?
„Der Dépit amoureux iſt eine paſſagere Er¬
ſcheinung. Die Gargazin, die uns aus Gefälligkeit
beiſtand, iſt der Sache überdrüſſig.“
„Die gute Fürſtin möchte alle Welt glücklich
ſehen. Aber Haugwitz — das iſts, was ich ſagen
wollte. Der arme Haugwitz muß jetzt eine Recreation
haben, nach ſo viel Verdruß! Ein, zwei Fliegen
ſtören uns nicht, aber das Fliegengebrumm, wenn
wir ſchlafen wollen, iſt fatal. Recht was Exquiſites!
Strengen Sie Ihren Scharfſinn an, etwas zum
Todtlachen, bedenken Sie, es gilt fürs Vaterland.“
„Durch den Aufſchub iſt die Sache verdorben.
Die Gluth der erſten Leidenſchaft iſt abgekühlt. Sie
iſt beruhigt, weil er nicht in den Krieg geht. Das
Weitere, denkt ſie, wird ſich finden, oder es wird
ſich auch nicht finden. Was mit larmoyanten Men¬
ſchen machen, die von Seelenadel zu ſprechen an¬
fangen und von der Läuterung durch Entſagung!
Ein Schauſpiel für Engel mag es ſein, wenn
ſie ſich ſo par distance im Theater anſchauen, die
Augen verſchwimmen, und um die Lippen ein weh¬
müthiges Lächeln ſchwebt, aber —“
„Rhabarber und Seelenadel ſtehn bei mir auf
einer Stufe. Ich weiß nicht mehr, wo ich es neulich
las: „„Das entnervt die Seelen und Körper: dies
verhimmelnde Schwärmen raubt unſerm Geſchlecht
die warmblütige Kraft zur That.““ Und wir brauchen
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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