Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.häusern über Deutschlands Unglück, sang er Lieder Der Minister hatte ausgesprochen. Er ging noch "Einige, dünkt mich, sind still aus Ueberzeugung, "So kennen Sie Wandel?" fragte der Minister "Ich sehe ungern in dies unbewegliche Gesicht." "Das stimmt mit Fuchsius. Weiter!" häuſern über Deutſchlands Unglück, ſang er Lieder Der Miniſter hatte ausgeſprochen. Er ging noch „Einige, dünkt mich, ſind ſtill aus Ueberzeugung, „So kennen Sie Wandel?“ fragte der Miniſter „Ich ſehe ungern in dies unbewegliche Geſicht.“ „Das ſtimmt mit Fuchſius. Weiter!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0243" n="233"/> häuſern über Deutſchlands Unglück, ſang er Lieder<lb/> zur Guitarre, zum Ruhm ſeines unvergänglichen<lb/> Vaterlandes, damit die Römerinnen dem blondhaari¬<lb/> gen Schwärmer Bravo klatſchten? Er ſchwieg und<lb/> hatte die Augen auf, er ſchwieg und diente, um zu<lb/> lernen, er ſchwieg und ſammelte Haß und Haß, bis<lb/> es ein Stock ward, den Feind zu zermalmen. —<lb/> Wir ſind herabgedrückt, entwürdigt, bis zu dieſer<lb/> Lage, fuhr der Miniſter nach einer Pauſe fort; aber<lb/> noch ſchlimmer als die wirkliche Thatſache, wenn wir<lb/> ſie uns zu verbergen ſuchen. Offen es uns ſelbſt<lb/> eingeſtanden, das iſt der erſte unerläßliche Schritt<lb/> zur Rettung. Mir graut vor dieſem Bramarbaſiren,<lb/> vor dieſem Cornetsdünkel. Ich liebe die ſtillen Men¬<lb/> ſchen, die ſich des Urtheils enthalten, weil ich denke,<lb/> ſie könnten doch Vernünftiges denken, wo die lauten<lb/> Denker nur Unſinn zu Tage bringen.“</p><lb/> <p>Der Miniſter hatte ausgeſprochen. Er ging noch<lb/> in Aufregung umher, aber ſein Blick forderte unſern<lb/> Freund auf, ſeine Meinung auszuſprechen.</p><lb/> <p>„Einige, dünkt mich, ſind ſtill aus Ueberzeugung,<lb/> weil ihre Anſicht nicht verſtanden würde, Andere aus<lb/> Furcht, die Mehrzahl aber, meine ich, aus Specu¬<lb/> lation, um ſich nicht zu compromittiren, wenn die<lb/> Dinge anders ausſchlagen, als ſie berechnet hatten.“<lb/></p> <p>„So kennen Sie Wandel?“ fragte der Miniſter<lb/> ſcharf, vor ihm ſtehen bleibend.</p><lb/> <p>„Ich ſehe ungern in dies unbewegliche Geſicht.“</p><lb/> <p>„Das ſtimmt mit Fuchſius. Weiter!“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [233/0243]
häuſern über Deutſchlands Unglück, ſang er Lieder
zur Guitarre, zum Ruhm ſeines unvergänglichen
Vaterlandes, damit die Römerinnen dem blondhaari¬
gen Schwärmer Bravo klatſchten? Er ſchwieg und
hatte die Augen auf, er ſchwieg und diente, um zu
lernen, er ſchwieg und ſammelte Haß und Haß, bis
es ein Stock ward, den Feind zu zermalmen. —
Wir ſind herabgedrückt, entwürdigt, bis zu dieſer
Lage, fuhr der Miniſter nach einer Pauſe fort; aber
noch ſchlimmer als die wirkliche Thatſache, wenn wir
ſie uns zu verbergen ſuchen. Offen es uns ſelbſt
eingeſtanden, das iſt der erſte unerläßliche Schritt
zur Rettung. Mir graut vor dieſem Bramarbaſiren,
vor dieſem Cornetsdünkel. Ich liebe die ſtillen Men¬
ſchen, die ſich des Urtheils enthalten, weil ich denke,
ſie könnten doch Vernünftiges denken, wo die lauten
Denker nur Unſinn zu Tage bringen.“
Der Miniſter hatte ausgeſprochen. Er ging noch
in Aufregung umher, aber ſein Blick forderte unſern
Freund auf, ſeine Meinung auszuſprechen.
„Einige, dünkt mich, ſind ſtill aus Ueberzeugung,
weil ihre Anſicht nicht verſtanden würde, Andere aus
Furcht, die Mehrzahl aber, meine ich, aus Specu¬
lation, um ſich nicht zu compromittiren, wenn die
Dinge anders ausſchlagen, als ſie berechnet hatten.“
„So kennen Sie Wandel?“ fragte der Miniſter
ſcharf, vor ihm ſtehen bleibend.
„Ich ſehe ungern in dies unbewegliche Geſicht.“
„Das ſtimmt mit Fuchſius. Weiter!“
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