"Man gesteht ihm ebenso die Gabe zu fesseln zu, als abzustoßen."
"Charaktere und ernste Sitte bedarf die Nation; der Staat darf es nicht so genau nehmen. Eine Libertinage, die nicht die publiken Sitten verletzt, darf ich übersehn. Er weiß das Siegel des Anstan¬ des darauf zu drücken. Er beobachtet scharf, hat merveillöse Kenntnisse, Takt, mit seiner Suada ent¬ lockt er Geständnisse, ohne selbst etwas zu verrathen, er ist bei den Frauen beliebt, eine fast unerläßliche Eigenschaft eines Diplomaten, den man brauchen will," setzte der Minister lächelnd hinzu.
"Seine Liaisons mit der Fürstin Gargazin sind Stadtgespräch."
"Die sind in diesem Augenblick nicht hinderlich. Und zudem kann Haugwitz ihn nicht leiden, er fürch¬ tet ihn. Das spricht zu seinen Gunsten."
"So haben Excellenz bereits entschieden --"
"Wenn er Feuer in der Brust sich bewahrt hat. Er muß noch glauben können, wenn er nicht mehr lieben kann, hassen doch aus Herzensgrunde, das Schlechte, Erbärmliche, die Verrätherei, das Schön¬ thun mit dem Fremden; er muß noch hassen können, denn wer nur im Sumpfe fortschwimmt mit der Resigna¬ tion, endlich doch zu ertrinken, paßt nicht für mich."
"Er gilt als in intimem Connex mit den Män¬ nern der Lombardschen Clique."
"Wissen Sie, ob er diese Creaturen nicht nur belauschen, durch Gefälligkeiten ihre innerste Natur,
„Man geſteht ihm ebenſo die Gabe zu feſſeln zu, als abzuſtoßen.“
„Charaktere und ernſte Sitte bedarf die Nation; der Staat darf es nicht ſo genau nehmen. Eine Libertinage, die nicht die publiken Sitten verletzt, darf ich überſehn. Er weiß das Siegel des Anſtan¬ des darauf zu drücken. Er beobachtet ſcharf, hat merveillöſe Kenntniſſe, Takt, mit ſeiner Suada ent¬ lockt er Geſtändniſſe, ohne ſelbſt etwas zu verrathen, er iſt bei den Frauen beliebt, eine faſt unerläßliche Eigenſchaft eines Diplomaten, den man brauchen will,“ ſetzte der Miniſter lächelnd hinzu.
„Seine Liaiſons mit der Fürſtin Gargazin ſind Stadtgeſpräch.“
„Die ſind in dieſem Augenblick nicht hinderlich. Und zudem kann Haugwitz ihn nicht leiden, er fürch¬ tet ihn. Das ſpricht zu ſeinen Gunſten.“
„So haben Excellenz bereits entſchieden —“
„Wenn er Feuer in der Bruſt ſich bewahrt hat. Er muß noch glauben können, wenn er nicht mehr lieben kann, haſſen doch aus Herzensgrunde, das Schlechte, Erbärmliche, die Verrätherei, das Schön¬ thun mit dem Fremden; er muß noch haſſen können, denn wer nur im Sumpfe fortſchwimmt mit der Reſigna¬ tion, endlich doch zu ertrinken, paßt nicht für mich.“
„Er gilt als in intimem Connex mit den Män¬ nern der Lombardſchen Clique.“
„Wiſſen Sie, ob er dieſe Creaturen nicht nur belauſchen, durch Gefälligkeiten ihre innerſte Natur,
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„Man geſteht ihm ebenſo die Gabe zu feſſeln zu,
als abzuſtoßen.“
„Charaktere und ernſte Sitte bedarf die Nation;
der Staat darf es nicht ſo genau nehmen. Eine
Libertinage, die nicht die publiken Sitten verletzt,
darf ich überſehn. Er weiß das Siegel des Anſtan¬
des darauf zu drücken. Er beobachtet ſcharf, hat
merveillöſe Kenntniſſe, Takt, mit ſeiner Suada ent¬
lockt er Geſtändniſſe, ohne ſelbſt etwas zu verrathen,
er iſt bei den Frauen beliebt, eine faſt unerläßliche
Eigenſchaft eines Diplomaten, den man brauchen
will,“ ſetzte der Miniſter lächelnd hinzu.
„Seine Liaiſons mit der Fürſtin Gargazin ſind
Stadtgeſpräch.“
„Die ſind in dieſem Augenblick nicht hinderlich.
Und zudem kann Haugwitz ihn nicht leiden, er fürch¬
tet ihn. Das ſpricht zu ſeinen Gunſten.“
„So haben Excellenz bereits entſchieden —“
„Wenn er Feuer in der Bruſt ſich bewahrt hat.
Er muß noch glauben können, wenn er nicht mehr
lieben kann, haſſen doch aus Herzensgrunde, das
Schlechte, Erbärmliche, die Verrätherei, das Schön¬
thun mit dem Fremden; er muß noch haſſen können,
denn wer nur im Sumpfe fortſchwimmt mit der Reſigna¬
tion, endlich doch zu ertrinken, paßt nicht für mich.“
„Er gilt als in intimem Connex mit den Män¬
nern der Lombardſchen Clique.“
„Wiſſen Sie, ob er dieſe Creaturen nicht nur
belauſchen, durch Gefälligkeiten ihre innerſte Natur,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/241>, abgerufen am 15.08.2024.
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