Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

anderes, als Laterna Magika-Bilder auf die Wand
werfen."

"Meine Vermögensumstände, die Niemand kennt,
erlauben mir --"

"Sie schweifen ab. Auch ein Crösus will noch
mehr. Was wollen Sie? -- Daß man das nicht
weiß, wirft einen Schatten auf Sie. Wie lange sind
Sie schon in Berlin! Ihr parait et disparait ver¬
stärkt den Verdacht; glauben Sie mir, alle Ihre Ge¬
fälligkeiten werden um deshalb falsch ausgelegt, und
das ist es, was Haugwitz, ich will nicht sagen, zu
Ihrem Feinde macht, aber er hat eine Scheu vor
Ihnen, er fürchtet Sie. Mein Gott, wir sind ja
unter uns. Wollen Sie sich Napoleon verkaufen,
haben Sie sich schon verkauft? Tant mieux, er be¬
zahlt gut. Auf meine Discretion können Sie rech¬
nen. Es sind Viele erkauft, und doch gute Patrio¬
ten. Sie haben nicht einmal eine Pflicht zu bre¬
chen, und -- wie gesagt, mich geht's nicht an. L'ami¬
tie surpasse la trahison. Enfin
, wir sind ja auch
Napoleons Freunde."

Der Legationsrath hatte die Stirn in Runzeln
gelegt. Er stand wie in sich versunken, mit ver¬
schränkten Armen, den Blick, der in weite Fernen zu
streifen schien, von dem Manne abgewandt, welcher
eben so eindringlich zu ihm gesprochen. Es schien
ein Selbstgespräch:

"Wer dieses Meteor ergründete! Ob er wirk¬
lich der Wandelstern, der im Kreislauf der Aeonen

anderes, als Laterna Magika-Bilder auf die Wand
werfen.“

„Meine Vermögensumſtände, die Niemand kennt,
erlauben mir —“

„Sie ſchweifen ab. Auch ein Cröſus will noch
mehr. Was wollen Sie? — Daß man das nicht
weiß, wirft einen Schatten auf Sie. Wie lange ſind
Sie ſchon in Berlin! Ihr parait et disparait ver¬
ſtärkt den Verdacht; glauben Sie mir, alle Ihre Ge¬
fälligkeiten werden um deshalb falſch ausgelegt, und
das iſt es, was Haugwitz, ich will nicht ſagen, zu
Ihrem Feinde macht, aber er hat eine Scheu vor
Ihnen, er fürchtet Sie. Mein Gott, wir ſind ja
unter uns. Wollen Sie ſich Napoleon verkaufen,
haben Sie ſich ſchon verkauft? Tant mieux, er be¬
zahlt gut. Auf meine Discretion können Sie rech¬
nen. Es ſind Viele erkauft, und doch gute Patrio¬
ten. Sie haben nicht einmal eine Pflicht zu bre¬
chen, und — wie geſagt, mich geht's nicht an. L'ami¬
tié surpasse la trahison. Enfin
, wir ſind ja auch
Napoleons Freunde.“

Der Legationsrath hatte die Stirn in Runzeln
gelegt. Er ſtand wie in ſich verſunken, mit ver¬
ſchränkten Armen, den Blick, der in weite Fernen zu
ſtreifen ſchien, von dem Manne abgewandt, welcher
eben ſo eindringlich zu ihm geſprochen. Es ſchien
ein Selbſtgeſpräch:

„Wer dieſes Meteor ergründete! Ob er wirk¬
lich der Wandelſtern, der im Kreislauf der Aeonen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0023" n="13"/>
anderes, als Laterna Magika-Bilder auf die Wand<lb/>
werfen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Meine Vermögensum&#x017F;tände, die Niemand kennt,<lb/>
erlauben mir &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;chweifen ab. Auch ein Crö&#x017F;us will noch<lb/>
mehr. Was wollen Sie? &#x2014; Daß man das nicht<lb/>
weiß, wirft einen Schatten auf Sie. Wie lange &#x017F;ind<lb/>
Sie &#x017F;chon in Berlin! Ihr <hi rendition="#aq">parait et disparait</hi> ver¬<lb/>
&#x017F;tärkt den Verdacht; glauben Sie mir, alle Ihre Ge¬<lb/>
fälligkeiten werden um deshalb fal&#x017F;ch ausgelegt, und<lb/>
das i&#x017F;t es, was Haugwitz, ich will nicht &#x017F;agen, zu<lb/>
Ihrem Feinde macht, aber er hat eine Scheu vor<lb/>
Ihnen, er fürchtet Sie. Mein Gott, wir &#x017F;ind ja<lb/>
unter uns. Wollen Sie &#x017F;ich Napoleon verkaufen,<lb/>
haben Sie &#x017F;ich &#x017F;chon verkauft? <hi rendition="#aq">Tant mieux</hi>, er be¬<lb/>
zahlt gut. Auf meine Discretion können Sie rech¬<lb/>
nen. Es &#x017F;ind Viele erkauft, und doch gute Patrio¬<lb/>
ten. <hi rendition="#g">Sie</hi> haben nicht einmal eine Pflicht zu bre¬<lb/>
chen, und &#x2014; wie ge&#x017F;agt, mich geht's nicht an. <hi rendition="#aq">L'ami¬<lb/>
tié surpasse la trahison. Enfin</hi>, wir &#x017F;ind ja auch<lb/>
Napoleons Freunde.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Legationsrath hatte die Stirn in Runzeln<lb/>
gelegt. Er &#x017F;tand wie in &#x017F;ich ver&#x017F;unken, mit ver¬<lb/>
&#x017F;chränkten Armen, den Blick, der in weite Fernen zu<lb/>
&#x017F;treifen &#x017F;chien, von dem Manne abgewandt, welcher<lb/>
eben &#x017F;o eindringlich zu ihm ge&#x017F;prochen. Es &#x017F;chien<lb/>
ein Selb&#x017F;tge&#x017F;präch:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer die&#x017F;es Meteor ergründete! Ob er wirk¬<lb/>
lich der Wandel&#x017F;tern, der im Kreislauf der Aeonen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0023] anderes, als Laterna Magika-Bilder auf die Wand werfen.“ „Meine Vermögensumſtände, die Niemand kennt, erlauben mir —“ „Sie ſchweifen ab. Auch ein Cröſus will noch mehr. Was wollen Sie? — Daß man das nicht weiß, wirft einen Schatten auf Sie. Wie lange ſind Sie ſchon in Berlin! Ihr parait et disparait ver¬ ſtärkt den Verdacht; glauben Sie mir, alle Ihre Ge¬ fälligkeiten werden um deshalb falſch ausgelegt, und das iſt es, was Haugwitz, ich will nicht ſagen, zu Ihrem Feinde macht, aber er hat eine Scheu vor Ihnen, er fürchtet Sie. Mein Gott, wir ſind ja unter uns. Wollen Sie ſich Napoleon verkaufen, haben Sie ſich ſchon verkauft? Tant mieux, er be¬ zahlt gut. Auf meine Discretion können Sie rech¬ nen. Es ſind Viele erkauft, und doch gute Patrio¬ ten. Sie haben nicht einmal eine Pflicht zu bre¬ chen, und — wie geſagt, mich geht's nicht an. L'ami¬ tié surpasse la trahison. Enfin, wir ſind ja auch Napoleons Freunde.“ Der Legationsrath hatte die Stirn in Runzeln gelegt. Er ſtand wie in ſich verſunken, mit ver¬ ſchränkten Armen, den Blick, der in weite Fernen zu ſtreifen ſchien, von dem Manne abgewandt, welcher eben ſo eindringlich zu ihm geſprochen. Es ſchien ein Selbſtgeſpräch: „Wer dieſes Meteor ergründete! Ob er wirk¬ lich der Wandelſtern, der im Kreislauf der Aeonen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/23
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/23>, abgerufen am 23.11.2024.