ein Einfaltspinsel. -- Und ohne die Weiber was wäre er! -- Barfuß, die Stiefel auf dem Rücken, war er durch's Hallesche Thor eingewandert. Aus dem Voigtlande! Ja, wenn seine Meisterin nicht ein Auge auf ihn geworfen! Und wie hatte er es ihr vergolten! -- Aus dem Voigtlande mußte er her¬ kommen, um Andern das Verdienst wegzuschnappen, und dann will er noch Polizei spielen über Berliner Stadtkinder! Himmelschreiende Anmaßung!
Der honette, propre, adrette, immer baar zah¬ lende Herr Hoflackirer wäre gewiß noch schlimmer geworden, hätte nicht die Polizei jetzt wirklich mit vielem Geräusch versucht, die Gruppirung auseinander zu treiben. Sie jagte sich mit den Gassenjungen. Die anständigen Leute ersuchte sie auseinander zu gehen, denn je weniger jetzt zu sehen war, um so mehr drängten sich, um noch zu sehen, was Andre vor ihnen gesehen hatten. Die ursprünglichen Tumul¬ tuanten waren längst entwischt, und die ehrbare Fa¬ milie des weiland Hufschmied, jetzigen Knopfhändlers, schon auf dem Wege nach dem Hofjäger, wo sie, nach einigen Nachrichten, die wir aber nicht verbürgen wollen, sich mit der des Hoflackirers verständigte, indem sie herausfanden, daß es nichts als ein Mi߬ verständniß gewesen, was sie an einander gebracht.
Unter den ehrbaren Bürgern war sehr ernsthafter Disput über den Vorfall. Um so besseres Streiten, als kaum Einer von denen, die stritten, noch mit Augen gesehen, um was es sich stritt. In einem Punkt nur
ein Einfaltspinſel. — Und ohne die Weiber was wäre er! — Barfuß, die Stiefel auf dem Rücken, war er durch's Halleſche Thor eingewandert. Aus dem Voigtlande! Ja, wenn ſeine Meiſterin nicht ein Auge auf ihn geworfen! Und wie hatte er es ihr vergolten! — Aus dem Voigtlande mußte er her¬ kommen, um Andern das Verdienſt wegzuſchnappen, und dann will er noch Polizei ſpielen über Berliner Stadtkinder! Himmelſchreiende Anmaßung!
Der honette, propre, adrette, immer baar zah¬ lende Herr Hoflackirer wäre gewiß noch ſchlimmer geworden, hätte nicht die Polizei jetzt wirklich mit vielem Geräuſch verſucht, die Gruppirung auseinander zu treiben. Sie jagte ſich mit den Gaſſenjungen. Die anſtändigen Leute erſuchte ſie auseinander zu gehen, denn je weniger jetzt zu ſehen war, um ſo mehr drängten ſich, um noch zu ſehen, was Andre vor ihnen geſehen hatten. Die urſprünglichen Tumul¬ tuanten waren längſt entwiſcht, und die ehrbare Fa¬ milie des weiland Hufſchmied, jetzigen Knopfhändlers, ſchon auf dem Wege nach dem Hofjäger, wo ſie, nach einigen Nachrichten, die wir aber nicht verbürgen wollen, ſich mit der des Hoflackirers verſtändigte, indem ſie herausfanden, daß es nichts als ein Mi߬ verſtändniß geweſen, was ſie an einander gebracht.
Unter den ehrbaren Bürgern war ſehr ernſthafter Disput über den Vorfall. Um ſo beſſeres Streiten, als kaum Einer von denen, die ſtritten, noch mit Augen geſehen, um was es ſich ſtritt. In einem Punkt nur
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ein Einfaltspinſel. — Und ohne die Weiber was
wäre er! — Barfuß, die Stiefel auf dem Rücken,
war er durch's Halleſche Thor eingewandert. Aus
dem Voigtlande! Ja, wenn ſeine Meiſterin nicht ein
Auge auf ihn geworfen! Und wie hatte er es ihr
vergolten! — Aus dem Voigtlande mußte er her¬
kommen, um Andern das Verdienſt wegzuſchnappen,
und dann will er noch Polizei ſpielen über Berliner
Stadtkinder! Himmelſchreiende Anmaßung!
Der honette, propre, adrette, immer baar zah¬
lende Herr Hoflackirer wäre gewiß noch ſchlimmer
geworden, hätte nicht die Polizei jetzt wirklich mit
vielem Geräuſch verſucht, die Gruppirung auseinander
zu treiben. Sie jagte ſich mit den Gaſſenjungen.
Die anſtändigen Leute erſuchte ſie auseinander zu
gehen, denn je weniger jetzt zu ſehen war, um ſo
mehr drängten ſich, um noch zu ſehen, was Andre
vor ihnen geſehen hatten. Die urſprünglichen Tumul¬
tuanten waren längſt entwiſcht, und die ehrbare Fa¬
milie des weiland Hufſchmied, jetzigen Knopfhändlers,
ſchon auf dem Wege nach dem Hofjäger, wo ſie,
nach einigen Nachrichten, die wir aber nicht verbürgen
wollen, ſich mit der des Hoflackirers verſtändigte,
indem ſie herausfanden, daß es nichts als ein Mi߬
verſtändniß geweſen, was ſie an einander gebracht.
Unter den ehrbaren Bürgern war ſehr ernſthafter
Disput über den Vorfall. Um ſo beſſeres Streiten,
als kaum Einer von denen, die ſtritten, noch mit Augen
geſehen, um was es ſich ſtritt. In einem Punkt nur
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/216>, abgerufen am 21.11.2024.
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