auf die geputzten Schwestern ihren Blick gerichtet, denn diese -- der Zorn macht blind, -- nahmen den Affront auf sich. "Pöbel! Wer ist denn hier ihr Pöbel!" griffen aber ein zehn Stimmen zugleich die Be¬ leidigung auf. Jetzt war es an Charlotten, auch die ihre zu erheben: "Und wer sind Sie denn, meine Damen, wenn ich fragen darf? Das ist meine Cousine, die Frau Hoflackir, und der Herr Hoflackir, mein Cousin, hat immer nur mit anständigen Leuten zu thun." -- "Sie meinen wohl, wir wären nicht anständig," schrie die eine Geputzte, die den im Streit ihr herabgerissenen Hut wieder auf das glühende Gesicht gesetzt hatte, nur nicht ganz in der vorigen Facon. -- "Da müßte doch die Polizei mitsprechen!" rief die Zweite. -- "Die Polizei, rief Charlotte, die kennt ihre Leute, und weiß, wer sich Abends, wenn er aus der Tanzstunde nach Hause geht, von Re¬ ferendarien in Conditorläden führen läßt." -- "In Con¬ ditorläden! Das ist eine ausverschämte Lüge! Das sollen Sie mir vor dem Criminal beweisen, meine Dame. Der Herr Referendar invitirten mich, aber ich sagte: das würde sich wohl nicht schicken, Herr Re¬ ferendar! Und wir sind da nicht hineingegangen." -- "Es kommt mir auch gar nicht darauf an, wo Sie die Rosinen gegessen haben," replicirte Charlotte mit einem sehr feinen Blick. -- Die zweite Schwester hielt die Höflichkeit nicht mehr für angebracht: "Und woher Sie die Rosinen in Ihrem großen Munde haben, weiß man auch!" -- "Ja, manche Leute, fiel
auf die geputzten Schweſtern ihren Blick gerichtet, denn dieſe — der Zorn macht blind, — nahmen den Affront auf ſich. „Pöbel! Wer iſt denn hier ihr Pöbel!“ griffen aber ein zehn Stimmen zugleich die Be¬ leidigung auf. Jetzt war es an Charlotten, auch die ihre zu erheben: „Und wer ſind Sie denn, meine Damen, wenn ich fragen darf? Das iſt meine Couſine, die Frau Hoflackir, und der Herr Hoflackir, mein Couſin, hat immer nur mit anſtändigen Leuten zu thun.“ — „Sie meinen wohl, wir wären nicht anſtändig,“ ſchrie die eine Geputzte, die den im Streit ihr herabgeriſſenen Hut wieder auf das glühende Geſicht geſetzt hatte, nur nicht ganz in der vorigen Façon. — „Da müßte doch die Polizei mitſprechen!“ rief die Zweite. — „Die Polizei, rief Charlotte, die kennt ihre Leute, und weiß, wer ſich Abends, wenn er aus der Tanzſtunde nach Hauſe geht, von Re¬ ferendarien in Conditorläden führen läßt.“ — „In Con¬ ditorläden! Das iſt eine ausverſchämte Lüge! Das ſollen Sie mir vor dem Criminal beweiſen, meine Dame. Der Herr Referendar invitirten mich, aber ich ſagte: das würde ſich wohl nicht ſchicken, Herr Re¬ ferendar! Und wir ſind da nicht hineingegangen.“ — „Es kommt mir auch gar nicht darauf an, wo Sie die Roſinen gegeſſen haben,“ replicirte Charlotte mit einem ſehr feinen Blick. — Die zweite Schweſter hielt die Höflichkeit nicht mehr für angebracht: „Und woher Sie die Roſinen in Ihrem großen Munde haben, weiß man auch!“ — „Ja, manche Leute, fiel
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auf die geputzten Schweſtern ihren Blick gerichtet,
denn dieſe — der Zorn macht blind, — nahmen
den Affront auf ſich. „Pöbel! Wer iſt denn hier ihr
Pöbel!“ griffen aber ein zehn Stimmen zugleich die Be¬
leidigung auf. Jetzt war es an Charlotten, auch die
ihre zu erheben: „Und wer ſind Sie denn, meine
Damen, wenn ich fragen darf? Das iſt meine
Couſine, die Frau Hoflackir, und der Herr Hoflackir,
mein Couſin, hat immer nur mit anſtändigen Leuten
zu thun.“ — „Sie meinen wohl, wir wären nicht
anſtändig,“ ſchrie die eine Geputzte, die den im Streit
ihr herabgeriſſenen Hut wieder auf das glühende
Geſicht geſetzt hatte, nur nicht ganz in der vorigen
Façon. — „Da müßte doch die Polizei mitſprechen!“
rief die Zweite. — „Die Polizei, rief Charlotte, die
kennt ihre Leute, und weiß, wer ſich Abends, wenn
er aus der Tanzſtunde nach Hauſe geht, von Re¬
ferendarien in Conditorläden führen läßt.“ — „In Con¬
ditorläden! Das iſt eine ausverſchämte Lüge! Das
ſollen Sie mir vor dem Criminal beweiſen, meine
Dame. Der Herr Referendar invitirten mich, aber ich
ſagte: das würde ſich wohl nicht ſchicken, Herr Re¬
ferendar! Und wir ſind da nicht hineingegangen.“ —
„Es kommt mir auch gar nicht darauf an, wo Sie
die Roſinen gegeſſen haben,“ replicirte Charlotte mit
einem ſehr feinen Blick. — Die zweite Schweſter
hielt die Höflichkeit nicht mehr für angebracht: „Und
woher Sie die Roſinen in Ihrem großen Munde
haben, weiß man auch!“ — „Ja, manche Leute, fiel
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/210>, abgerufen am 24.11.2024.
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