"Sie würden mir einen großen Gefallen er¬ weisen, liebe Almedingen wenn Sie mich davon avertirten, sobald ich es nicht mehr darf."
"Sobald man ihr die Thüre weist; Erlaucht können sich darauf verlassen, daß ich mit der ersten Nachricht zu Ihnen fliege."
Die Fürstin drückte ihr verbindlich die Hand: "Von Ihrem Eifer bin ich überzeugt. Bis dahin hat es aber wohl noch einige Zeit?"
"Es sind vielleicht doch nur Mißverständnisse," warf der Legationsrath hin.
"Oder sie bessert sich auch. Man muß ihr nur Zeit lassen," meinte Herr von Fuchsius.
"Ein zehn -- fünfzehn Jahr, murmelte der Legationsrath, dann macht sich das von selbst."
"Macht mir das junge Reh auf der Maienwiese nur nicht scheu, sagte die Fürstin. Wenn Ihr ihr beständig von der Arglist und Tücke der Menschen vorerzählt, glaubt Ihr, daß Ihr sie dadurch schützt. In ihrer Angst und Verwirrung läuft sie von selbst in's Netz."
Das junge Reh stand plötzlich unter ihnen. Laura hatte wohl nur durch das Zimmer gewollt, denn der Glanz ihres Auges verrieth nicht, daß sie gelauscht, noch von dem, was hier über sie gesprochen worden, eine Ahnung hatte. Auch verrieth die Miene der Fürstin nichts von Betroffenheit, als sie die Flüchtige erhascht, und den Arm um ihre Schulter, wie eine Mutter um ihr Lieblingskind, schlang.
„Sie würden mir einen großen Gefallen er¬ weiſen, liebe Almedingen wenn Sie mich davon avertirten, ſobald ich es nicht mehr darf.“
„Sobald man ihr die Thüre weiſt; Erlaucht können ſich darauf verlaſſen, daß ich mit der erſten Nachricht zu Ihnen fliege.“
Die Fürſtin drückte ihr verbindlich die Hand: „Von Ihrem Eifer bin ich überzeugt. Bis dahin hat es aber wohl noch einige Zeit?“
„Es ſind vielleicht doch nur Mißverſtändniſſe,“ warf der Legationsrath hin.
„Oder ſie beſſert ſich auch. Man muß ihr nur Zeit laſſen,“ meinte Herr von Fuchſius.
„Ein zehn — fünfzehn Jahr, murmelte der Legationsrath, dann macht ſich das von ſelbſt.“
„Macht mir das junge Reh auf der Maienwieſe nur nicht ſcheu, ſagte die Fürſtin. Wenn Ihr ihr beſtändig von der Argliſt und Tücke der Menſchen vorerzählt, glaubt Ihr, daß Ihr ſie dadurch ſchützt. In ihrer Angſt und Verwirrung läuft ſie von ſelbſt in's Netz.“
Das junge Reh ſtand plötzlich unter ihnen. Laura hatte wohl nur durch das Zimmer gewollt, denn der Glanz ihres Auges verrieth nicht, daß ſie gelauſcht, noch von dem, was hier über ſie geſprochen worden, eine Ahnung hatte. Auch verrieth die Miene der Fürſtin nichts von Betroffenheit, als ſie die Flüchtige erhaſcht, und den Arm um ihre Schulter, wie eine Mutter um ihr Lieblingskind, ſchlang.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0144"n="134"/><p>„Sie würden mir einen großen Gefallen er¬<lb/>
weiſen, liebe Almedingen wenn Sie mich davon<lb/>
avertirten, ſobald ich es nicht mehr darf.“</p><lb/><p>„Sobald man ihr die Thüre weiſt; Erlaucht<lb/>
können ſich darauf verlaſſen, daß ich mit der erſten<lb/>
Nachricht zu Ihnen fliege.“</p><lb/><p>Die Fürſtin drückte ihr verbindlich die Hand:<lb/>„Von Ihrem Eifer bin ich überzeugt. Bis dahin<lb/>
hat es aber wohl noch einige Zeit?“</p><lb/><p>„Es ſind vielleicht doch nur Mißverſtändniſſe,“<lb/>
warf der Legationsrath hin.</p><lb/><p>„Oder ſie beſſert ſich auch. Man muß ihr nur<lb/>
Zeit laſſen,“ meinte Herr von Fuchſius.</p><lb/><p>„Ein zehn — fünfzehn Jahr, murmelte der<lb/>
Legationsrath, dann macht ſich das von ſelbſt.“</p><lb/><p>„Macht mir das junge Reh auf der Maienwieſe<lb/>
nur nicht ſcheu, ſagte die Fürſtin. Wenn Ihr ihr<lb/>
beſtändig von der Argliſt und Tücke der Menſchen<lb/>
vorerzählt, glaubt Ihr, daß Ihr ſie dadurch ſchützt.<lb/>
In ihrer Angſt und Verwirrung läuft ſie von ſelbſt<lb/>
in's Netz.“</p><lb/><p>Das junge Reh ſtand plötzlich unter ihnen. Laura<lb/>
hatte wohl nur durch das Zimmer gewollt, denn der<lb/>
Glanz ihres Auges verrieth nicht, daß ſie gelauſcht,<lb/>
noch von dem, was hier über ſie geſprochen worden,<lb/>
eine Ahnung hatte. Auch verrieth die Miene der<lb/>
Fürſtin nichts von Betroffenheit, als ſie die Flüchtige<lb/>
erhaſcht, und den Arm um ihre Schulter, wie eine<lb/>
Mutter um ihr Lieblingskind, ſchlang.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[134/0144]
„Sie würden mir einen großen Gefallen er¬
weiſen, liebe Almedingen wenn Sie mich davon
avertirten, ſobald ich es nicht mehr darf.“
„Sobald man ihr die Thüre weiſt; Erlaucht
können ſich darauf verlaſſen, daß ich mit der erſten
Nachricht zu Ihnen fliege.“
Die Fürſtin drückte ihr verbindlich die Hand:
„Von Ihrem Eifer bin ich überzeugt. Bis dahin
hat es aber wohl noch einige Zeit?“
„Es ſind vielleicht doch nur Mißverſtändniſſe,“
warf der Legationsrath hin.
„Oder ſie beſſert ſich auch. Man muß ihr nur
Zeit laſſen,“ meinte Herr von Fuchſius.
„Ein zehn — fünfzehn Jahr, murmelte der
Legationsrath, dann macht ſich das von ſelbſt.“
„Macht mir das junge Reh auf der Maienwieſe
nur nicht ſcheu, ſagte die Fürſtin. Wenn Ihr ihr
beſtändig von der Argliſt und Tücke der Menſchen
vorerzählt, glaubt Ihr, daß Ihr ſie dadurch ſchützt.
In ihrer Angſt und Verwirrung läuft ſie von ſelbſt
in's Netz.“
Das junge Reh ſtand plötzlich unter ihnen. Laura
hatte wohl nur durch das Zimmer gewollt, denn der
Glanz ihres Auges verrieth nicht, daß ſie gelauſcht,
noch von dem, was hier über ſie geſprochen worden,
eine Ahnung hatte. Auch verrieth die Miene der
Fürſtin nichts von Betroffenheit, als ſie die Flüchtige
erhaſcht, und den Arm um ihre Schulter, wie eine
Mutter um ihr Lieblingskind, ſchlang.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/144>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.