In einem andern Zimmer sah man Staats¬ männer, Gelehrte und Künstler sich um die Wirthin bewegen. Die Zeitverhältnisse, die Politik, waren in das Gespräch gezogen, aber mit jenem Takt, der alles Bestimmte und Persönliche ausschloß.
Eine jener Stimmen war hier erklungen, die damals nur wie vereinzelte Accorde, Trompetenstöße aus einem mythischen Lande, in das Gewirr des Tages schmetterten, um später zu einem rauschenden Orgelton zu werden. Nicht daß nicht schon im Volke, unter einzelnen Gelehrten, in den Universitäten und Schulen, der Ruf der Nationalität vibrirte, den später die Arndt und Andre zu einem mächtigen Schlachtruf für die deutsche Nation erhoben, aber in den höheren Kreisen der Gesellschaft verstummten diese Töne, erstickten diese Luftzuckungen noch immer an einer ganz andern Luftatmosphäre. Man hörte sie an, nicht ungefällig, aber vornehm Beifall lächelnd, wie man eine neue, überraschende Erfin¬
Achtes Kapitel. Nationalität.
In einem andern Zimmer ſah man Staats¬ männer, Gelehrte und Künſtler ſich um die Wirthin bewegen. Die Zeitverhältniſſe, die Politik, waren in das Geſpräch gezogen, aber mit jenem Takt, der alles Beſtimmte und Perſönliche ausſchloß.
Eine jener Stimmen war hier erklungen, die damals nur wie vereinzelte Accorde, Trompetenſtöße aus einem mythiſchen Lande, in das Gewirr des Tages ſchmetterten, um ſpäter zu einem rauſchenden Orgelton zu werden. Nicht daß nicht ſchon im Volke, unter einzelnen Gelehrten, in den Univerſitäten und Schulen, der Ruf der Nationalität vibrirte, den ſpäter die Arndt und Andre zu einem mächtigen Schlachtruf für die deutſche Nation erhoben, aber in den höheren Kreiſen der Geſellſchaft verſtummten dieſe Töne, erſtickten dieſe Luftzuckungen noch immer an einer ganz andern Luftatmoſphäre. Man hörte ſie an, nicht ungefällig, aber vornehm Beifall lächelnd, wie man eine neue, überraſchende Erfin¬
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[[118]/0128]
Achtes Kapitel.
Nationalität.
In einem andern Zimmer ſah man Staats¬
männer, Gelehrte und Künſtler ſich um die Wirthin
bewegen. Die Zeitverhältniſſe, die Politik, waren in
das Geſpräch gezogen, aber mit jenem Takt, der
alles Beſtimmte und Perſönliche ausſchloß.
Eine jener Stimmen war hier erklungen, die
damals nur wie vereinzelte Accorde, Trompetenſtöße
aus einem mythiſchen Lande, in das Gewirr des
Tages ſchmetterten, um ſpäter zu einem rauſchenden
Orgelton zu werden. Nicht daß nicht ſchon im Volke,
unter einzelnen Gelehrten, in den Univerſitäten und
Schulen, der Ruf der Nationalität vibrirte, den
ſpäter die Arndt und Andre zu einem mächtigen
Schlachtruf für die deutſche Nation erhoben, aber in
den höheren Kreiſen der Geſellſchaft verſtummten
dieſe Töne, erſtickten dieſe Luftzuckungen noch immer
an einer ganz andern Luftatmoſphäre. Man hörte
ſie an, nicht ungefällig, aber vornehm Beifall
lächelnd, wie man eine neue, überraſchende Erfin¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. [118]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/128>, abgerufen am 21.11.2024.
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