Der Zoll von Herrendienst, den sie dem Kutscher abentrichteten, war gewiß nur eine Vergeltung für viele ähnliche, die jener bei andrer Gelegenheit ihnen geleistet.
Es hätte schlimmer werden können, wenn nicht der französische Kammerdiener der Fürstin zugeflü¬ stert: "Madame la princesse, je crains que les cris de la bete ne penetrent pas oreilles de Made¬ moiselle Alltag. Elle fait sa toilette tout pres de l'es¬
Da war die Fürstin aus ihren Träumen erweckt worden. Etwas unangenehm, schien es. Die Alltag durfte nichts hören. Sie hatte den Executoren rasch gewinkt, inne zu halten; sie wollte ungehalten sein, daß man sie nicht früher aufmerksam gemacht, aber sie sagte, der Anblick sei rebutant. Sie hatte etwas von pauvre homme hingeworfen, und Anweisung gegeben, ihn gut zu pflegen, damit er bald wieder seinen Dienst verrichten könne.
Und sie hatte noch eine unangenehme Ueber¬ raschung gehabt. Der Kammerdiener hatte ihr auch etwas vom Herrn Legationsrath zugeflüstert, was sie damals überhört. Oben fand sie ihn in einer An¬ wandlung von Ohnmacht auf dem Kanape.
"Possen! oder was ist das?" fragte sie ver¬ wundert, als er sich durch die Tropfen erholt, die sie aus ihrem Flacon gesprengt, und er selbst ein Fläschchen entkorkte, um durch das Einathmen wieder zum vollen Gebrauch der Sinne zu kommen.
Der Zoll von Herrendienſt, den ſie dem Kutſcher abentrichteten, war gewiß nur eine Vergeltung für viele ähnliche, die jener bei andrer Gelegenheit ihnen geleiſtet.
Es hätte ſchlimmer werden können, wenn nicht der franzöſiſche Kammerdiener der Fürſtin zugeflü¬ ſtert: „Madame la princesse, je crains que les cris de la bête ne pénètrent pas oreilles de Made¬ moiselle Alltag. Elle fait sa toilette tout près de l'es¬
Da war die Fürſtin aus ihren Träumen erweckt worden. Etwas unangenehm, ſchien es. Die Alltag durfte nichts hören. Sie hatte den Executoren raſch gewinkt, inne zu halten; ſie wollte ungehalten ſein, daß man ſie nicht früher aufmerkſam gemacht, aber ſie ſagte, der Anblick ſei rebutant. Sie hatte etwas von pauvre homme hingeworfen, und Anweiſung gegeben, ihn gut zu pflegen, damit er bald wieder ſeinen Dienſt verrichten könne.
Und ſie hatte noch eine unangenehme Ueber¬ raſchung gehabt. Der Kammerdiener hatte ihr auch etwas vom Herrn Legationsrath zugeflüſtert, was ſie damals überhört. Oben fand ſie ihn in einer An¬ wandlung von Ohnmacht auf dem Kanapé.
„Poſſen! oder was iſt das?“ fragte ſie ver¬ wundert, als er ſich durch die Tropfen erholt, die ſie aus ihrem Flacon geſprengt, und er ſelbſt ein Fläſchchen entkorkte, um durch das Einathmen wieder zum vollen Gebrauch der Sinne zu kommen.
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Der Zoll von Herrendienſt, den ſie dem Kutſcher
abentrichteten, war gewiß nur eine Vergeltung für
viele ähnliche, die jener bei andrer Gelegenheit
ihnen geleiſtet.
Es hätte ſchlimmer werden können, wenn nicht
der franzöſiſche Kammerdiener der Fürſtin zugeflü¬
ſtert: „Madame la princesse, je crains que les cris
de la bête ne pénètrent pas oreilles de Made¬
moiselle Alltag. Elle fait sa toilette tout près de l'es¬
Da war die Fürſtin aus ihren Träumen erweckt
worden. Etwas unangenehm, ſchien es. Die Alltag
durfte nichts hören. Sie hatte den Executoren raſch
gewinkt, inne zu halten; ſie wollte ungehalten ſein, daß
man ſie nicht früher aufmerkſam gemacht, aber ſie ſagte,
der Anblick ſei rebutant. Sie hatte etwas von pauvre
homme hingeworfen, und Anweiſung gegeben, ihn
gut zu pflegen, damit er bald wieder ſeinen Dienſt
verrichten könne.
Und ſie hatte noch eine unangenehme Ueber¬
raſchung gehabt. Der Kammerdiener hatte ihr auch
etwas vom Herrn Legationsrath zugeflüſtert, was ſie
damals überhört. Oben fand ſie ihn in einer An¬
wandlung von Ohnmacht auf dem Kanapé.
„Poſſen! oder was iſt das?“ fragte ſie ver¬
wundert, als er ſich durch die Tropfen erholt, die
ſie aus ihrem Flacon geſprengt, und er ſelbſt ein
Fläſchchen entkorkte, um durch das Einathmen wieder
zum vollen Gebrauch der Sinne zu kommen.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/101>, abgerufen am 21.11.2024.
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