"Sagte ich auch. Und ich wußte ja nicht, ob Sie gern mit dem Herrn in Connexionen kämen. Nun wir kennen uns! Aber der Herr ist ein Fremder, und voll hätte er auch nicht gezahlt, und wie gesagt, wer weiß, ob Ihnen das recht ist, an den Herrn Le¬ gationsrath von Wandel abgegeben zu werden."
"Der!" Der Rittmeister legte schwer seine Hand auf den Tisch.
"Sehn Sie, das hab ich Manteuffeln auch ge¬ sagt. Er ist ja ein Ausländer! Sollen wir Preußi¬ sches Blut, einen Soldaten unsres Königs, an einen Fremden verrathen? Wissen Sie denn, in wessen Diensten der Herr ist? Kann er nicht ein Agent des Bonaparte sein, kann der nicht den Auftrag haben, alle Wechsel aufzukaufen, die Preußische Officiere ausgestellt haben? Und wenn der Krieg losgeht, die Herren marschiren sollen, ja da hat der König keine Officiere. Alle eingesteckt in Wechselarrest. Kann nun ein König Krieg führen ohne Officiere? Der Bona¬ parte drüben freilich, woraus macht der sich nicht welche! Die sind denn auch danach. Aber wir müssen sie doch aus den Cadettenhäusern haben, aus guten Familien. Der Napoleon ist es im Stande, sagte ich zu Manteuffeln, denn dem ist alles möglich."
"Und was sagte Manteuffel?" Der Rittmeister strich sich den Knebelbart.
"Manteuffel, wissen Sie, sagt nie viel. Er wischte sich die Brille ab, und meinte, ich dächte wohl
III. 6
„Das iſt ja Seelenverkäuferei!“
„Sagte ich auch. Und ich wußte ja nicht, ob Sie gern mit dem Herrn in Connexionen kämen. Nun wir kennen uns! Aber der Herr iſt ein Fremder, und voll hätte er auch nicht gezahlt, und wie geſagt, wer weiß, ob Ihnen das recht iſt, an den Herrn Le¬ gationsrath von Wandel abgegeben zu werden.“
„Der!“ Der Rittmeiſter legte ſchwer ſeine Hand auf den Tiſch.
„Sehn Sie, das hab ich Manteuffeln auch ge¬ ſagt. Er iſt ja ein Ausländer! Sollen wir Preußi¬ ſches Blut, einen Soldaten unſres Königs, an einen Fremden verrathen? Wiſſen Sie denn, in weſſen Dienſten der Herr iſt? Kann er nicht ein Agent des Bonaparte ſein, kann der nicht den Auftrag haben, alle Wechſel aufzukaufen, die Preußiſche Officiere ausgeſtellt haben? Und wenn der Krieg losgeht, die Herren marſchiren ſollen, ja da hat der König keine Officiere. Alle eingeſteckt in Wechſelarreſt. Kann nun ein König Krieg führen ohne Officiere? Der Bona¬ parte drüben freilich, woraus macht der ſich nicht welche! Die ſind denn auch danach. Aber wir müſſen ſie doch aus den Cadettenhäuſern haben, aus guten Familien. Der Napoleon iſt es im Stande, ſagte ich zu Manteuffeln, denn dem iſt alles möglich.“
„Und was ſagte Manteuffel?“ Der Rittmeiſter ſtrich ſich den Knebelbart.
„Manteuffel, wiſſen Sie, ſagt nie viel. Er wiſchte ſich die Brille ab, und meinte, ich dächte wohl
III. 6
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„Das iſt ja Seelenverkäuferei!“
„Sagte ich auch. Und ich wußte ja nicht, ob
Sie gern mit dem Herrn in Connexionen kämen.
Nun wir kennen uns! Aber der Herr iſt ein Fremder,
und voll hätte er auch nicht gezahlt, und wie geſagt,
wer weiß, ob Ihnen das recht iſt, an den Herrn Le¬
gationsrath von Wandel abgegeben zu werden.“
„Der!“ Der Rittmeiſter legte ſchwer ſeine Hand
auf den Tiſch.
„Sehn Sie, das hab ich Manteuffeln auch ge¬
ſagt. Er iſt ja ein Ausländer! Sollen wir Preußi¬
ſches Blut, einen Soldaten unſres Königs, an einen
Fremden verrathen? Wiſſen Sie denn, in weſſen
Dienſten der Herr iſt? Kann er nicht ein Agent des
Bonaparte ſein, kann der nicht den Auftrag haben,
alle Wechſel aufzukaufen, die Preußiſche Officiere
ausgeſtellt haben? Und wenn der Krieg losgeht, die
Herren marſchiren ſollen, ja da hat der König keine
Officiere. Alle eingeſteckt in Wechſelarreſt. Kann nun
ein König Krieg führen ohne Officiere? Der Bona¬
parte drüben freilich, woraus macht der ſich nicht
welche! Die ſind denn auch danach. Aber wir müſſen
ſie doch aus den Cadettenhäuſern haben, aus guten
Familien. Der Napoleon iſt es im Stande, ſagte
ich zu Manteuffeln, denn dem iſt alles möglich.“
„Und was ſagte Manteuffel?“ Der Rittmeiſter
ſtrich ſich den Knebelbart.
„Manteuffel, wiſſen Sie, ſagt nie viel. Er
wiſchte ſich die Brille ab, und meinte, ich dächte wohl
III. 6
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/91>, abgerufen am 08.07.2024.
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