Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.Nebenstube ein neuer Wortwechsel, von dessen Heftig¬ Doch als er jetzt aus dem Krankenzimmer heraus¬ "Meine Cousine, die Frau Hoflakir, hat mir "Charlotte! rief das blasse Gesicht der Geheim¬ "Ja, Frau Geheimräthin, das bedenke ich auch, Nebenſtube ein neuer Wortwechſel, von deſſen Heftig¬ Doch als er jetzt aus dem Krankenzimmer heraus¬ „Meine Couſine, die Frau Hoflakir, hat mir „Charlotte! rief das blaſſe Geſicht der Geheim¬ „Ja, Frau Geheimräthin, das bedenke ich auch, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="28"/> Nebenſtube ein neuer Wortwechſel, von deſſen Heftig¬<lb/> keit man überzeugt ſein wird, wenn wir ſagen, daß<lb/> Charlotte die Angeklagte war, der Geheimrath der<lb/> Kläger, und die Geheimräthin, die angerufene Rich¬<lb/> terin, ſich der Angeklagten nicht anzunehmen ſchien.<lb/> Charlotte war ihr eigner Advocat, und der Geheim¬<lb/> rath von der Vogtei konnte, wie wir wiſſen, wenn<lb/> die Gelegenheit es mit ſich brachte, auch außer ſich<lb/> gerathen. Er folgte der entgegengeſetzten Maxime<lb/> ſeines Bruders; er hielt Emotionen nicht für das<lb/> Gift, ſondern für eines der Präſervativmittel des<lb/> Lebens. Seine Freunde meinten, er alterire ſich am<lb/> liebſten vor dem Mittagstiſch, weil dies dem Orga¬<lb/> nismus des Magens zuträglich ſei; jedoch immer<lb/> nur mit Maaß.</p><lb/> <p>Doch als er jetzt aus dem Krankenzimmer heraus¬<lb/> ſtürzte und Charlotte hinter ihm, ſchien er eher<lb/> der Verfolgte. Sie wenigſtens ſchrie in die Ver¬<lb/> ſammlung hinein, ohne im geringſten von den reſpec¬<lb/> tablen Perſonen Notiz zu nehmen:</p><lb/> <p>„Meine Couſine, die Frau Hoflakir, hat mir<lb/> wohl geſagt: Warum giebſt Du Dich noch mit ihnen<lb/> ab, warum opferſt Du Dich ihnen! Du kennſt ſie ja,<lb/> und Undank iſt der Welt Lohn. Ja, ich kenne ſie,<lb/> und Undank bleibt der Welt Lohn!“</p><lb/> <p>„Charlotte! rief das blaſſe Geſicht der Geheim¬<lb/> räthin, die an der Schwelle ſtehen blieb. Bedenke<lb/> Sie, wo Sie iſt.“</p><lb/> <p>„Ja, Frau Geheimräthin, das bedenke ich auch,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0038]
Nebenſtube ein neuer Wortwechſel, von deſſen Heftig¬
keit man überzeugt ſein wird, wenn wir ſagen, daß
Charlotte die Angeklagte war, der Geheimrath der
Kläger, und die Geheimräthin, die angerufene Rich¬
terin, ſich der Angeklagten nicht anzunehmen ſchien.
Charlotte war ihr eigner Advocat, und der Geheim¬
rath von der Vogtei konnte, wie wir wiſſen, wenn
die Gelegenheit es mit ſich brachte, auch außer ſich
gerathen. Er folgte der entgegengeſetzten Maxime
ſeines Bruders; er hielt Emotionen nicht für das
Gift, ſondern für eines der Präſervativmittel des
Lebens. Seine Freunde meinten, er alterire ſich am
liebſten vor dem Mittagstiſch, weil dies dem Orga¬
nismus des Magens zuträglich ſei; jedoch immer
nur mit Maaß.
Doch als er jetzt aus dem Krankenzimmer heraus¬
ſtürzte und Charlotte hinter ihm, ſchien er eher
der Verfolgte. Sie wenigſtens ſchrie in die Ver¬
ſammlung hinein, ohne im geringſten von den reſpec¬
tablen Perſonen Notiz zu nehmen:
„Meine Couſine, die Frau Hoflakir, hat mir
wohl geſagt: Warum giebſt Du Dich noch mit ihnen
ab, warum opferſt Du Dich ihnen! Du kennſt ſie ja,
und Undank iſt der Welt Lohn. Ja, ich kenne ſie,
und Undank bleibt der Welt Lohn!“
„Charlotte! rief das blaſſe Geſicht der Geheim¬
räthin, die an der Schwelle ſtehen blieb. Bedenke
Sie, wo Sie iſt.“
„Ja, Frau Geheimräthin, das bedenke ich auch,
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