Der Officier war der Rittmeister Stier von Dohleneck. Es war eine kleine Aufregung. Der Rittmeister schüttelte in einer Art Extase dem Kauf¬ mann die Hand, fast schien es, er fühle sich in Ver¬ suchung, ihm um den Hals zu fallen, aber das schickte sich nicht. Der Kaufmann war aufgestanden, er hatte die Hand des Officiers noch ein Mal ergriffen, sie gedrückt, dann fahren lassen und war auf den Stein zurückgesunken. Der Rittmeister war wieder fortgeeilt.
"Ein braver Mann, der Herr von Dohleneck."
Es waren frohe Gesichter. Wie sollte es auch nicht; seine Botschaft war eine frohe und van Asten ein geachteter Mann auf der Börse. Bald wußten Juden und Christen den Inhalt: das Ehrengericht der Officiere hatte sich endlich dahin geeinigt, daß der junge Walter van Asten an jenem Abende nur in einer entschuldbaren Affection mit dem Cornet in Conflict gerathen, ohne seinen Stand kränkende In¬ tention, daß er seinen Arm nur berühren wollen, um ihn auf etwas aufmerksam zu machen, und allein durch den Stoß eines Nachbars habe er sich an dem Arm festhalten und damit durchaus nicht den Rock des Königs attentiren wollen. Die Sache wäre also eine reine Privatsache zwischen dem Cornet und dem Kaufmannssohne, letzterer aber, angesehen, daß in niederländischen Familien unter dem vorgesetzten van nicht selten alte adlige Abkunft sich cachire, auch der junge Walter nicht erweislich hinter einem Ladentisch stehend gesehen worden, eine Person, von dem ein
Der Officier war der Rittmeiſter Stier von Dohleneck. Es war eine kleine Aufregung. Der Rittmeiſter ſchüttelte in einer Art Extaſe dem Kauf¬ mann die Hand, faſt ſchien es, er fühle ſich in Ver¬ ſuchung, ihm um den Hals zu fallen, aber das ſchickte ſich nicht. Der Kaufmann war aufgeſtanden, er hatte die Hand des Officiers noch ein Mal ergriffen, ſie gedrückt, dann fahren laſſen und war auf den Stein zurückgeſunken. Der Rittmeiſter war wieder fortgeeilt.
„Ein braver Mann, der Herr von Dohleneck.“
Es waren frohe Geſichter. Wie ſollte es auch nicht; ſeine Botſchaft war eine frohe und van Aſten ein geachteter Mann auf der Börſe. Bald wußten Juden und Chriſten den Inhalt: das Ehrengericht der Officiere hatte ſich endlich dahin geeinigt, daß der junge Walter van Aſten an jenem Abende nur in einer entſchuldbaren Affection mit dem Cornet in Conflict gerathen, ohne ſeinen Stand kränkende In¬ tention, daß er ſeinen Arm nur berühren wollen, um ihn auf etwas aufmerkſam zu machen, und allein durch den Stoß eines Nachbars habe er ſich an dem Arm feſthalten und damit durchaus nicht den Rock des Königs attentiren wollen. Die Sache wäre alſo eine reine Privatſache zwiſchen dem Cornet und dem Kaufmannsſohne, letzterer aber, angeſehen, daß in niederländiſchen Familien unter dem vorgeſetzten van nicht ſelten alte adlige Abkunft ſich cachire, auch der junge Walter nicht erweislich hinter einem Ladentiſch ſtehend geſehen worden, eine Perſon, von dem ein
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Der Officier war der Rittmeiſter Stier von
Dohleneck. Es war eine kleine Aufregung. Der
Rittmeiſter ſchüttelte in einer Art Extaſe dem Kauf¬
mann die Hand, faſt ſchien es, er fühle ſich in Ver¬
ſuchung, ihm um den Hals zu fallen, aber das ſchickte
ſich nicht. Der Kaufmann war aufgeſtanden, er hatte
die Hand des Officiers noch ein Mal ergriffen, ſie
gedrückt, dann fahren laſſen und war auf den Stein
zurückgeſunken. Der Rittmeiſter war wieder fortgeeilt.
„Ein braver Mann, der Herr von Dohleneck.“
Es waren frohe Geſichter. Wie ſollte es auch
nicht; ſeine Botſchaft war eine frohe und van Aſten
ein geachteter Mann auf der Börſe. Bald wußten
Juden und Chriſten den Inhalt: das Ehrengericht der
Officiere hatte ſich endlich dahin geeinigt, daß der
junge Walter van Aſten an jenem Abende nur in
einer entſchuldbaren Affection mit dem Cornet in
Conflict gerathen, ohne ſeinen Stand kränkende In¬
tention, daß er ſeinen Arm nur berühren wollen, um
ihn auf etwas aufmerkſam zu machen, und allein
durch den Stoß eines Nachbars habe er ſich an dem
Arm feſthalten und damit durchaus nicht den Rock
des Königs attentiren wollen. Die Sache wäre alſo
eine reine Privatſache zwiſchen dem Cornet und dem
Kaufmannsſohne, letzterer aber, angeſehen, daß in
niederländiſchen Familien unter dem vorgeſetzten van
nicht ſelten alte adlige Abkunft ſich cachire, auch der
junge Walter nicht erweislich hinter einem Ladentiſch
ſtehend geſehen worden, eine Perſon, von dem ein
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/324>, abgerufen am 26.11.2024.
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