Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Sechszehntes Kapitel.
Eine Entführung.

So viel wußte man bis in die entferntesten
Winkel, aber in der Masse verschwand das Persön¬
liche vor dem sturmbewegten Gefühl. Man begnügte
sich nicht mehr mit einem Händedruck, auch Leute,
die sich nicht leiden mochten, stürzten sich in die
Arme: "Das Vaterland ist gerettet!" -- "Zuge¬
schlagen. Nun ihm das Garaus gemacht!" -- "Drauf
los! -- Tod allen Franzosen!"

"Davon werden sie auch nicht sterben!" brummte
der Officier, welcher vorhin York genannt wurde, der
sich jetzt Luft nach dem Ausgange machte, während
die Tücher der Damen ihm fast um die Ohren schlu¬
gen: "Wenn überhaupt die Geschichte wahr ist."

"Sie stießen, sagte sein Begleiter, den armen Herrn
Merkel beinahe um, der die Nachricht frisch aufnotirt,
um sie noch warm in seinen Freimüthigen zu setzen."

"Hol' sie alle --" entfuhr es dem Oberst, als
seine Aufmerksamkeit durch eine andere Scene in
Anspruch genommen wurde.

Sechszehntes Kapitel.
Eine Entführung.

So viel wußte man bis in die entfernteſten
Winkel, aber in der Maſſe verſchwand das Perſön¬
liche vor dem ſturmbewegten Gefühl. Man begnügte
ſich nicht mehr mit einem Händedruck, auch Leute,
die ſich nicht leiden mochten, ſtürzten ſich in die
Arme: „Das Vaterland iſt gerettet!“ — „Zuge¬
ſchlagen. Nun ihm das Garaus gemacht!“ — „Drauf
los! — Tod allen Franzoſen!“

„Davon werden ſie auch nicht ſterben!“ brummte
der Officier, welcher vorhin York genannt wurde, der
ſich jetzt Luft nach dem Ausgange machte, während
die Tücher der Damen ihm faſt um die Ohren ſchlu¬
gen: „Wenn überhaupt die Geſchichte wahr iſt.“

„Sie ſtießen, ſagte ſein Begleiter, den armen Herrn
Merkel beinahe um, der die Nachricht friſch aufnotirt,
um ſie noch warm in ſeinen Freimüthigen zu ſetzen.“

„Hol' ſie alle —“ entfuhr es dem Oberſt, als
ſeine Aufmerkſamkeit durch eine andere Scene in
Anſpruch genommen wurde.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0282" n="[272]"/>
      <div n="1">
        <head>Sechszehntes Kapitel.<lb/><hi rendition="#b #g">Eine Entführung.</hi><lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>So viel wußte man bis in die entfernte&#x017F;ten<lb/>
Winkel, aber in der Ma&#x017F;&#x017F;e ver&#x017F;chwand das Per&#x017F;ön¬<lb/>
liche vor dem &#x017F;turmbewegten Gefühl. Man begnügte<lb/>
&#x017F;ich nicht mehr mit einem Händedruck, auch Leute,<lb/>
die &#x017F;ich nicht leiden mochten, &#x017F;türzten &#x017F;ich in die<lb/>
Arme: &#x201E;Das Vaterland i&#x017F;t gerettet!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Zuge¬<lb/>
&#x017F;chlagen. Nun ihm das Garaus gemacht!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Drauf<lb/>
los! &#x2014; Tod allen Franzo&#x017F;en!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Davon werden &#x017F;ie auch nicht &#x017F;terben!&#x201C; brummte<lb/>
der Officier, welcher vorhin York genannt wurde, der<lb/>
&#x017F;ich jetzt Luft nach dem Ausgange machte, während<lb/>
die Tücher der Damen ihm fa&#x017F;t um die Ohren &#x017F;chlu¬<lb/>
gen: &#x201E;Wenn überhaupt die Ge&#x017F;chichte wahr i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;tießen, &#x017F;agte &#x017F;ein Begleiter, den armen Herrn<lb/>
Merkel beinahe um, der die Nachricht fri&#x017F;ch aufnotirt,<lb/>
um &#x017F;ie noch warm in &#x017F;einen Freimüthigen zu &#x017F;etzen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hol' &#x017F;ie alle &#x2014;&#x201C; entfuhr es dem Ober&#x017F;t, als<lb/>
&#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit durch eine andere Scene in<lb/>
An&#x017F;pruch genommen wurde.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[272]/0282] Sechszehntes Kapitel. Eine Entführung. So viel wußte man bis in die entfernteſten Winkel, aber in der Maſſe verſchwand das Perſön¬ liche vor dem ſturmbewegten Gefühl. Man begnügte ſich nicht mehr mit einem Händedruck, auch Leute, die ſich nicht leiden mochten, ſtürzten ſich in die Arme: „Das Vaterland iſt gerettet!“ — „Zuge¬ ſchlagen. Nun ihm das Garaus gemacht!“ — „Drauf los! — Tod allen Franzoſen!“ „Davon werden ſie auch nicht ſterben!“ brummte der Officier, welcher vorhin York genannt wurde, der ſich jetzt Luft nach dem Ausgange machte, während die Tücher der Damen ihm faſt um die Ohren ſchlu¬ gen: „Wenn überhaupt die Geſchichte wahr iſt.“ „Sie ſtießen, ſagte ſein Begleiter, den armen Herrn Merkel beinahe um, der die Nachricht friſch aufnotirt, um ſie noch warm in ſeinen Freimüthigen zu ſetzen.“ „Hol' ſie alle —“ entfuhr es dem Oberſt, als ſeine Aufmerkſamkeit durch eine andere Scene in Anſpruch genommen wurde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/282
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [272]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/282>, abgerufen am 21.11.2024.