nants umherstolziren, oder besser er umschlang sie mit seinen Armen, und den Begegnenden versicherte er, in diesen beiden Freunden opferte er seine theuersten Erinnerungen dem Vaterlande! Unzel¬ mann, als Trompeter, streifte am Arm eines hüb¬ schen Cavallerieofficiers durch das Parterre. Wer dafür noch Sinn hatte, blickte neugierig verwundert nach. Der junge blonde Officier nahm das spöttische Lächeln seelenvergnügt hin, Unzelmanns komische Miene deutete aber an, daß ihn der Sinn nicht ver¬ letze. "Unzelmann und Quast Arm in Arm!" -- "Unzelmann spielt heute seine Frau." Er rief den Spöttern nach: ""Beschämte Eifersucht"" wird nicht mehr gespielt, meine Herren," -- "denn Eifersucht ist das größte Ungeheuer!" replicirte ein junger Schön¬ geist, der die alten Spanier studirte.
"Und gegen das größte Ungeheuer, fiel der Schauspieler eben so schnell ein, ziehen unsere bra¬ ven Truppen. Auch "Menschenhaß und Reue," meine Herren, wird nicht mehr gegeben, denn wir brauchen allen Menschenhaß gegen die Franzosen." "Und, setzte ein dritter Witzbold hinzu, ein Lump, wer nicht sein Bestes und sein Schlechtestes mit seinem Alliirten theilt." -- Anspielungen, die damals Jeder verstand, auch viele Jahrzehnde nachher hat sich die Erinnerung erhalten; nicht werth um ihrer selbst willen, aber von Werth zur Charakteristik einer Zeit, die längst von den Springfluthen der Geschichte fort¬ gespült und von ihrem mächtigen Strome auf immer
nants umherſtolziren, oder beſſer er umſchlang ſie mit ſeinen Armen, und den Begegnenden verſicherte er, in dieſen beiden Freunden opferte er ſeine theuerſten Erinnerungen dem Vaterlande! Unzel¬ mann, als Trompeter, ſtreifte am Arm eines hüb¬ ſchen Cavallerieofficiers durch das Parterre. Wer dafür noch Sinn hatte, blickte neugierig verwundert nach. Der junge blonde Officier nahm das ſpöttiſche Lächeln ſeelenvergnügt hin, Unzelmanns komiſche Miene deutete aber an, daß ihn der Sinn nicht ver¬ letze. „Unzelmann und Quaſt Arm in Arm!“ — „Unzelmann ſpielt heute ſeine Frau.“ Er rief den Spöttern nach: „„Beſchämte Eiferſucht““ wird nicht mehr geſpielt, meine Herren,“ — „denn Eiferſucht iſt das größte Ungeheuer!“ replicirte ein junger Schön¬ geiſt, der die alten Spanier ſtudirte.
„Und gegen das größte Ungeheuer, fiel der Schauſpieler eben ſo ſchnell ein, ziehen unſere bra¬ ven Truppen. Auch „Menſchenhaß und Reue,“ meine Herren, wird nicht mehr gegeben, denn wir brauchen allen Menſchenhaß gegen die Franzoſen.“ „Und, ſetzte ein dritter Witzbold hinzu, ein Lump, wer nicht ſein Beſtes und ſein Schlechteſtes mit ſeinem Alliirten theilt.“ — Anſpielungen, die damals Jeder verſtand, auch viele Jahrzehnde nachher hat ſich die Erinnerung erhalten; nicht werth um ihrer ſelbſt willen, aber von Werth zur Charakteriſtik einer Zeit, die längſt von den Springfluthen der Geſchichte fort¬ geſpült und von ihrem mächtigen Strome auf immer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0270"n="260"/>
nants umherſtolziren, oder beſſer er umſchlang ſie<lb/>
mit ſeinen Armen, und den Begegnenden verſicherte<lb/>
er, in dieſen beiden Freunden opferte er ſeine<lb/>
theuerſten Erinnerungen dem Vaterlande! Unzel¬<lb/>
mann, als Trompeter, ſtreifte am Arm eines hüb¬<lb/>ſchen Cavallerieofficiers durch das Parterre. Wer<lb/>
dafür noch Sinn hatte, blickte neugierig verwundert<lb/>
nach. Der junge blonde Officier nahm das ſpöttiſche<lb/>
Lächeln ſeelenvergnügt hin, Unzelmanns komiſche<lb/>
Miene deutete aber an, daß ihn der Sinn nicht ver¬<lb/>
letze. „Unzelmann und Quaſt Arm in Arm!“—<lb/>„Unzelmann ſpielt heute ſeine Frau.“ Er rief den<lb/>
Spöttern nach: „„Beſchämte Eiferſucht““ wird nicht<lb/>
mehr geſpielt, meine Herren,“—„denn Eiferſucht iſt<lb/>
das größte Ungeheuer!“ replicirte ein junger Schön¬<lb/>
geiſt, der die alten Spanier ſtudirte.</p><lb/><p>„Und gegen das größte Ungeheuer, fiel der<lb/>
Schauſpieler eben ſo ſchnell ein, ziehen unſere bra¬<lb/>
ven Truppen. Auch „Menſchenhaß und Reue,“ meine<lb/>
Herren, wird nicht mehr gegeben, denn wir brauchen<lb/>
allen Menſchenhaß gegen die Franzoſen.“„Und,<lb/>ſetzte ein dritter Witzbold hinzu, ein Lump, wer<lb/>
nicht ſein Beſtes und ſein Schlechteſtes mit ſeinem<lb/>
Alliirten theilt.“— Anſpielungen, die damals Jeder<lb/>
verſtand, auch viele Jahrzehnde nachher hat ſich die<lb/>
Erinnerung erhalten; nicht werth um ihrer ſelbſt<lb/>
willen, aber von Werth zur Charakteriſtik einer Zeit,<lb/>
die längſt von den Springfluthen der Geſchichte fort¬<lb/>
geſpült und von ihrem mächtigen Strome auf immer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[260/0270]
nants umherſtolziren, oder beſſer er umſchlang ſie
mit ſeinen Armen, und den Begegnenden verſicherte
er, in dieſen beiden Freunden opferte er ſeine
theuerſten Erinnerungen dem Vaterlande! Unzel¬
mann, als Trompeter, ſtreifte am Arm eines hüb¬
ſchen Cavallerieofficiers durch das Parterre. Wer
dafür noch Sinn hatte, blickte neugierig verwundert
nach. Der junge blonde Officier nahm das ſpöttiſche
Lächeln ſeelenvergnügt hin, Unzelmanns komiſche
Miene deutete aber an, daß ihn der Sinn nicht ver¬
letze. „Unzelmann und Quaſt Arm in Arm!“ —
„Unzelmann ſpielt heute ſeine Frau.“ Er rief den
Spöttern nach: „„Beſchämte Eiferſucht““ wird nicht
mehr geſpielt, meine Herren,“ — „denn Eiferſucht iſt
das größte Ungeheuer!“ replicirte ein junger Schön¬
geiſt, der die alten Spanier ſtudirte.
„Und gegen das größte Ungeheuer, fiel der
Schauſpieler eben ſo ſchnell ein, ziehen unſere bra¬
ven Truppen. Auch „Menſchenhaß und Reue,“ meine
Herren, wird nicht mehr gegeben, denn wir brauchen
allen Menſchenhaß gegen die Franzoſen.“ „Und,
ſetzte ein dritter Witzbold hinzu, ein Lump, wer
nicht ſein Beſtes und ſein Schlechteſtes mit ſeinem
Alliirten theilt.“ — Anſpielungen, die damals Jeder
verſtand, auch viele Jahrzehnde nachher hat ſich die
Erinnerung erhalten; nicht werth um ihrer ſelbſt
willen, aber von Werth zur Charakteriſtik einer Zeit,
die längſt von den Springfluthen der Geſchichte fort¬
geſpült und von ihrem mächtigen Strome auf immer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/270>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.