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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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Wandel dringend zu Bovillard. Bedenken Sie die
Stimmung im Publikum, theuerster Freund! Lom¬
bard selbst hat einen Beitrag für die Militairmusik
geschickt."

Der Geheimrath Bovillard wollte bleiben, dies
deutete wenigstens der stumme Händedruck an, als
er aufstand: "Wenn nur das Weib fortginge!"

Aber als er die Thür des Conditorsaales öffnete,
kam ihm gerade dieses Weib, welches er vermeiden
wollte, entgegen. Die Lupinus führte ihre Pflege¬
tochter am Arm. Ein scharfer Kennerblick mußte
unter der Röthe von Adelheids Wangen die tiefe
Blässe entdecken. Sie wankte am Arm ihrer Führerin,
deren Anstrengungen, es zu verbergen, vergebens
waren.

Als Bovillard zurückprallte, kaum von den Ein¬
tretenden gesehen, eilte eine neue Zeugin herbei:
"Mein Gott, was ist ihr!" rief die Fürstin Gargazin.

"Nichts als übergroße Hitze! Ein Glas Limo¬
nade, Herr Reibedanz! Das wird dem Uebel ab¬
helfen."

"Sie ist krank, das sind convulsivische Bewe¬
gungen!" rief die Fürstin.

"Adelheid wird Ihnen das Gegentheil betheuern,
wenn sie sich erfrischt hat," sagte die Geheimräthin,
indem sie mit einiger Heftigkeit das Glas dem jungen
Mädchen an die Lippen hielt.

Adelheid nippte, aber das Glas fiel auf die
Erde, sie selbst knickte zusammen und wäre selbst ge¬

Wandel dringend zu Bovillard. Bedenken Sie die
Stimmung im Publikum, theuerſter Freund! Lom¬
bard ſelbſt hat einen Beitrag für die Militairmuſik
geſchickt.“

Der Geheimrath Bovillard wollte bleiben, dies
deutete wenigſtens der ſtumme Händedruck an, als
er aufſtand: „Wenn nur das Weib fortginge!“

Aber als er die Thür des Conditorſaales öffnete,
kam ihm gerade dieſes Weib, welches er vermeiden
wollte, entgegen. Die Lupinus führte ihre Pflege¬
tochter am Arm. Ein ſcharfer Kennerblick mußte
unter der Röthe von Adelheids Wangen die tiefe
Bläſſe entdecken. Sie wankte am Arm ihrer Führerin,
deren Anſtrengungen, es zu verbergen, vergebens
waren.

Als Bovillard zurückprallte, kaum von den Ein¬
tretenden geſehen, eilte eine neue Zeugin herbei:
„Mein Gott, was iſt ihr!“ rief die Fürſtin Gargazin.

„Nichts als übergroße Hitze! Ein Glas Limo¬
nade, Herr Reibedanz! Das wird dem Uebel ab¬
helfen.“

„Sie iſt krank, das ſind convulſiviſche Bewe¬
gungen!“ rief die Fürſtin.

„Adelheid wird Ihnen das Gegentheil betheuern,
wenn ſie ſich erfriſcht hat,“ ſagte die Geheimräthin,
indem ſie mit einiger Heftigkeit das Glas dem jungen
Mädchen an die Lippen hielt.

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[249/0259] Wandel dringend zu Bovillard. Bedenken Sie die Stimmung im Publikum, theuerſter Freund! Lom¬ bard ſelbſt hat einen Beitrag für die Militairmuſik geſchickt.“ Der Geheimrath Bovillard wollte bleiben, dies deutete wenigſtens der ſtumme Händedruck an, als er aufſtand: „Wenn nur das Weib fortginge!“ Aber als er die Thür des Conditorſaales öffnete, kam ihm gerade dieſes Weib, welches er vermeiden wollte, entgegen. Die Lupinus führte ihre Pflege¬ tochter am Arm. Ein ſcharfer Kennerblick mußte unter der Röthe von Adelheids Wangen die tiefe Bläſſe entdecken. Sie wankte am Arm ihrer Führerin, deren Anſtrengungen, es zu verbergen, vergebens waren. Als Bovillard zurückprallte, kaum von den Ein¬ tretenden geſehen, eilte eine neue Zeugin herbei: „Mein Gott, was iſt ihr!“ rief die Fürſtin Gargazin. „Nichts als übergroße Hitze! Ein Glas Limo¬ nade, Herr Reibedanz! Das wird dem Uebel ab¬ helfen.“ „Sie iſt krank, das ſind convulſiviſche Bewe¬ gungen!“ rief die Fürſtin. „Adelheid wird Ihnen das Gegentheil betheuern, wenn ſie ſich erfriſcht hat,“ ſagte die Geheimräthin, indem ſie mit einiger Heftigkeit das Glas dem jungen Mädchen an die Lippen hielt. Adelheid nippte, aber das Glas fiel auf die Erde, ſie ſelbſt knickte zuſammen und wäre ſelbſt ge¬

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/259>, abgerufen am 28.11.2024.