Cornet, oder ist er jetzt Lieutenant von den Gensdarmen, ein Herr von Kickindiewelt, oder wie er heißt, schleicht ihr auf Schritt und Tritt seit letzter Redoute nach. Ein Libertin, ein Taugenichts, ein Verschwender. Minchen ist schüchtern, und hat das Pulver nicht erfunden, das weißt Du auch. Er zieht sie auf, sie weiß nicht zu antworten. Du sollst für sie antworten. Verstehst Du mich? Weißt ja Rath für alles, und wo der Unrath steckt. Nun zeig's mal, nicht mit der Feder, mit dem Maule. Wenn Du spitzig wirst, ist's gut; wenn Du grob wirst, noch besser, 's ist so Einer von denen, die die Beine über die Stuhllehne hängen, und's nicht so genau nehmen, wenn sie einem Bürger auf die Hühneraugen treten. Darum ist es auch für den Bürger gut, wenn er dicke Schuhe trägt. Außerdem hat er sehr viel Geld, also ist er sehr ungeschliffen. Junge, ich bin Dein Vater, und verbiete Dir, Dich in Händel einzulassen. Aber wenn Ihr so von ungefähr an einander geriethet, will ich nichts davon wissen. Du hast in Halle eine Klinge geschlagen, in Deinem Stammbuch steht auf jeder Seite ein Kreuz von Hiebern. Außerdem hatte der Herr Schwertfegermeister die Gefälligkeit, seine Rechnung mir nach Berlin zu schicken. Ich erinnere Dich nun nicht darum daran, daß Du's mir wieder bezahlen sollst, was ich für Dich gezahlt, sondern --"
Walter lächelte: "Sie besorgen, daß ich in Berlin unter meinen Büchern die Kunst vergaß,
Cornet, oder iſt er jetzt Lieutenant von den Gensdarmen, ein Herr von Kickindiewelt, oder wie er heißt, ſchleicht ihr auf Schritt und Tritt ſeit letzter Redoute nach. Ein Libertin, ein Taugenichts, ein Verſchwender. Minchen iſt ſchüchtern, und hat das Pulver nicht erfunden, das weißt Du auch. Er zieht ſie auf, ſie weiß nicht zu antworten. Du ſollſt für ſie antworten. Verſtehſt Du mich? Weißt ja Rath für alles, und wo der Unrath ſteckt. Nun zeig's mal, nicht mit der Feder, mit dem Maule. Wenn Du ſpitzig wirſt, iſt's gut; wenn Du grob wirſt, noch beſſer, 's iſt ſo Einer von denen, die die Beine über die Stuhllehne hängen, und's nicht ſo genau nehmen, wenn ſie einem Bürger auf die Hühneraugen treten. Darum iſt es auch für den Bürger gut, wenn er dicke Schuhe trägt. Außerdem hat er ſehr viel Geld, alſo iſt er ſehr ungeſchliffen. Junge, ich bin Dein Vater, und verbiete Dir, Dich in Händel einzulaſſen. Aber wenn Ihr ſo von ungefähr an einander geriethet, will ich nichts davon wiſſen. Du haſt in Halle eine Klinge geſchlagen, in Deinem Stammbuch ſteht auf jeder Seite ein Kreuz von Hiebern. Außerdem hatte der Herr Schwertfegermeiſter die Gefälligkeit, ſeine Rechnung mir nach Berlin zu ſchicken. Ich erinnere Dich nun nicht darum daran, daß Du's mir wieder bezahlen ſollſt, was ich für Dich gezahlt, ſondern —“
Walter lächelte: „Sie beſorgen, daß ich in Berlin unter meinen Büchern die Kunſt vergaß,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0245"n="235"/>
Cornet, oder iſt er jetzt Lieutenant von den<lb/>
Gensdarmen, ein Herr von Kickindiewelt, oder wie<lb/>
er heißt, ſchleicht ihr auf Schritt und Tritt ſeit<lb/>
letzter Redoute nach. Ein Libertin, ein Taugenichts,<lb/>
ein Verſchwender. Minchen iſt ſchüchtern, und hat<lb/>
das Pulver nicht erfunden, das weißt Du auch. Er<lb/>
zieht ſie auf, ſie weiß nicht zu antworten. Du ſollſt<lb/>
für ſie antworten. Verſtehſt Du mich? Weißt ja<lb/>
Rath für alles, und wo der Unrath ſteckt. Nun<lb/>
zeig's mal, nicht mit der Feder, mit dem Maule.<lb/>
Wenn Du ſpitzig wirſt, iſt's gut; wenn Du grob<lb/>
wirſt, noch beſſer, 's iſt ſo Einer von denen, die<lb/>
die Beine über die Stuhllehne hängen, und's nicht<lb/>ſo genau nehmen, wenn ſie einem Bürger auf die<lb/>
Hühneraugen treten. Darum iſt es auch für den<lb/>
Bürger gut, wenn er dicke Schuhe trägt. Außerdem<lb/>
hat er ſehr viel Geld, alſo iſt er ſehr ungeſchliffen.<lb/>
Junge, ich bin Dein Vater, und verbiete Dir, Dich<lb/>
in Händel einzulaſſen. Aber wenn Ihr ſo von<lb/>
ungefähr an einander geriethet, will ich nichts davon<lb/>
wiſſen. Du haſt in Halle eine Klinge geſchlagen,<lb/>
in Deinem Stammbuch ſteht auf jeder Seite ein<lb/>
Kreuz von Hiebern. Außerdem hatte der Herr<lb/>
Schwertfegermeiſter die Gefälligkeit, ſeine Rechnung<lb/>
mir nach Berlin zu ſchicken. Ich erinnere Dich nun<lb/>
nicht darum daran, daß Du's mir wieder bezahlen<lb/>ſollſt, was ich für Dich gezahlt, ſondern —“</p><lb/><p>Walter lächelte: „Sie beſorgen, daß ich in<lb/>
Berlin unter meinen Büchern die Kunſt vergaß,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[235/0245]
Cornet, oder iſt er jetzt Lieutenant von den
Gensdarmen, ein Herr von Kickindiewelt, oder wie
er heißt, ſchleicht ihr auf Schritt und Tritt ſeit
letzter Redoute nach. Ein Libertin, ein Taugenichts,
ein Verſchwender. Minchen iſt ſchüchtern, und hat
das Pulver nicht erfunden, das weißt Du auch. Er
zieht ſie auf, ſie weiß nicht zu antworten. Du ſollſt
für ſie antworten. Verſtehſt Du mich? Weißt ja
Rath für alles, und wo der Unrath ſteckt. Nun
zeig's mal, nicht mit der Feder, mit dem Maule.
Wenn Du ſpitzig wirſt, iſt's gut; wenn Du grob
wirſt, noch beſſer, 's iſt ſo Einer von denen, die
die Beine über die Stuhllehne hängen, und's nicht
ſo genau nehmen, wenn ſie einem Bürger auf die
Hühneraugen treten. Darum iſt es auch für den
Bürger gut, wenn er dicke Schuhe trägt. Außerdem
hat er ſehr viel Geld, alſo iſt er ſehr ungeſchliffen.
Junge, ich bin Dein Vater, und verbiete Dir, Dich
in Händel einzulaſſen. Aber wenn Ihr ſo von
ungefähr an einander geriethet, will ich nichts davon
wiſſen. Du haſt in Halle eine Klinge geſchlagen,
in Deinem Stammbuch ſteht auf jeder Seite ein
Kreuz von Hiebern. Außerdem hatte der Herr
Schwertfegermeiſter die Gefälligkeit, ſeine Rechnung
mir nach Berlin zu ſchicken. Ich erinnere Dich nun
nicht darum daran, daß Du's mir wieder bezahlen
ſollſt, was ich für Dich gezahlt, ſondern —“
Walter lächelte: „Sie beſorgen, daß ich in
Berlin unter meinen Büchern die Kunſt vergaß,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/245>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.