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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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spitze Wort, das durch den süßen Händedruck nicht
verwischt wird. Ich hörte schon geschraubte Redens¬
arten zwischen der Mutter und Dir; ihr vergöttert
Kind will nicht mehr das flügge Vöglein im Neste
sein; sie begreift Dich nicht, aber Du begreifst sie
nur zu sehr. Und führst Du nicht etwa gegen mich
einen täglichen Krieg? Irgend wie mußt Du es mir
doch vergelten, daß Dir mein Anblick zuwider ist.
Da begnügst Du Dich, ein harmlos Mädchen, meine
häuslichen Anordnungen zu contrecariren, Du soulagirst
meinen Gatten in seinen Wünschen, die ich für seinen
Gesundheitszustand nicht angemessen finde, Du ver¬
tuschest die Unarten der Kinder hier, und bist ihnen
wohl selbst behülflich bei Näschereien, wenn sie auch
den Kindern schädlich sind. Wenn ich mit dem Ge¬
sinde zanke, wirkst Du begütigend hinter mei¬
nem Rücken, und umgehst auf unmerkliche Weise,
was ich bestimmte. O es ist ein angenehmes Gefühl,
von Kindern und Dienstboten als ihr Schutzengel
betrachtet zu werden, und während man ihre Liebe
eincassirt, ihren Haß gegen andre zu lenken, die nicht
so gütig sind, und es nicht sein dürfen, weil sie ihre
Pflicht dadurch verletzten. Und wie klug es von Dir
ist, es so heimlich zu thun, daß ich keinen Verdruß
davon habe! Die chinesische Vase dort ist mir ein theures
Andenken aus meinem elterlichen Hause. Wie geschickt
hast Du sie auf die Kante des Schrankes gestellt,
damit ich nicht täglich den Verdruß habe zu sehen,
wie die unartigen Kinder sie zerbrochen haben."

ſpitze Wort, das durch den ſüßen Händedruck nicht
verwiſcht wird. Ich hörte ſchon geſchraubte Redens¬
arten zwiſchen der Mutter und Dir; ihr vergöttert
Kind will nicht mehr das flügge Vöglein im Neſte
ſein; ſie begreift Dich nicht, aber Du begreifſt ſie
nur zu ſehr. Und führſt Du nicht etwa gegen mich
einen täglichen Krieg? Irgend wie mußt Du es mir
doch vergelten, daß Dir mein Anblick zuwider iſt.
Da begnügſt Du Dich, ein harmlos Mädchen, meine
häuslichen Anordnungen zu contrecariren, Du ſoulagirſt
meinen Gatten in ſeinen Wünſchen, die ich für ſeinen
Geſundheitszuſtand nicht angemeſſen finde, Du ver¬
tuſcheſt die Unarten der Kinder hier, und biſt ihnen
wohl ſelbſt behülflich bei Näſchereien, wenn ſie auch
den Kindern ſchädlich ſind. Wenn ich mit dem Ge¬
ſinde zanke, wirkſt Du begütigend hinter mei¬
nem Rücken, und umgehſt auf unmerkliche Weiſe,
was ich beſtimmte. O es iſt ein angenehmes Gefühl,
von Kindern und Dienſtboten als ihr Schutzengel
betrachtet zu werden, und während man ihre Liebe
eincaſſirt, ihren Haß gegen andre zu lenken, die nicht
ſo gütig ſind, und es nicht ſein dürfen, weil ſie ihre
Pflicht dadurch verletzten. Und wie klug es von Dir
iſt, es ſo heimlich zu thun, daß ich keinen Verdruß
davon habe! Die chineſiſche Vaſe dort iſt mir ein theures
Andenken aus meinem elterlichen Hauſe. Wie geſchickt
haſt Du ſie auf die Kante des Schrankes geſtellt,
damit ich nicht täglich den Verdruß habe zu ſehen,
wie die unartigen Kinder ſie zerbrochen haben.“

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[217/0227] ſpitze Wort, das durch den ſüßen Händedruck nicht verwiſcht wird. Ich hörte ſchon geſchraubte Redens¬ arten zwiſchen der Mutter und Dir; ihr vergöttert Kind will nicht mehr das flügge Vöglein im Neſte ſein; ſie begreift Dich nicht, aber Du begreifſt ſie nur zu ſehr. Und führſt Du nicht etwa gegen mich einen täglichen Krieg? Irgend wie mußt Du es mir doch vergelten, daß Dir mein Anblick zuwider iſt. Da begnügſt Du Dich, ein harmlos Mädchen, meine häuslichen Anordnungen zu contrecariren, Du ſoulagirſt meinen Gatten in ſeinen Wünſchen, die ich für ſeinen Geſundheitszuſtand nicht angemeſſen finde, Du ver¬ tuſcheſt die Unarten der Kinder hier, und biſt ihnen wohl ſelbſt behülflich bei Näſchereien, wenn ſie auch den Kindern ſchädlich ſind. Wenn ich mit dem Ge¬ ſinde zanke, wirkſt Du begütigend hinter mei¬ nem Rücken, und umgehſt auf unmerkliche Weiſe, was ich beſtimmte. O es iſt ein angenehmes Gefühl, von Kindern und Dienſtboten als ihr Schutzengel betrachtet zu werden, und während man ihre Liebe eincaſſirt, ihren Haß gegen andre zu lenken, die nicht ſo gütig ſind, und es nicht ſein dürfen, weil ſie ihre Pflicht dadurch verletzten. Und wie klug es von Dir iſt, es ſo heimlich zu thun, daß ich keinen Verdruß davon habe! Die chineſiſche Vaſe dort iſt mir ein theures Andenken aus meinem elterlichen Hauſe. Wie geſchickt haſt Du ſie auf die Kante des Schrankes geſtellt, damit ich nicht täglich den Verdruß habe zu ſehen, wie die unartigen Kinder ſie zerbrochen haben.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/227>, abgerufen am 24.11.2024.