Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.nieder, das entrüstet aufgeblickt. Von der Rede "Das Wort wird Dir wohl täglich schwerer. "Meine Mutter, Sie martern mich." "Das ist unser aller Loos. Wir alle werden "Das Gesetz der Rache!" "Nenne es, wie Du willst. Es giebt nur zwei nieder, das entrüſtet aufgeblickt. Von der Rede „Das Wort wird Dir wohl täglich ſchwerer. „Meine Mutter, Sie martern mich.“ „Das iſt unſer aller Loos. Wir alle werden „Das Geſetz der Rache!“ „Nenne es, wie Du willſt. Es giebt nur zwei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0220" n="210"/> nieder, das entrüſtet aufgeblickt. Von der Rede<lb/> kamen nur die Worte heraus: „Meine Mutter —“</p><lb/> <p>„Das Wort wird Dir wohl täglich ſchwerer.<lb/> Aber ſo lange Du Dich bewogen findeſt in dieſem<lb/> Verhältniß zu bleiben, iſt es doch gut, daß Du Dich<lb/> vor den Andern bezwingſt, Liebe gegen mich zu<lb/> zeigen.“</p><lb/> <p>„Meine Mutter, Sie martern mich.“</p><lb/> <p>„Das iſt unſer aller Loos. Wir alle werden<lb/> gemartert von den Verhältniſſen, vom Urtheil der<lb/> Menſchen; bis wir gleichgültig werden, ſagen die<lb/> Leute. Das iſt nicht wahr, man wird nicht gleich¬<lb/> gültig, wenn man ſich nicht ſchon aufgegeben hat.<lb/> Nur wer ſo weit iſt, daß er alle Hoffnung fahren<lb/> ließ, nimmt die Tritte und ſpitzen Stiche ruhig hin.<lb/> Wer ſich noch fühlt, ruht nicht, bis er Andre wieder<lb/> martern kann. Sieh mich immerhin verwundert an;<lb/> es iſt ſo, es iſt das Geſetz der Welt.“</p><lb/> <p>„Das Geſetz der Rache!“</p><lb/> <p>„Nenne es, wie Du willſt. Es giebt nur zwei<lb/> Gattungen Weſen, Unterdrücker und Unterdrückte.<lb/> Wo Du hinſiehſt, ſo iſt es. Das iſt eine Phantaſie<lb/> aus der Vorzeit, daß es freie Menſchen gäbe; ſie<lb/> ſind von unſerer Cultur ſo ausgerottet wie die<lb/> wilden Thiergeſchlechter. Denn die noch da ſind,<lb/> ſind doch ſchon unterworfene Geſchöpfe. Der Menſch<lb/> hegt und erhält ſie, um ſie zu fangen, ſchießen, je<lb/> wie es ihm beliebt. Der Hirſch, der Haſe, iſt ſo<lb/> ſein Eigenthum, daß er ſchon unverbrüchliche Geſetze<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0220]
nieder, das entrüſtet aufgeblickt. Von der Rede
kamen nur die Worte heraus: „Meine Mutter —“
„Das Wort wird Dir wohl täglich ſchwerer.
Aber ſo lange Du Dich bewogen findeſt in dieſem
Verhältniß zu bleiben, iſt es doch gut, daß Du Dich
vor den Andern bezwingſt, Liebe gegen mich zu
zeigen.“
„Meine Mutter, Sie martern mich.“
„Das iſt unſer aller Loos. Wir alle werden
gemartert von den Verhältniſſen, vom Urtheil der
Menſchen; bis wir gleichgültig werden, ſagen die
Leute. Das iſt nicht wahr, man wird nicht gleich¬
gültig, wenn man ſich nicht ſchon aufgegeben hat.
Nur wer ſo weit iſt, daß er alle Hoffnung fahren
ließ, nimmt die Tritte und ſpitzen Stiche ruhig hin.
Wer ſich noch fühlt, ruht nicht, bis er Andre wieder
martern kann. Sieh mich immerhin verwundert an;
es iſt ſo, es iſt das Geſetz der Welt.“
„Das Geſetz der Rache!“
„Nenne es, wie Du willſt. Es giebt nur zwei
Gattungen Weſen, Unterdrücker und Unterdrückte.
Wo Du hinſiehſt, ſo iſt es. Das iſt eine Phantaſie
aus der Vorzeit, daß es freie Menſchen gäbe; ſie
ſind von unſerer Cultur ſo ausgerottet wie die
wilden Thiergeſchlechter. Denn die noch da ſind,
ſind doch ſchon unterworfene Geſchöpfe. Der Menſch
hegt und erhält ſie, um ſie zu fangen, ſchießen, je
wie es ihm beliebt. Der Hirſch, der Haſe, iſt ſo
ſein Eigenthum, daß er ſchon unverbrüchliche Geſetze
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |