Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

so 'rüber legen! -- Was man mit den Kindern Noth
hat. -- Und da das blutjunge Gesicht -- ach Du
liebe Seele, der hinkt, hat sich die Füße durchge¬
laufen -- Was 'ne unsterbliche Menschenseele nicht
ertragen muß! -- Und staubig, alle wie gepudert! --
Liebechen! rief sie hinunter, -- sehn Sie, Dem da
schenken Sie 'ne Tasse Kaffee! Er friert so, und ein
so hübscher Mensch. -- Sieht sie's wieder nicht, die
Lisette! -- Nu ist er fort! -- Na 's wird wohl noch
andre mitleidige Seelen geben. -- Was so ein Tor¬
nister drücken muß! -- Fritz, wenn Du auch solche
grausame Flinte auf dem Buckel tragen müßtest --
Nu paß Acht, nu kommt der Tambour. Hurrje,
hurrje! hörst Du, wie er schlägt!"

"Will auch Trommler werden," sagte der Junge.

"Nein, Fritzchen, da wirst Du todt geschossen.
Das ist nur für ordinaire Leute. Guter Leute
Kinder, die sind zu was anderm da."

"Will Trommler werden! wiederholte der Trotz¬
kopf. Papa hat's gesagt."

"Ja, wenn Du ein Taugenichts wirst, dann
wirst Du unter die Soldaten gesteckt."

Das Fritzchen schrie und stampfte auf die Erde.
"Du Olle, Du sollst mir's nicht verbieten, Du hast
mir nichts zu verbieten."

"Range Du! Untersteh Dich und kneif noch
mal. Wenn wir nicht bei hübschen Leuten wären,
kriegtest Du eins hinter die Ohren, daß Du Dich
wundern sollst."

ſo 'rüber legen! — Was man mit den Kindern Noth
hat. — Und da das blutjunge Geſicht — ach Du
liebe Seele, der hinkt, hat ſich die Füße durchge¬
laufen — Was 'ne unſterbliche Menſchenſeele nicht
ertragen muß! — Und ſtaubig, alle wie gepudert! —
Liebechen! rief ſie hinunter, — ſehn Sie, Dem da
ſchenken Sie 'ne Taſſe Kaffee! Er friert ſo, und ein
ſo hübſcher Menſch. — Sieht ſie's wieder nicht, die
Liſette! — Nu iſt er fort! — Na 's wird wohl noch
andre mitleidige Seelen geben. — Was ſo ein Tor¬
niſter drücken muß! — Fritz, wenn Du auch ſolche
grauſame Flinte auf dem Buckel tragen müßteſt —
Nu paß Acht, nu kommt der Tambour. Hurrje,
hurrje! hörſt Du, wie er ſchlägt!“

„Will auch Trommler werden,“ ſagte der Junge.

„Nein, Fritzchen, da wirſt Du todt geſchoſſen.
Das iſt nur für ordinaire Leute. Guter Leute
Kinder, die ſind zu was anderm da.“

„Will Trommler werden! wiederholte der Trotz¬
kopf. Papa hat's geſagt.“

„Ja, wenn Du ein Taugenichts wirſt, dann
wirſt Du unter die Soldaten geſteckt.“

Das Fritzchen ſchrie und ſtampfte auf die Erde.
„Du Olle, Du ſollſt mir's nicht verbieten, Du haſt
mir nichts zu verbieten.“

„Range Du! Unterſteh Dich und kneif noch
mal. Wenn wir nicht bei hübſchen Leuten wären,
kriegteſt Du eins hinter die Ohren, daß Du Dich
wundern ſollſt.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="10"/>
&#x017F;o 'rüber legen! &#x2014; Was man mit den Kindern Noth<lb/>
hat. &#x2014; Und da das blutjunge Ge&#x017F;icht &#x2014; ach Du<lb/>
liebe Seele, der hinkt, hat &#x017F;ich die Füße durchge¬<lb/>
laufen &#x2014; Was 'ne un&#x017F;terbliche Men&#x017F;chen&#x017F;eele nicht<lb/>
ertragen muß! &#x2014; Und &#x017F;taubig, alle wie gepudert! &#x2014;<lb/>
Liebechen! rief &#x017F;ie hinunter, &#x2014; &#x017F;ehn Sie, Dem da<lb/>
&#x017F;chenken Sie 'ne Ta&#x017F;&#x017F;e Kaffee! Er friert &#x017F;o, und ein<lb/>
&#x017F;o hüb&#x017F;cher Men&#x017F;ch. &#x2014; Sieht &#x017F;ie's wieder nicht, die<lb/>
Li&#x017F;ette! &#x2014; Nu i&#x017F;t er fort! &#x2014; Na 's wird wohl noch<lb/>
andre mitleidige Seelen geben. &#x2014; Was &#x017F;o ein Tor¬<lb/>
ni&#x017F;ter drücken muß! &#x2014; Fritz, wenn Du auch &#x017F;olche<lb/>
grau&#x017F;ame Flinte auf dem Buckel tragen müßte&#x017F;t &#x2014;<lb/>
Nu paß Acht, nu kommt der Tambour. Hurrje,<lb/>
hurrje! hör&#x017F;t Du, wie er &#x017F;chlägt!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Will auch Trommler werden,&#x201C; &#x017F;agte der Junge.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, Fritzchen, da wir&#x017F;t Du todt ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Das i&#x017F;t nur für ordinaire Leute. Guter Leute<lb/>
Kinder, die &#x017F;ind zu was anderm da.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Will Trommler werden! wiederholte der Trotz¬<lb/>
kopf. Papa hat's ge&#x017F;agt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, wenn Du ein Taugenichts wir&#x017F;t, dann<lb/>
wir&#x017F;t Du unter die Soldaten ge&#x017F;teckt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Das Fritzchen &#x017F;chrie und &#x017F;tampfte auf die Erde.<lb/>
&#x201E;Du Olle, Du &#x017F;oll&#x017F;t mir's nicht verbieten, Du ha&#x017F;t<lb/>
mir nichts zu verbieten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Range Du! Unter&#x017F;teh Dich und kneif noch<lb/>
mal. Wenn wir nicht bei hüb&#x017F;chen Leuten wären,<lb/>
kriegte&#x017F;t Du eins hinter die Ohren, daß Du Dich<lb/>
wundern &#x017F;oll&#x017F;t.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0020] ſo 'rüber legen! — Was man mit den Kindern Noth hat. — Und da das blutjunge Geſicht — ach Du liebe Seele, der hinkt, hat ſich die Füße durchge¬ laufen — Was 'ne unſterbliche Menſchenſeele nicht ertragen muß! — Und ſtaubig, alle wie gepudert! — Liebechen! rief ſie hinunter, — ſehn Sie, Dem da ſchenken Sie 'ne Taſſe Kaffee! Er friert ſo, und ein ſo hübſcher Menſch. — Sieht ſie's wieder nicht, die Liſette! — Nu iſt er fort! — Na 's wird wohl noch andre mitleidige Seelen geben. — Was ſo ein Tor¬ niſter drücken muß! — Fritz, wenn Du auch ſolche grauſame Flinte auf dem Buckel tragen müßteſt — Nu paß Acht, nu kommt der Tambour. Hurrje, hurrje! hörſt Du, wie er ſchlägt!“ „Will auch Trommler werden,“ ſagte der Junge. „Nein, Fritzchen, da wirſt Du todt geſchoſſen. Das iſt nur für ordinaire Leute. Guter Leute Kinder, die ſind zu was anderm da.“ „Will Trommler werden! wiederholte der Trotz¬ kopf. Papa hat's geſagt.“ „Ja, wenn Du ein Taugenichts wirſt, dann wirſt Du unter die Soldaten geſteckt.“ Das Fritzchen ſchrie und ſtampfte auf die Erde. „Du Olle, Du ſollſt mir's nicht verbieten, Du haſt mir nichts zu verbieten.“ „Range Du! Unterſteh Dich und kneif noch mal. Wenn wir nicht bei hübſchen Leuten wären, kriegteſt Du eins hinter die Ohren, daß Du Dich wundern ſollſt.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/20
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/20>, abgerufen am 23.11.2024.