meiner Seele. Nein, wahr und wahrhaftig, ich that ihm nichts, ich bin unschuldig; es ist was anderes dazwischen gekommen."
Die Fürstin war in ein Sinnen verfallen, das nicht zu der Art Theilnahme stimmte, welche sie der schönen Frau bisher angedeihen ließ. Sie hatte sich wieder mit sich selbst beschäftigt. So paßte auch ihre Entgegnung nicht ganz zu dem eben Gesagten:
"Das ist der Kobold, meine Freundin, der uns alle neckt: es kommt uns allen, bei unsern besten Entschlüssen, unsern edelsten Bestrebungen, etwas da¬ zwischen, worauf wir nicht gerechnet. Da glaubten wir, mit Jahre langen Mühen, mit gesparter Kraft die Hindernisse beseitigt, wir eilten schon mit offenen Armen dem Ziele entgegen, und plötzlich straucheln wir -- Gott weiß woran, wir wissen es selbst nicht, an einem Ball, den eine Kinderhand uns zwischen die Füße warf, am Reflex einer Scheibe, und wir glauben eine Mauer, einen Abgrund vor uns zu sehen. Wir müssen über uns lachen, wir ärgern, schämen uns, daß es so sein konnte, aber es ist so, und wir sind vom Ziele ab, wir müssen von neuem anfangen. Die Menschen nennen es Zufall. Nein, meine Freundin, es ist der ewige Dämon, der uns von der Wiege an belauscht bis ans Grab, um, wenn wir schwach werden, uns zu fassen. Dagegen können wir auch nichts, gar nichts. Es ist vielleicht ver¬ messen ihm absolut widerstehn zu wollen, denn mit unsrer Kraft ists nicht gethan. Besser geschehen lassen
meiner Seele. Nein, wahr und wahrhaftig, ich that ihm nichts, ich bin unſchuldig; es iſt was anderes dazwiſchen gekommen.“
Die Fürſtin war in ein Sinnen verfallen, das nicht zu der Art Theilnahme ſtimmte, welche ſie der ſchönen Frau bisher angedeihen ließ. Sie hatte ſich wieder mit ſich ſelbſt beſchäftigt. So paßte auch ihre Entgegnung nicht ganz zu dem eben Geſagten:
„Das iſt der Kobold, meine Freundin, der uns alle neckt: es kommt uns allen, bei unſern beſten Entſchlüſſen, unſern edelſten Beſtrebungen, etwas da¬ zwiſchen, worauf wir nicht gerechnet. Da glaubten wir, mit Jahre langen Mühen, mit geſparter Kraft die Hinderniſſe beſeitigt, wir eilten ſchon mit offenen Armen dem Ziele entgegen, und plötzlich ſtraucheln wir — Gott weiß woran, wir wiſſen es ſelbſt nicht, an einem Ball, den eine Kinderhand uns zwiſchen die Füße warf, am Reflex einer Scheibe, und wir glauben eine Mauer, einen Abgrund vor uns zu ſehen. Wir müſſen über uns lachen, wir ärgern, ſchämen uns, daß es ſo ſein konnte, aber es iſt ſo, und wir ſind vom Ziele ab, wir müſſen von neuem anfangen. Die Menſchen nennen es Zufall. Nein, meine Freundin, es iſt der ewige Dämon, der uns von der Wiege an belauſcht bis ans Grab, um, wenn wir ſchwach werden, uns zu faſſen. Dagegen können wir auch nichts, gar nichts. Es iſt vielleicht ver¬ meſſen ihm abſolut widerſtehn zu wollen, denn mit unſrer Kraft iſts nicht gethan. Beſſer geſchehen laſſen
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meiner Seele. Nein, wahr und wahrhaftig, ich that
ihm nichts, ich bin unſchuldig; es iſt was anderes
dazwiſchen gekommen.“
Die Fürſtin war in ein Sinnen verfallen, das
nicht zu der Art Theilnahme ſtimmte, welche ſie der
ſchönen Frau bisher angedeihen ließ. Sie hatte ſich
wieder mit ſich ſelbſt beſchäftigt. So paßte auch ihre
Entgegnung nicht ganz zu dem eben Geſagten:
„Das iſt der Kobold, meine Freundin, der uns
alle neckt: es kommt uns allen, bei unſern beſten
Entſchlüſſen, unſern edelſten Beſtrebungen, etwas da¬
zwiſchen, worauf wir nicht gerechnet. Da glaubten
wir, mit Jahre langen Mühen, mit geſparter Kraft
die Hinderniſſe beſeitigt, wir eilten ſchon mit offenen
Armen dem Ziele entgegen, und plötzlich ſtraucheln
wir — Gott weiß woran, wir wiſſen es ſelbſt nicht,
an einem Ball, den eine Kinderhand uns zwiſchen
die Füße warf, am Reflex einer Scheibe, und wir
glauben eine Mauer, einen Abgrund vor uns zu
ſehen. Wir müſſen über uns lachen, wir ärgern,
ſchämen uns, daß es ſo ſein konnte, aber es iſt ſo,
und wir ſind vom Ziele ab, wir müſſen von neuem
anfangen. Die Menſchen nennen es Zufall. Nein,
meine Freundin, es iſt der ewige Dämon, der uns
von der Wiege an belauſcht bis ans Grab, um, wenn
wir ſchwach werden, uns zu faſſen. Dagegen können
wir auch nichts, gar nichts. Es iſt vielleicht ver¬
meſſen ihm abſolut widerſtehn zu wollen, denn mit
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/177>, abgerufen am 25.11.2024.
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