verbiete es Ihnen, Herr von Wandel. Wer nur eine Komödie sehen will, gehört hier nicht hinein."
"So werde ich Erlaucht wieder an der Thür erwarten."
"Reisen Sie nach Berlin."
"Sie können doch nicht allein zurück. Wer weiß ob die Scene Sie nicht afficirt. Soll ich Ihren Jäger mit der Kammerfrau herbestellen?"
Sie schüttelte den Kopf: "Es giebt Momente, wo man das Bedürfniß fühlt allein zu sein."
Der Legationsrath schien die Frage auch an sich zu stellen, als er draußen mit gekreuzten Armen eine Weile stehen blieb, die Augen in das zerrissene Ge¬ wölk gerichtet. Er hatte sich oft Mühe gegeben, un verwandten Blickes in die Sonne zu sehen, jetzt ver¬ droß es ihn, daß er nicht mal ohne Augenblinken den Mondenstrahl ertragen konnte, so oft er plötzlich aus den Wolken trat, die an ihm vorüber rollten: "Selt¬ sam! Es liegt nur in den Augennerven, in der schwachen Wurzelconstruction der Wimpern. Wenn man sie von Draht machen könnte, müßte man auch dem glühenden Feuerball ins Gesicht sehen. Und diese Frau --" ein heiseres Gelächter machte sich Luft -- "sie spielt mit ihren Illusionen wie der Taschenspieler mit seinen Karten und doch -- in der unbewachten Stunde zittert sie als Sklavin vor dem selbst beschworenen Gespenst! Vielleicht des Weibes Natur, sie kann nicht immer wachen. Aber der Mann -- ?"
verbiete es Ihnen, Herr von Wandel. Wer nur eine Komödie ſehen will, gehört hier nicht hinein.“
„So werde ich Erlaucht wieder an der Thür erwarten.“
„Reiſen Sie nach Berlin.“
„Sie können doch nicht allein zurück. Wer weiß ob die Scene Sie nicht afficirt. Soll ich Ihren Jäger mit der Kammerfrau herbeſtellen?“
Sie ſchüttelte den Kopf: „Es giebt Momente, wo man das Bedürfniß fühlt allein zu ſein.“
Der Legationsrath ſchien die Frage auch an ſich zu ſtellen, als er draußen mit gekreuzten Armen eine Weile ſtehen blieb, die Augen in das zerriſſene Ge¬ wölk gerichtet. Er hatte ſich oft Mühe gegeben, un verwandten Blickes in die Sonne zu ſehen, jetzt ver¬ droß es ihn, daß er nicht mal ohne Augenblinken den Mondenſtrahl ertragen konnte, ſo oft er plötzlich aus den Wolken trat, die an ihm vorüber rollten: „Selt¬ ſam! Es liegt nur in den Augennerven, in der ſchwachen Wurzelconſtruction der Wimpern. Wenn man ſie von Draht machen könnte, müßte man auch dem glühenden Feuerball ins Geſicht ſehen. Und dieſe Frau —“ ein heiſeres Gelächter machte ſich Luft — „ſie ſpielt mit ihren Illuſionen wie der Taſchenſpieler mit ſeinen Karten und doch — in der unbewachten Stunde zittert ſie als Sklavin vor dem ſelbſt beſchworenen Geſpenſt! Vielleicht des Weibes Natur, ſie kann nicht immer wachen. Aber der Mann — ?“
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verbiete es Ihnen, Herr von Wandel. Wer nur
eine Komödie ſehen will, gehört hier nicht hinein.“
„So werde ich Erlaucht wieder an der Thür
erwarten.“
„Reiſen Sie nach Berlin.“
„Sie können doch nicht allein zurück. Wer weiß
ob die Scene Sie nicht afficirt. Soll ich Ihren
Jäger mit der Kammerfrau herbeſtellen?“
Sie ſchüttelte den Kopf: „Es giebt Momente,
wo man das Bedürfniß fühlt allein zu ſein.“
Der Legationsrath ſchien die Frage auch an ſich
zu ſtellen, als er draußen mit gekreuzten Armen eine
Weile ſtehen blieb, die Augen in das zerriſſene Ge¬
wölk gerichtet. Er hatte ſich oft Mühe gegeben, un
verwandten Blickes in die Sonne zu ſehen, jetzt ver¬
droß es ihn, daß er nicht mal ohne Augenblinken den
Mondenſtrahl ertragen konnte, ſo oft er plötzlich aus
den Wolken trat, die an ihm vorüber rollten: „Selt¬
ſam! Es liegt nur in den Augennerven, in der
ſchwachen Wurzelconſtruction der Wimpern. Wenn
man ſie von Draht machen könnte, müßte man auch
dem glühenden Feuerball ins Geſicht ſehen. Und
dieſe Frau —“ ein heiſeres Gelächter machte ſich
Luft — „ſie ſpielt mit ihren Illuſionen wie der
Taſchenſpieler mit ſeinen Karten und doch — in der
unbewachten Stunde zittert ſie als Sklavin vor dem
ſelbſt beſchworenen Geſpenſt! Vielleicht des Weibes
Natur, ſie kann nicht immer wachen. Aber der
Mann — ?“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/164>, abgerufen am 08.07.2024.
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