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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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sehr damit zufrieden. -- Ach, und wissen Sie schon
vom Kriegsrath Alltag?"

"Was?"

"Wird Geheimer Tresorier des Königs, Titel
Geheimrath. Da ist auch nur eine Stimme: Der
hats verdient! Mit seiner Demoiselle Tochter wird
er nun auch höher heraus wollen. Wer verdenkt
es ihm?"

"Adieu, Herr Pathe!"

Der Pathe hielt seine Hand fest. Sein schlaues
Lächeln schien noch ein Geheimniß zu verstecken.

"Heraus damit!"

"Ich sehe einen verlornen Sohn --"

"Wo?"

"Im Comptoir seines Vaters."

"Und was brachte ihn dahin?"

Der Kastellan hielt beide Hände wie ein Sprach¬
rohr an seines Pathen Ohr, daß es die Bäume nicht
hören sollten, und schrie hinein: "Minchen Schlar¬
baum! Sechzig tausend Thaler!"

Ein Mann in mittleren Jahren war während
dieses Gespräches in der Seitenallee auf und ab ge¬
gangen. Walter hatte ihn bemerkt, ohne auf ihn zu
achten. Der Fremde, sichtlich von einem Gedanken
bewegt, hatte die beiden kaum gesehen. Als der Pathe
nach jener, wie er meinte, sehr feinen Insinuation
rasch fortgeeilt war, hatte sich Walter in die Allee
gewandt. Der Sonnenball versank gerade hinter
den Brauhausbergen. Walter faßte an seine Brust

ſehr damit zufrieden. — Ach, und wiſſen Sie ſchon
vom Kriegsrath Alltag?“

„Was?“

„Wird Geheimer Treſorier des Königs, Titel
Geheimrath. Da iſt auch nur eine Stimme: Der
hats verdient! Mit ſeiner Demoiſelle Tochter wird
er nun auch höher heraus wollen. Wer verdenkt
es ihm?“

„Adieu, Herr Pathe!“

Der Pathe hielt ſeine Hand feſt. Sein ſchlaues
Lächeln ſchien noch ein Geheimniß zu verſtecken.

„Heraus damit!“

„Ich ſehe einen verlornen Sohn —“

„Wo?“

„Im Comptoir ſeines Vaters.“

„Und was brachte ihn dahin?“

Der Kaſtellan hielt beide Hände wie ein Sprach¬
rohr an ſeines Pathen Ohr, daß es die Bäume nicht
hören ſollten, und ſchrie hinein: „Minchen Schlar¬
baum! Sechzig tauſend Thaler!“

Ein Mann in mittleren Jahren war während
dieſes Geſpräches in der Seitenallee auf und ab ge¬
gangen. Walter hatte ihn bemerkt, ohne auf ihn zu
achten. Der Fremde, ſichtlich von einem Gedanken
bewegt, hatte die beiden kaum geſehen. Als der Pathe
nach jener, wie er meinte, ſehr feinen Inſinuation
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[142/0152] ſehr damit zufrieden. — Ach, und wiſſen Sie ſchon vom Kriegsrath Alltag?“ „Was?“ „Wird Geheimer Treſorier des Königs, Titel Geheimrath. Da iſt auch nur eine Stimme: Der hats verdient! Mit ſeiner Demoiſelle Tochter wird er nun auch höher heraus wollen. Wer verdenkt es ihm?“ „Adieu, Herr Pathe!“ Der Pathe hielt ſeine Hand feſt. Sein ſchlaues Lächeln ſchien noch ein Geheimniß zu verſtecken. „Heraus damit!“ „Ich ſehe einen verlornen Sohn —“ „Wo?“ „Im Comptoir ſeines Vaters.“ „Und was brachte ihn dahin?“ Der Kaſtellan hielt beide Hände wie ein Sprach¬ rohr an ſeines Pathen Ohr, daß es die Bäume nicht hören ſollten, und ſchrie hinein: „Minchen Schlar¬ baum! Sechzig tauſend Thaler!“ Ein Mann in mittleren Jahren war während dieſes Geſpräches in der Seitenallee auf und ab ge¬ gangen. Walter hatte ihn bemerkt, ohne auf ihn zu achten. Der Fremde, ſichtlich von einem Gedanken bewegt, hatte die beiden kaum geſehen. Als der Pathe nach jener, wie er meinte, ſehr feinen Inſinuation raſch fortgeeilt war, hatte ſich Walter in die Allee gewandt. Der Sonnenball verſank gerade hinter den Brauhausbergen. Walter faßte an ſeine Bruſt

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/152>, abgerufen am 25.11.2024.