Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

das nicht mehr! Herr, was wir sind und haben, ist
sein Werk, unser Name, unsre Straßen, unsre Häfen,
unsre Ordnung, unser Respect. Sein Auge leuchtete
als Stern den Unterdrückten. Sein Wort, das er
donnerte, als der Müller Arnold klagte, dröhnte durch
Europa, und es wird durch die Welt hallen so lange
sie steht. Sein Wort, daß jeder in seinem Staate
selig werden solle, wie er will, Gott Vater im Him¬
mel, kann denn das je vergessen werden!"

"Walte der! setzte er nach einer Weile hinzu,
indem er den Hut von der Stirn nahm, es war wohl
um zu verbergen, daß er die Hände im Schooß fal¬
tete. Walte der da oben, daß jetzt sein Geist da
unten mitspricht!"

"Amen!" rief bewegt der jüngere Mann.

Der Officier bemerkte es, wie er heftig dabei
die Arme verschränkte, und finster in sich schaute. Er
warf ihm einen ersten freundlichen Blick zu:

"Sein Werk ist doch wohl noch nicht untergegan¬
gen, denn sein Volk lebt noch!"

"Und er zögerte nicht Ja zu sagen, fiel Walter
ein, wenn eine halbe Welt ihn zu beschwören kommt."

"Nein, sagte der Alte jetzt aufstehend, aber der
große König hätte sich nicht beschwören lassen, er wäre
der halben Welt zuvorgekommen, und hätte den Degen
gezogen, und sie beschworen, daß sie ihm folgen mußte.
Das ists, da liegt der Unterschied. Wo wir drauf¬
losgingen, siegten wir; wo wir's an uns kommen
ließen, zogen wir den Kürzern."

das nicht mehr! Herr, was wir ſind und haben, iſt
ſein Werk, unſer Name, unſre Straßen, unſre Häfen,
unſre Ordnung, unſer Reſpect. Sein Auge leuchtete
als Stern den Unterdrückten. Sein Wort, das er
donnerte, als der Müller Arnold klagte, dröhnte durch
Europa, und es wird durch die Welt hallen ſo lange
ſie ſteht. Sein Wort, daß jeder in ſeinem Staate
ſelig werden ſolle, wie er will, Gott Vater im Him¬
mel, kann denn das je vergeſſen werden!“

„Walte der! ſetzte er nach einer Weile hinzu,
indem er den Hut von der Stirn nahm, es war wohl
um zu verbergen, daß er die Hände im Schooß fal¬
tete. Walte der da oben, daß jetzt ſein Geiſt da
unten mitſpricht!“

„Amen!“ rief bewegt der jüngere Mann.

Der Officier bemerkte es, wie er heftig dabei
die Arme verſchränkte, und finſter in ſich ſchaute. Er
warf ihm einen erſten freundlichen Blick zu:

„Sein Werk iſt doch wohl noch nicht untergegan¬
gen, denn ſein Volk lebt noch!“

„Und er zögerte nicht Ja zu ſagen, fiel Walter
ein, wenn eine halbe Welt ihn zu beſchwören kommt.“

„Nein, ſagte der Alte jetzt aufſtehend, aber der
große König hätte ſich nicht beſchwören laſſen, er wäre
der halben Welt zuvorgekommen, und hätte den Degen
gezogen, und ſie beſchworen, daß ſie ihm folgen mußte.
Das iſts, da liegt der Unterſchied. Wo wir drauf¬
losgingen, ſiegten wir; wo wir's an uns kommen
ließen, zogen wir den Kürzern.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0140" n="130"/>
das nicht mehr! Herr, was wir &#x017F;ind und haben, i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ein Werk, un&#x017F;er Name, un&#x017F;re Straßen, un&#x017F;re Häfen,<lb/>
un&#x017F;re Ordnung, un&#x017F;er Re&#x017F;pect. Sein Auge leuchtete<lb/>
als Stern den Unterdrückten. Sein Wort, das er<lb/>
donnerte, als der Müller Arnold klagte, dröhnte durch<lb/>
Europa, und es wird durch die Welt hallen &#x017F;o lange<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;teht. Sein Wort, daß jeder in &#x017F;einem Staate<lb/>
&#x017F;elig werden &#x017F;olle, wie er will, Gott Vater im Him¬<lb/>
mel, kann denn das je verge&#x017F;&#x017F;en werden!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Walte <hi rendition="#g">der</hi>! &#x017F;etzte er nach einer Weile hinzu,<lb/>
indem er den Hut von der Stirn nahm, es war wohl<lb/>
um zu verbergen, daß er die Hände im Schooß fal¬<lb/>
tete. Walte der da oben, daß jetzt &#x017F;ein Gei&#x017F;t da<lb/>
unten mit&#x017F;pricht!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Amen!&#x201C; rief bewegt der jüngere Mann.</p><lb/>
        <p>Der Officier bemerkte es, wie er heftig dabei<lb/>
die Arme ver&#x017F;chränkte, und fin&#x017F;ter in &#x017F;ich &#x017F;chaute. Er<lb/>
warf ihm einen er&#x017F;ten freundlichen Blick zu:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sein Werk i&#x017F;t doch wohl noch nicht untergegan¬<lb/>
gen, denn &#x017F;ein Volk lebt noch!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und er zögerte nicht Ja zu &#x017F;agen, fiel Walter<lb/>
ein, wenn eine halbe Welt ihn zu be&#x017F;chwören kommt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, &#x017F;agte der Alte jetzt auf&#x017F;tehend, aber der<lb/>
große König hätte &#x017F;ich nicht be&#x017F;chwören la&#x017F;&#x017F;en, er wäre<lb/>
der halben Welt zuvorgekommen, und hätte den Degen<lb/>
gezogen, und &#x017F;ie be&#x017F;chworen, daß &#x017F;ie ihm folgen mußte.<lb/>
Das i&#x017F;ts, da liegt der Unter&#x017F;chied. Wo wir drauf¬<lb/>
losgingen, &#x017F;iegten wir; wo wir's an uns kommen<lb/>
ließen, zogen wir den Kürzern.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0140] das nicht mehr! Herr, was wir ſind und haben, iſt ſein Werk, unſer Name, unſre Straßen, unſre Häfen, unſre Ordnung, unſer Reſpect. Sein Auge leuchtete als Stern den Unterdrückten. Sein Wort, das er donnerte, als der Müller Arnold klagte, dröhnte durch Europa, und es wird durch die Welt hallen ſo lange ſie ſteht. Sein Wort, daß jeder in ſeinem Staate ſelig werden ſolle, wie er will, Gott Vater im Him¬ mel, kann denn das je vergeſſen werden!“ „Walte der! ſetzte er nach einer Weile hinzu, indem er den Hut von der Stirn nahm, es war wohl um zu verbergen, daß er die Hände im Schooß fal¬ tete. Walte der da oben, daß jetzt ſein Geiſt da unten mitſpricht!“ „Amen!“ rief bewegt der jüngere Mann. Der Officier bemerkte es, wie er heftig dabei die Arme verſchränkte, und finſter in ſich ſchaute. Er warf ihm einen erſten freundlichen Blick zu: „Sein Werk iſt doch wohl noch nicht untergegan¬ gen, denn ſein Volk lebt noch!“ „Und er zögerte nicht Ja zu ſagen, fiel Walter ein, wenn eine halbe Welt ihn zu beſchwören kommt.“ „Nein, ſagte der Alte jetzt aufſtehend, aber der große König hätte ſich nicht beſchwören laſſen, er wäre der halben Welt zuvorgekommen, und hätte den Degen gezogen, und ſie beſchworen, daß ſie ihm folgen mußte. Das iſts, da liegt der Unterſchied. Wo wir drauf¬ losgingen, ſiegten wir; wo wir's an uns kommen ließen, zogen wir den Kürzern.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/140
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/140>, abgerufen am 24.11.2024.