Theilten nur die mit Sternen und Bändern die fieberhafte Stimmung? Auch unter dem schlichten Bürgerrock schlugen warme Herzen, bang, sehnsuchts¬ voll, der Entscheidung entgegen. Nicht alle, vielleicht nicht viele unter den Vielen, aber alle fühlten, was es galt. Wenn nicht das Vaterland selbst, doch seine gefährdete Ehre. Und es war eine mächtige Blut¬ strömung damals, weil der Glaube sie trug, daß sie unerschütterlich stehe am Firmament angefestet mit dem Gestirn, das Friedrichs Ehre heißt.
Unter denen, die in den langen Korbwagen aus Berlin gekommen, wußte man gewiß so wenig von dem, was im Schlosse vorging, als die in glänzenden Equipagen und mit blasenden Postzügen herübergerollt, es wußten. Und doch, obgleich ihre Ohren nicht so fein gespitzt, ihre Augen nicht so geschärft waren, um aus dem Schütteln einer Handkrause Schlüsse zu ziehen, was den Mann in dem Augenblick bewegte, der das Hemde trug, obgleich alle die feinern Ver¬
III. 8
Siebentes Kapitel. Das Geſpenſt von Sansſouci.
Theilten nur die mit Sternen und Bändern die fieberhafte Stimmung? Auch unter dem ſchlichten Bürgerrock ſchlugen warme Herzen, bang, ſehnſuchts¬ voll, der Entſcheidung entgegen. Nicht alle, vielleicht nicht viele unter den Vielen, aber alle fühlten, was es galt. Wenn nicht das Vaterland ſelbſt, doch ſeine gefährdete Ehre. Und es war eine mächtige Blut¬ ſtrömung damals, weil der Glaube ſie trug, daß ſie unerſchütterlich ſtehe am Firmament angefeſtet mit dem Geſtirn, das Friedrichs Ehre heißt.
Unter denen, die in den langen Korbwagen aus Berlin gekommen, wußte man gewiß ſo wenig von dem, was im Schloſſe vorging, als die in glänzenden Equipagen und mit blaſenden Poſtzügen herübergerollt, es wußten. Und doch, obgleich ihre Ohren nicht ſo fein geſpitzt, ihre Augen nicht ſo geſchärft waren, um aus dem Schütteln einer Handkrauſe Schlüſſe zu ziehen, was den Mann in dem Augenblick bewegte, der das Hemde trug, obgleich alle die feinern Ver¬
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Siebentes Kapitel.
Das Geſpenſt von Sansſouci.
Theilten nur die mit Sternen und Bändern
die fieberhafte Stimmung? Auch unter dem ſchlichten
Bürgerrock ſchlugen warme Herzen, bang, ſehnſuchts¬
voll, der Entſcheidung entgegen. Nicht alle, vielleicht
nicht viele unter den Vielen, aber alle fühlten, was
es galt. Wenn nicht das Vaterland ſelbſt, doch ſeine
gefährdete Ehre. Und es war eine mächtige Blut¬
ſtrömung damals, weil der Glaube ſie trug, daß ſie
unerſchütterlich ſtehe am Firmament angefeſtet mit
dem Geſtirn, das Friedrichs Ehre heißt.
Unter denen, die in den langen Korbwagen aus
Berlin gekommen, wußte man gewiß ſo wenig von
dem, was im Schloſſe vorging, als die in glänzenden
Equipagen und mit blaſenden Poſtzügen herübergerollt,
es wußten. Und doch, obgleich ihre Ohren nicht ſo
fein geſpitzt, ihre Augen nicht ſo geſchärft waren, um
aus dem Schütteln einer Handkrauſe Schlüſſe zu
ziehen, was den Mann in dem Augenblick bewegte,
der das Hemde trug, obgleich alle die feinern Ver¬
III. 8
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [113]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/123>, abgerufen am 22.12.2024.
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