so fällt auch der Ringkragen, warum nicht auch die Schärpe und der Federhut, und wo ist das Ende!"
Fuchsius und der Major hatten sich angesehen.
"Sie wollen auch gern die Kamaschen fort haben, fuhr der General freundlich fort. Der Preußische Soldat ohne die Kamasche sage ich Ihnen, ist nicht mehr der Preußische Soldat. So kennen sie uns, so sollen sie uns wieder kennen lernen, anders nicht. Weiß wohl, liebster Major, was Sie in Ihrem Me¬ moire über die Massenbewegungen sagen. Charmant exprimirt, fein beobachtet. Durch diese schnellen Evo¬ lutionen, daß er gleichsam aus einem Sack die leicht¬ füßigen Massen schüttelte, seinen Feind flankirte, von allen Seiten scheinbar zugleich angriff, sofort die Geworfenen durch neue Massen ersetzte, dadurch hat Bonaparte in den meisten Bataillen gesiegt. Richtig! Aber gegen welche Feinde! Sehn Sie, offenherzig gesprochen, ich admirire auch seinen Erfolg und sein Genie, aber was sagt Friedrich in seinen Memoiren? Wenn sich zwei Feldherrn in langen Campagnen gegenüberstanden, lernen sie sich dermaßen kennen, daß jeder die Manier und die Finten des andern auswendig weiß. Wir sind nun in der Lage, daß wir durch bald zehn Jahr ihn aus der Ferne beo¬ bachtet haben, und ich sage Ihnen, dieses großen Taschenspielers Kunststücke kennen wir nun, er aber kennt uns nicht und kann uns nicht überraschen. Seine Chocs werden an uns abprallen, wie die Schwärme der Parther an den Römischen Triariern, und was
ſo fällt auch der Ringkragen, warum nicht auch die Schärpe und der Federhut, und wo iſt das Ende!“
Fuchſius und der Major hatten ſich angeſehen.
„Sie wollen auch gern die Kamaſchen fort haben, fuhr der General freundlich fort. Der Preußiſche Soldat ohne die Kamaſche ſage ich Ihnen, iſt nicht mehr der Preußiſche Soldat. So kennen ſie uns, ſo ſollen ſie uns wieder kennen lernen, anders nicht. Weiß wohl, liebſter Major, was Sie in Ihrem Me¬ moire über die Maſſenbewegungen ſagen. Charmant exprimirt, fein beobachtet. Durch dieſe ſchnellen Evo¬ lutionen, daß er gleichſam aus einem Sack die leicht¬ füßigen Maſſen ſchüttelte, ſeinen Feind flankirte, von allen Seiten ſcheinbar zugleich angriff, ſofort die Geworfenen durch neue Maſſen erſetzte, dadurch hat Bonaparte in den meiſten Bataillen geſiegt. Richtig! Aber gegen welche Feinde! Sehn Sie, offenherzig geſprochen, ich admirire auch ſeinen Erfolg und ſein Genie, aber was ſagt Friedrich in ſeinen Memoiren? Wenn ſich zwei Feldherrn in langen Campagnen gegenüberſtanden, lernen ſie ſich dermaßen kennen, daß jeder die Manier und die Finten des andern auswendig weiß. Wir ſind nun in der Lage, daß wir durch bald zehn Jahr ihn aus der Ferne beo¬ bachtet haben, und ich ſage Ihnen, dieſes großen Taſchenſpielers Kunſtſtücke kennen wir nun, er aber kennt uns nicht und kann uns nicht überraſchen. Seine Chocs werden an uns abprallen, wie die Schwärme der Parther an den Römiſchen Triariern, und was
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0098"n="88"/>ſo fällt auch der Ringkragen, warum nicht auch die<lb/>
Schärpe und der Federhut, und wo iſt das Ende!“</p><lb/><p>Fuchſius und der Major hatten ſich angeſehen.</p><lb/><p>„Sie wollen auch gern die Kamaſchen fort haben,<lb/>
fuhr der General freundlich fort. Der Preußiſche<lb/>
Soldat ohne die Kamaſche ſage ich Ihnen, iſt nicht<lb/>
mehr der Preußiſche Soldat. So kennen ſie uns,<lb/>ſo ſollen ſie uns wieder kennen lernen, anders nicht.<lb/>
Weiß wohl, liebſter Major, was Sie in Ihrem Me¬<lb/>
moire über die Maſſenbewegungen ſagen. Charmant<lb/>
exprimirt, fein beobachtet. Durch dieſe ſchnellen Evo¬<lb/>
lutionen, daß er gleichſam aus einem Sack die leicht¬<lb/>
füßigen Maſſen ſchüttelte, ſeinen Feind flankirte, von<lb/>
allen Seiten ſcheinbar zugleich angriff, ſofort die<lb/>
Geworfenen durch neue Maſſen erſetzte, dadurch hat<lb/>
Bonaparte in den meiſten Bataillen geſiegt. Richtig!<lb/>
Aber gegen welche Feinde! Sehn Sie, offenherzig<lb/>
geſprochen, ich admirire auch ſeinen Erfolg und ſein<lb/>
Genie, aber was ſagt Friedrich in ſeinen Memoiren?<lb/>
Wenn ſich zwei Feldherrn in langen Campagnen<lb/>
gegenüberſtanden, lernen ſie ſich dermaßen kennen,<lb/>
daß jeder die Manier und die Finten des andern<lb/>
auswendig weiß. Wir ſind nun in der Lage, daß<lb/>
wir durch bald zehn Jahr ihn aus der Ferne beo¬<lb/>
bachtet haben, und ich ſage Ihnen, dieſes großen<lb/>
Taſchenſpielers Kunſtſtücke kennen wir nun, er aber<lb/>
kennt uns nicht und kann uns nicht überraſchen. Seine<lb/>
Chocs werden an uns abprallen, wie die Schwärme<lb/>
der Parther an den Römiſchen Triariern, und was<lb/></p></div></body></text></TEI>
[88/0098]
ſo fällt auch der Ringkragen, warum nicht auch die
Schärpe und der Federhut, und wo iſt das Ende!“
Fuchſius und der Major hatten ſich angeſehen.
„Sie wollen auch gern die Kamaſchen fort haben,
fuhr der General freundlich fort. Der Preußiſche
Soldat ohne die Kamaſche ſage ich Ihnen, iſt nicht
mehr der Preußiſche Soldat. So kennen ſie uns,
ſo ſollen ſie uns wieder kennen lernen, anders nicht.
Weiß wohl, liebſter Major, was Sie in Ihrem Me¬
moire über die Maſſenbewegungen ſagen. Charmant
exprimirt, fein beobachtet. Durch dieſe ſchnellen Evo¬
lutionen, daß er gleichſam aus einem Sack die leicht¬
füßigen Maſſen ſchüttelte, ſeinen Feind flankirte, von
allen Seiten ſcheinbar zugleich angriff, ſofort die
Geworfenen durch neue Maſſen erſetzte, dadurch hat
Bonaparte in den meiſten Bataillen geſiegt. Richtig!
Aber gegen welche Feinde! Sehn Sie, offenherzig
geſprochen, ich admirire auch ſeinen Erfolg und ſein
Genie, aber was ſagt Friedrich in ſeinen Memoiren?
Wenn ſich zwei Feldherrn in langen Campagnen
gegenüberſtanden, lernen ſie ſich dermaßen kennen,
daß jeder die Manier und die Finten des andern
auswendig weiß. Wir ſind nun in der Lage, daß
wir durch bald zehn Jahr ihn aus der Ferne beo¬
bachtet haben, und ich ſage Ihnen, dieſes großen
Taſchenſpielers Kunſtſtücke kennen wir nun, er aber
kennt uns nicht und kann uns nicht überraſchen. Seine
Chocs werden an uns abprallen, wie die Schwärme
der Parther an den Römiſchen Triariern, und was
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/98>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.