Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

wie weit sie voraussieht, wissen wir nicht, aber sie
hat einen Sohn. Es ist nun ein recht kluger Anfang,
daß sie die Maske der Milde, Liebe und besänftigen¬
den Güte vornimmt, und ob es von ihrem Gatten
klug ist, sie ihr zu lassen -- das ist eine andere Frage,
die -- uns beide wenigstens, meine theuerste Geheim¬
räthin, glücklicherweise nichts angeht."

Er war aufgestanden. Die Geheimräthin hätte
die Unterhaltung gern fortgesetzt: "Sie sind gewiß
sehr affairirt. Eine so ehrenvolle Sendung muß
Ihre ganze Zeit in Anspruch nehmen."

"Ich bitte Sie, kein Wort von der Bagatelle.
Natürlich wird man nicht gerade zur Thür hinaus¬
geworfen, wenn man als Ueberbringer solcher Ehren¬
zeichen ankommt, indessen, wie gesagt, ich wünschte, daß
man in den Cirkeln hier kein Aufhebens davon
machte."

"Indessen sehen wir auch wohl bald Ihre eigne
Brust mit einem dieser Ehrenzeichen geschmückt."

"Für einen Briefträgerdienst! Monsieur Laforest,
der Gesandte, lachte über die Mission, und das ver¬
dient sie auch; haben wir doch jeder für wichtigeres
zu sorgen! Ich freue mich nur, daß die Demoiselle
Alltag Ihre Liebe und Sorgfalt lohnt. Sie haben
sich da eine ungemein schwierige Aufgabe aufge¬
bürdet."

"Ich freue mich, daß alle Ihre Berechnungen
so richtig eintrafen. Adelheids Renommee ist nicht
allein hergestellt, sie ist -- nun Sie erfuhren es schon.

wie weit ſie vorausſieht, wiſſen wir nicht, aber ſie
hat einen Sohn. Es iſt nun ein recht kluger Anfang,
daß ſie die Maske der Milde, Liebe und beſänftigen¬
den Güte vornimmt, und ob es von ihrem Gatten
klug iſt, ſie ihr zu laſſen — das iſt eine andere Frage,
die — uns beide wenigſtens, meine theuerſte Geheim¬
räthin, glücklicherweiſe nichts angeht.“

Er war aufgeſtanden. Die Geheimräthin hätte
die Unterhaltung gern fortgeſetzt: „Sie ſind gewiß
ſehr affairirt. Eine ſo ehrenvolle Sendung muß
Ihre ganze Zeit in Anſpruch nehmen.“

„Ich bitte Sie, kein Wort von der Bagatelle.
Natürlich wird man nicht gerade zur Thür hinaus¬
geworfen, wenn man als Ueberbringer ſolcher Ehren¬
zeichen ankommt, indeſſen, wie geſagt, ich wünſchte, daß
man in den Cirkeln hier kein Aufhebens davon
machte.“

„Indeſſen ſehen wir auch wohl bald Ihre eigne
Bruſt mit einem dieſer Ehrenzeichen geſchmückt.“

„Für einen Briefträgerdienſt! Monſieur Laforeſt,
der Geſandte, lachte über die Miſſion, und das ver¬
dient ſie auch; haben wir doch jeder für wichtigeres
zu ſorgen! Ich freue mich nur, daß die Demoiſelle
Alltag Ihre Liebe und Sorgfalt lohnt. Sie haben
ſich da eine ungemein ſchwierige Aufgabe aufge¬
bürdet.“

„Ich freue mich, daß alle Ihre Berechnungen
ſo richtig eintrafen. Adelheids Renommee iſt nicht
allein hergeſtellt, ſie iſt — nun Sie erfuhren es ſchon.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="68"/>
wie weit &#x017F;ie voraus&#x017F;ieht, wi&#x017F;&#x017F;en wir nicht, aber &#x017F;ie<lb/>
hat einen Sohn. Es i&#x017F;t nun ein recht kluger Anfang,<lb/>
daß &#x017F;ie die Maske der Milde, Liebe und be&#x017F;änftigen¬<lb/>
den Güte vornimmt, und ob es von ihrem Gatten<lb/>
klug i&#x017F;t, &#x017F;ie ihr zu la&#x017F;&#x017F;en &#x2014; das i&#x017F;t eine andere Frage,<lb/>
die &#x2014; uns beide wenig&#x017F;tens, meine theuer&#x017F;te Geheim¬<lb/>
räthin, glücklicherwei&#x017F;e nichts angeht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er war aufge&#x017F;tanden. Die Geheimräthin hätte<lb/>
die Unterhaltung gern fortge&#x017F;etzt: &#x201E;Sie &#x017F;ind gewiß<lb/>
&#x017F;ehr affairirt. Eine &#x017F;o ehrenvolle Sendung muß<lb/>
Ihre ganze Zeit in An&#x017F;pruch nehmen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bitte Sie, kein Wort von der Bagatelle.<lb/>
Natürlich wird man nicht gerade zur Thür hinaus¬<lb/>
geworfen, wenn man als Ueberbringer &#x017F;olcher Ehren¬<lb/>
zeichen ankommt, inde&#x017F;&#x017F;en, wie ge&#x017F;agt, ich wün&#x017F;chte, daß<lb/>
man in den Cirkeln hier kein Aufhebens davon<lb/>
machte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen wir auch wohl bald Ihre eigne<lb/>
Bru&#x017F;t mit einem die&#x017F;er Ehrenzeichen ge&#x017F;chmückt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Für einen Briefträgerdien&#x017F;t! Mon&#x017F;ieur Lafore&#x017F;t,<lb/>
der Ge&#x017F;andte, lachte über die Mi&#x017F;&#x017F;ion, und das ver¬<lb/>
dient &#x017F;ie auch; haben wir doch jeder für wichtigeres<lb/>
zu &#x017F;orgen! Ich freue mich nur, daß die Demoi&#x017F;elle<lb/>
Alltag Ihre Liebe und Sorgfalt lohnt. Sie haben<lb/>
&#x017F;ich da eine ungemein &#x017F;chwierige Aufgabe aufge¬<lb/>
bürdet.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich freue mich, daß alle Ihre Berechnungen<lb/>
&#x017F;o richtig eintrafen. Adelheids Renommee i&#x017F;t nicht<lb/>
allein herge&#x017F;tellt, &#x017F;ie i&#x017F;t &#x2014; nun Sie erfuhren es &#x017F;chon.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0078] wie weit ſie vorausſieht, wiſſen wir nicht, aber ſie hat einen Sohn. Es iſt nun ein recht kluger Anfang, daß ſie die Maske der Milde, Liebe und beſänftigen¬ den Güte vornimmt, und ob es von ihrem Gatten klug iſt, ſie ihr zu laſſen — das iſt eine andere Frage, die — uns beide wenigſtens, meine theuerſte Geheim¬ räthin, glücklicherweiſe nichts angeht.“ Er war aufgeſtanden. Die Geheimräthin hätte die Unterhaltung gern fortgeſetzt: „Sie ſind gewiß ſehr affairirt. Eine ſo ehrenvolle Sendung muß Ihre ganze Zeit in Anſpruch nehmen.“ „Ich bitte Sie, kein Wort von der Bagatelle. Natürlich wird man nicht gerade zur Thür hinaus¬ geworfen, wenn man als Ueberbringer ſolcher Ehren¬ zeichen ankommt, indeſſen, wie geſagt, ich wünſchte, daß man in den Cirkeln hier kein Aufhebens davon machte.“ „Indeſſen ſehen wir auch wohl bald Ihre eigne Bruſt mit einem dieſer Ehrenzeichen geſchmückt.“ „Für einen Briefträgerdienſt! Monſieur Laforeſt, der Geſandte, lachte über die Miſſion, und das ver¬ dient ſie auch; haben wir doch jeder für wichtigeres zu ſorgen! Ich freue mich nur, daß die Demoiſelle Alltag Ihre Liebe und Sorgfalt lohnt. Sie haben ſich da eine ungemein ſchwierige Aufgabe aufge¬ bürdet.“ „Ich freue mich, daß alle Ihre Berechnungen ſo richtig eintrafen. Adelheids Renommee iſt nicht allein hergeſtellt, ſie iſt — nun Sie erfuhren es ſchon.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/78
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/78>, abgerufen am 27.11.2024.