Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.eine Tugend und Nothwendigkeit. Er schloß das Es trat eine Pause ein. Das Gespräch hatte "Und er ist Kaiser, hub die Geheimräthin an, "Sie müssen wohl!" "Nehmen Sie sich in Acht, Herr Legationsrath. "Die verschiedensten," fiel er rasch ein. Es war "Wird er es erreichen?" fragte die Geheim¬ "Wenn Sie mir sagen könnten, was sein Ziel II. 5
eine Tugend und Nothwendigkeit. Er ſchloß das Es trat eine Pauſe ein. Das Geſpräch hatte „Und er iſt Kaiſer, hub die Geheimräthin an, „Sie müſſen wohl!“ „Nehmen Sie ſich in Acht, Herr Legationsrath. „Die verſchiedenſten,“ fiel er raſch ein. Es war „Wird er es erreichen?“ fragte die Geheim¬ „Wenn Sie mir ſagen könnten, was ſein Ziel II. 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="65"/> eine Tugend und Nothwendigkeit. Er ſchloß das<lb/> ſcharfe Auge, er rechnete falſch und vertraute. Ein<lb/> Cäſar darf auf nichts vertrauen!“</p><lb/> <p>Es trat eine Pauſe ein. Das Geſpräch hatte<lb/> eine Wendung genommen, die vermuthlich an den<lb/> Anfang deſſelben wieder anknüpfte. Man hatte<lb/> von den Ereigniſſen des Tages geſprochen, von dem<lb/> Stern, über den die Meinung ſich noch theilen konnte,<lb/> ob er ein leuchtendes Tages-Geſtirn ſei oder ein<lb/> nächtliches Meteor?</p><lb/> <p>„Und er iſt Kaiſer, hub die Geheimräthin an,<lb/> er hat ſich ſelbſt dazu erklärt! Es liegt etwas ſo<lb/> wunderbar die Sinne Berauſchendes darin, ein<lb/> geweſener Artillerielieutenant! Und die altgekrönten<lb/> Mächte beeilen ſich, ihn anzuerkennen!“</p><lb/> <p>„Sie müſſen wohl!“</p><lb/> <p>„Nehmen Sie ſich in Acht, Herr Legationsrath.<lb/> Man darf ihn hier nicht ungeſtraft in allen Kreiſen<lb/> bewundern. Und Sie beſuchen —“</p><lb/> <p>„Die verſchiedenſten,“ fiel er raſch ein. Es war<lb/> das geweſen, wofür der Gaſt es nahm, ein Klopfen<lb/> auf den Buſch. „Ich bewundere nichts, fuhr er fort,<lb/> ich beobachte nur, und mein Facit der Anerkennung<lb/> ziehe ich erſt, wenn ich einen Mann am Ziele ſehe.“</p><lb/> <p>„Wird er es erreichen?“ fragte die Geheim¬<lb/> räthin leiſer.</p><lb/> <p>„Wenn Sie mir ſagen könnten, was ſein Ziel<lb/> iſt, würde ich verſuchen, auf die Frage zu ant¬<lb/> worten.“</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 5<lb/></fw> </div> </body> </text> </TEI> [65/0075]
eine Tugend und Nothwendigkeit. Er ſchloß das
ſcharfe Auge, er rechnete falſch und vertraute. Ein
Cäſar darf auf nichts vertrauen!“
Es trat eine Pauſe ein. Das Geſpräch hatte
eine Wendung genommen, die vermuthlich an den
Anfang deſſelben wieder anknüpfte. Man hatte
von den Ereigniſſen des Tages geſprochen, von dem
Stern, über den die Meinung ſich noch theilen konnte,
ob er ein leuchtendes Tages-Geſtirn ſei oder ein
nächtliches Meteor?
„Und er iſt Kaiſer, hub die Geheimräthin an,
er hat ſich ſelbſt dazu erklärt! Es liegt etwas ſo
wunderbar die Sinne Berauſchendes darin, ein
geweſener Artillerielieutenant! Und die altgekrönten
Mächte beeilen ſich, ihn anzuerkennen!“
„Sie müſſen wohl!“
„Nehmen Sie ſich in Acht, Herr Legationsrath.
Man darf ihn hier nicht ungeſtraft in allen Kreiſen
bewundern. Und Sie beſuchen —“
„Die verſchiedenſten,“ fiel er raſch ein. Es war
das geweſen, wofür der Gaſt es nahm, ein Klopfen
auf den Buſch. „Ich bewundere nichts, fuhr er fort,
ich beobachte nur, und mein Facit der Anerkennung
ziehe ich erſt, wenn ich einen Mann am Ziele ſehe.“
„Wird er es erreichen?“ fragte die Geheim¬
räthin leiſer.
„Wenn Sie mir ſagen könnten, was ſein Ziel
iſt, würde ich verſuchen, auf die Frage zu ant¬
worten.“
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