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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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rathen, und wir verschaffen ihm eine Frau mit neun¬
zigtausend Thalern. Meine Herren, Sie räumen
mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes
Fundament gewinnt. Es ist kein Divertissement mehr,
es wird zu einem reinen Geschäft, und wir müßten uns
fragen -- das heißt, ich bitte Sie, sich darüber zu
entscheiden, welche Raison Sie haben, den Herrn
von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?"

"Raison! Pah, was kommt's drauf an! Und hab
ich keine! Der Rittmeister hat sich nobel gegen meinen
Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert.
Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie sie entführen?
Hätte nichts dagegen. Neunzig tausend Thaler, wir
sind ja in einer generösen Laune und er hat Schulden
wie Haare auf dem Kopf."

Die vierte Flasche war entkorkt und die Ge¬
sichter leuchteten. "Handeln wir wie die Vorsehung,
welche die Güter dieser Welt ausgleicht. Ange¬
stoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die
Menschheit --"

"Das heißt für Stiers Gläubiger."

"Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die
Zwecke der Humanität stärke uns. Reine Liebe edler
Seelen, neunzigtausend Thaler in ersten Hypotheken
und schlesischen Pfandbriefen, und eine wunder¬
schöne Frau und dumm! Was Götter selbst beneiden
könnten, wir schenken's einem verschuldeten Cavallerie¬
officier."

Der Legationsrath stimmte nicht in die Ausge¬

rathen, und wir verſchaffen ihm eine Frau mit neun¬
zigtauſend Thalern. Meine Herren, Sie räumen
mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes
Fundament gewinnt. Es iſt kein Divertiſſement mehr,
es wird zu einem reinen Geſchäft, und wir müßten uns
fragen — das heißt, ich bitte Sie, ſich darüber zu
entſcheiden, welche Raiſon Sie haben, den Herrn
von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?“

„Raiſon! Pah, was kommt's drauf an! Und hab
ich keine! Der Rittmeiſter hat ſich nobel gegen meinen
Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert.
Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie ſie entführen?
Hätte nichts dagegen. Neunzig tauſend Thaler, wir
ſind ja in einer generöſen Laune und er hat Schulden
wie Haare auf dem Kopf.“

Die vierte Flaſche war entkorkt und die Ge¬
ſichter leuchteten. „Handeln wir wie die Vorſehung,
welche die Güter dieſer Welt ausgleicht. Ange¬
ſtoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die
Menſchheit —“

„Das heißt für Stiers Gläubiger.“

„Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die
Zwecke der Humanität ſtärke uns. Reine Liebe edler
Seelen, neunzigtauſend Thaler in erſten Hypotheken
und ſchleſiſchen Pfandbriefen, und eine wunder¬
ſchöne Frau und dumm! Was Götter ſelbſt beneiden
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officier.“

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[308/0318] rathen, und wir verſchaffen ihm eine Frau mit neun¬ zigtauſend Thalern. Meine Herren, Sie räumen mir ein, daß die Sache dadurch ein ganz anderes Fundament gewinnt. Es iſt kein Divertiſſement mehr, es wird zu einem reinen Geſchäft, und wir müßten uns fragen — das heißt, ich bitte Sie, ſich darüber zu entſcheiden, welche Raiſon Sie haben, den Herrn von Dohleneck zu einem reichen Mann zu machen?“ „Raiſon! Pah, was kommt's drauf an! Und hab ich keine! Der Rittmeiſter hat ſich nobel gegen meinen Taugenichts benommen. Blutvergießen verhindert. Sie auch, Legationsrath. Wollen Sie ſie entführen? Hätte nichts dagegen. Neunzig tauſend Thaler, wir ſind ja in einer generöſen Laune und er hat Schulden wie Haare auf dem Kopf.“ Die vierte Flaſche war entkorkt und die Ge¬ ſichter leuchteten. „Handeln wir wie die Vorſehung, welche die Güter dieſer Welt ausgleicht. Ange¬ ſtoßen auf den großen Gedanken, Freunde! Für die Menſchheit —“ „Das heißt für Stiers Gläubiger.“ „Das Gefühl uneigennützigen Handelns für die Zwecke der Humanität ſtärke uns. Reine Liebe edler Seelen, neunzigtauſend Thaler in erſten Hypotheken und ſchleſiſchen Pfandbriefen, und eine wunder¬ ſchöne Frau und dumm! Was Götter ſelbſt beneiden könnten, wir ſchenken's einem verſchuldeten Cavallerie¬ officier.“ Der Legationsrath ſtimmte nicht in die Ausge¬

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/318>, abgerufen am 29.11.2024.