Mann mit Assa foetida und Valeriana behandeln, und seine Krankheit ist rein eine des Gemüthes. Der Geheimrath lebte längst nicht mehr, wenn sie nicht eine geistige Atmosphäre um ihn zu bereiten wüßte, worin er athmet."
"So schlimm stünde es mit dem Bücherwurm?"
"Sie sahen ja auch wohl ihren Bedienten, einen Moribundus. Was quält sie sich ab, diesen Men¬ schen wieder auf die Beine zu bringen! Ich gebe Ihnen zu, es ist vielleicht ein krankhafter Instinct, der Natur in den Arm greifen zu wollen, aber sie will's -- sie muß probiren. Die Doctoren haben ihn längst aufgegeben, er ist ja nur ein Bediente, aber denken Sie -- neulich fand ich sie, wie sie von dem theuren Lebensäther, den Herr Flittner präparirt, dem Menschen einflößte. Mein Gott, sagte ich, der Aether ist immer nur ein Palliativ, er läßt die Le¬ bensflamme noch einmal auflodern, aber um so schneller verzehrt sie. Man wendet ihn bei hohen Personen an, wo die letzten Momente kostbar sind; aber dieser Bediente, was kommt es da auf eine Spanne Leben und Bewußtsein an. Er kann Ihnen unter den Händen zusammensinken. Was würden Sie dann sagen? -- Ich kann Ihnen das wunder¬ bare Lächeln nicht beschreiben, mit dem sie ant¬ wortete: Ich habe mir dann selbst genügt. So ist sie --"
"Eine Schwärmerin! Gehn Sie mir vom Leibe mit ihrem Lebensäther."
Mann mit Assa foetida und Valeriana behandeln, und ſeine Krankheit iſt rein eine des Gemüthes. Der Geheimrath lebte längſt nicht mehr, wenn ſie nicht eine geiſtige Atmosphäre um ihn zu bereiten wüßte, worin er athmet.“
„So ſchlimm ſtünde es mit dem Bücherwurm?“
„Sie ſahen ja auch wohl ihren Bedienten, einen Moribundus. Was quält ſie ſich ab, dieſen Men¬ ſchen wieder auf die Beine zu bringen! Ich gebe Ihnen zu, es iſt vielleicht ein krankhafter Inſtinct, der Natur in den Arm greifen zu wollen, aber ſie will's — ſie muß probiren. Die Doctoren haben ihn längſt aufgegeben, er iſt ja nur ein Bediente, aber denken Sie — neulich fand ich ſie, wie ſie von dem theuren Lebensäther, den Herr Flittner präparirt, dem Menſchen einflößte. Mein Gott, ſagte ich, der Aether iſt immer nur ein Palliativ, er läßt die Le¬ bensflamme noch einmal auflodern, aber um ſo ſchneller verzehrt ſie. Man wendet ihn bei hohen Perſonen an, wo die letzten Momente koſtbar ſind; aber dieſer Bediente, was kommt es da auf eine Spanne Leben und Bewußtſein an. Er kann Ihnen unter den Händen zuſammenſinken. Was würden Sie dann ſagen? — Ich kann Ihnen das wunder¬ bare Lächeln nicht beſchreiben, mit dem ſie ant¬ wortete: Ich habe mir dann ſelbſt genügt. So iſt ſie —“
„Eine Schwärmerin! Gehn Sie mir vom Leibe mit ihrem Lebensäther.“
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Mann mit Assa foetida und Valeriana behandeln,
und ſeine Krankheit iſt rein eine des Gemüthes.
Der Geheimrath lebte längſt nicht mehr, wenn ſie
nicht eine geiſtige Atmosphäre um ihn zu bereiten
wüßte, worin er athmet.“
„So ſchlimm ſtünde es mit dem Bücherwurm?“
„Sie ſahen ja auch wohl ihren Bedienten, einen
Moribundus. Was quält ſie ſich ab, dieſen Men¬
ſchen wieder auf die Beine zu bringen! Ich gebe
Ihnen zu, es iſt vielleicht ein krankhafter Inſtinct,
der Natur in den Arm greifen zu wollen, aber ſie
will's — ſie muß probiren. Die Doctoren haben
ihn längſt aufgegeben, er iſt ja nur ein Bediente,
aber denken Sie — neulich fand ich ſie, wie ſie von
dem theuren Lebensäther, den Herr Flittner präparirt,
dem Menſchen einflößte. Mein Gott, ſagte ich, der
Aether iſt immer nur ein Palliativ, er läßt die Le¬
bensflamme noch einmal auflodern, aber um ſo
ſchneller verzehrt ſie. Man wendet ihn bei hohen
Perſonen an, wo die letzten Momente koſtbar ſind;
aber dieſer Bediente, was kommt es da auf eine
Spanne Leben und Bewußtſein an. Er kann Ihnen
unter den Händen zuſammenſinken. Was würden
Sie dann ſagen? — Ich kann Ihnen das wunder¬
bare Lächeln nicht beſchreiben, mit dem ſie ant¬
wortete: Ich habe mir dann ſelbſt genügt. So
iſt ſie —“
„Eine Schwärmerin! Gehn Sie mir vom Leibe
mit ihrem Lebensäther.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/310>, abgerufen am 28.11.2024.
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