-- Laforest weiß Alles. Warum sollte er dies nicht wissen. Wer es ihm zuträgt, --"
"Vermuthlich der Champagnergeist, rief Bovil¬ lard, sein Glas füllend, daß der Schaum über den Rand stieg. Landsleute plaudern gern weiter!"
"Aber es schadet unsrer Sache nichts. Diplo¬ matische Berichte bleiben versiegelte Geheimnisse, und wenn die Archive sich für Historiker lüften, kümmert es keinen Lebendigen mehr. Ferner was Laforest weiß, weiß er nur für Napoleon oder Talleyrand. Beide werden unsre Pläne nicht contrecarriren. End¬ lich wenn das Geheimniß auf dem Wege nach Paris auch hier durchgeschwitzt hätte, was ich nicht in Ab¬ rede stellen will, ist die Sache doch zu pikant, als daß der ehrliche Finder den Verräther spielen sollte. Aus diesen Gründen, meine Herren, erblicke ich in dem hingestellten Factum weder Gefahr, noch etwas Hinderliches, und stimme, salvo meliori, unmaaßgeb¬ lich über den Einwand hinweg zu gehen."
Der Präsident blickte, die Feder in der Hand, sich um. Es war einstimmiges Conclusum. Der Wein fing an die Zunge zu lösen, und man warf den Curialstyl mit den Akten in den Winkel.
"Sie also tout a fait ebloui?" rief Bovillard nach dem Bericht des Legationsraths.
Der Kammerherr anerkannte mit gebührenden Lobsprüchen die Diligenz, welche Herr von Wandel bewiesen, bestand indeß darauf, daß die Baronin, wenn die Schwadron vorübermarschirte, sich jetzt osten¬
— Laforeſt weiß Alles. Warum ſollte er dies nicht wiſſen. Wer es ihm zuträgt, —“
„Vermuthlich der Champagnergeiſt, rief Bovil¬ lard, ſein Glas füllend, daß der Schaum über den Rand ſtieg. Landsleute plaudern gern weiter!“
„Aber es ſchadet unſrer Sache nichts. Diplo¬ matiſche Berichte bleiben verſiegelte Geheimniſſe, und wenn die Archive ſich für Hiſtoriker lüften, kümmert es keinen Lebendigen mehr. Ferner was Laforeſt weiß, weiß er nur für Napoleon oder Talleyrand. Beide werden unſre Pläne nicht contrecarriren. End¬ lich wenn das Geheimniß auf dem Wege nach Paris auch hier durchgeſchwitzt hätte, was ich nicht in Ab¬ rede ſtellen will, iſt die Sache doch zu pikant, als daß der ehrliche Finder den Verräther ſpielen ſollte. Aus dieſen Gründen, meine Herren, erblicke ich in dem hingeſtellten Factum weder Gefahr, noch etwas Hinderliches, und ſtimme, salvo meliori, unmaaßgeb¬ lich über den Einwand hinweg zu gehen.“
Der Präſident blickte, die Feder in der Hand, ſich um. Es war einſtimmiges Concluſum. Der Wein fing an die Zunge zu löſen, und man warf den Curialſtyl mit den Akten in den Winkel.
„Sie alſo tout à fait ébloui?“ rief Bovillard nach dem Bericht des Legationsraths.
Der Kammerherr anerkannte mit gebührenden Lobſprüchen die Diligenz, welche Herr von Wandel bewieſen, beſtand indeß darauf, daß die Baronin, wenn die Schwadron vorübermarſchirte, ſich jetzt oſten¬
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— Laforeſt weiß Alles. Warum ſollte er dies nicht
wiſſen. Wer es ihm zuträgt, —“
„Vermuthlich der Champagnergeiſt, rief Bovil¬
lard, ſein Glas füllend, daß der Schaum über den
Rand ſtieg. Landsleute plaudern gern weiter!“
„Aber es ſchadet unſrer Sache nichts. Diplo¬
matiſche Berichte bleiben verſiegelte Geheimniſſe, und
wenn die Archive ſich für Hiſtoriker lüften, kümmert
es keinen Lebendigen mehr. Ferner was Laforeſt
weiß, weiß er nur für Napoleon oder Talleyrand.
Beide werden unſre Pläne nicht contrecarriren. End¬
lich wenn das Geheimniß auf dem Wege nach Paris
auch hier durchgeſchwitzt hätte, was ich nicht in Ab¬
rede ſtellen will, iſt die Sache doch zu pikant, als
daß der ehrliche Finder den Verräther ſpielen ſollte.
Aus dieſen Gründen, meine Herren, erblicke ich in
dem hingeſtellten Factum weder Gefahr, noch etwas
Hinderliches, und ſtimme, salvo meliori, unmaaßgeb¬
lich über den Einwand hinweg zu gehen.“
Der Präſident blickte, die Feder in der Hand,
ſich um. Es war einſtimmiges Concluſum. Der
Wein fing an die Zunge zu löſen, und man warf
den Curialſtyl mit den Akten in den Winkel.
„Sie alſo tout à fait ébloui?“ rief Bovillard
nach dem Bericht des Legationsraths.
Der Kammerherr anerkannte mit gebührenden
Lobſprüchen die Diligenz, welche Herr von Wandel
bewieſen, beſtand indeß darauf, daß die Baronin,
wenn die Schwadron vorübermarſchirte, ſich jetzt oſten¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/306>, abgerufen am 16.07.2024.
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