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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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Collegen. Herr Legationsrath von Wandel, wiewohl
gleichsam nur als Experter zugezogen, hat sich doch
der Sache als Amateur angenommen. Gehn wir
demnächst zur Sache über. Wir standen also --"

"Ich erlaube mir, ehe wir fortfahren, eine prä¬
judicielle Bemerkung, hub der Kammerherr an. Ich
weiß für gewiß, daß der französische Gesandte von
unseren Verhandlungen Kenntniß hat. Sollte durch
die unverzeihliche Indiscretion eines Kanzleibeamten
demselben ein Aktenstück in die Hände gespielt sein?
Wenn dem so wäre, erlaube ich mir, bei unserm
würdigen Herrn Präsidenten den Antrag auf strengste
Recherche deshalb."

"Das Collegium hat den Antrag vernommen,
sagte Bovillard. Ich muß präjudiciell bemerken, daß
ich dagegen stimmen werde. Wenn das Collegium
erlaubt, erkläre ich meine Gründe. Pro primo haben
wir keine Aktenstücke, denn es ward nichts geschrieben,
logischer Schluß: sie können nicht abgeschrieben werden.
Pro secundo haben wir keine Kanzlei, was nicht ist
kann keine Indiscretion begehen, pro tertio würde
eine solche Untersuchung den Verdacht der Indiscre¬
tion auf ein oder das andere Mitglied unsres hoch¬
verehrten Collegii werfen, was wir aus besonderen und
höheren Rücksichten vermeiden müssen. Herr College
von Wandel wünscht uns seine Ansicht mitzutheilen."

"Was das Factum anlangt, sagte der Legations¬
rath, so muß ich dem geehrten Collegen von St. Real
beistimmen. Laforest weiß es; aber was folgt daraus?

Collegen. Herr Legationsrath von Wandel, wiewohl
gleichſam nur als Experter zugezogen, hat ſich doch
der Sache als Amateur angenommen. Gehn wir
demnächſt zur Sache über. Wir ſtanden alſo —“

„Ich erlaube mir, ehe wir fortfahren, eine prä¬
judicielle Bemerkung, hub der Kammerherr an. Ich
weiß für gewiß, daß der franzöſiſche Geſandte von
unſeren Verhandlungen Kenntniß hat. Sollte durch
die unverzeihliche Indiscretion eines Kanzleibeamten
demſelben ein Aktenſtück in die Hände geſpielt ſein?
Wenn dem ſo wäre, erlaube ich mir, bei unſerm
würdigen Herrn Präſidenten den Antrag auf ſtrengſte
Recherche deshalb.“

„Das Collegium hat den Antrag vernommen,
ſagte Bovillard. Ich muß präjudiciell bemerken, daß
ich dagegen ſtimmen werde. Wenn das Collegium
erlaubt, erkläre ich meine Gründe. Pro primo haben
wir keine Aktenſtücke, denn es ward nichts geſchrieben,
logiſcher Schluß: ſie können nicht abgeſchrieben werden.
Pro secundo haben wir keine Kanzlei, was nicht iſt
kann keine Indiscretion begehen, pro tertio würde
eine ſolche Unterſuchung den Verdacht der Indiscre¬
tion auf ein oder das andere Mitglied unſres hoch¬
verehrten Collegii werfen, was wir aus beſonderen und
höheren Rückſichten vermeiden müſſen. Herr College
von Wandel wünſcht uns ſeine Anſicht mitzutheilen.“

„Was das Factum anlangt, ſagte der Legations¬
rath, ſo muß ich dem geehrten Collegen von St. Real
beiſtimmen. Laforeſt weiß es; aber was folgt daraus?

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[295/0305] Collegen. Herr Legationsrath von Wandel, wiewohl gleichſam nur als Experter zugezogen, hat ſich doch der Sache als Amateur angenommen. Gehn wir demnächſt zur Sache über. Wir ſtanden alſo —“ „Ich erlaube mir, ehe wir fortfahren, eine prä¬ judicielle Bemerkung, hub der Kammerherr an. Ich weiß für gewiß, daß der franzöſiſche Geſandte von unſeren Verhandlungen Kenntniß hat. Sollte durch die unverzeihliche Indiscretion eines Kanzleibeamten demſelben ein Aktenſtück in die Hände geſpielt ſein? Wenn dem ſo wäre, erlaube ich mir, bei unſerm würdigen Herrn Präſidenten den Antrag auf ſtrengſte Recherche deshalb.“ „Das Collegium hat den Antrag vernommen, ſagte Bovillard. Ich muß präjudiciell bemerken, daß ich dagegen ſtimmen werde. Wenn das Collegium erlaubt, erkläre ich meine Gründe. Pro primo haben wir keine Aktenſtücke, denn es ward nichts geſchrieben, logiſcher Schluß: ſie können nicht abgeſchrieben werden. Pro secundo haben wir keine Kanzlei, was nicht iſt kann keine Indiscretion begehen, pro tertio würde eine ſolche Unterſuchung den Verdacht der Indiscre¬ tion auf ein oder das andere Mitglied unſres hoch¬ verehrten Collegii werfen, was wir aus beſonderen und höheren Rückſichten vermeiden müſſen. Herr College von Wandel wünſcht uns ſeine Anſicht mitzutheilen.“ „Was das Factum anlangt, ſagte der Legations¬ rath, ſo muß ich dem geehrten Collegen von St. Real beiſtimmen. Laforeſt weiß es; aber was folgt daraus?

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/305>, abgerufen am 27.11.2024.