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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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Das von unten Anfangen ist das solideste. Erst in
der Kanzlei ein Jahr, höchstens ein Paar als Copist.
Dann machen wir einen Versuch mit dem Expediren,
Secretair! An Connexionen wird es Ihnen ja wohl
bei guter Conduite nicht fehlen -- lächelte der Mi¬
nister -- dann Geheimsecretair, Kanzleiinspector!"

Der junge Mann stand sprachlos da.

"Der Kriegsrath Alltag, sehn Sie dessen Car¬
riere! Noch nicht voll sechszig und war schon Kanzlei¬
director mit dem Titel Kriegsrath, und Sie wissen
nicht, was er noch wird! -- Aber nun etwas, mein
junger Herr, die Flausen lassen Sie aus dem Kopf.
Nie etwas besser wissen wollen als Ihre Vorgesetzten.
Wenn's auch mal falsch wäre, nie den Mund aufge¬
than. Sie wissen nicht, warum Sie's falsch machen.
Keine Sylbe mehr gedruckt, das versteht sich von selbst.
Wenn Sie Bücher lesen müssen, thun Sie's für sich.
Nöthig ist's nicht. Stört immer im Dienst. Gelehrte
sind schlechte Officianten. Und -- der Minister faßte
mit holdseliger Miene den Knopf seines Rockes --
und am Copistentisch sollen Sie nicht zu lange sitzen,
Sie schreiben ja eine saubre, präcise Hand, habe
mich wirklich gefreut, die Grundstriche so grade und
voll. Daran sieht man den Character. Da dispen¬
siren wir Sie wohl schon nach einem halben Jahre!"

Walter hatte die volle Sprache und Ruhe wieder
gewonnen:

"Gerührten Herzens habe ich Ew. Excellenz gü¬
tige Intentionen vernommen, die ich wohl nur der

Das von unten Anfangen iſt das ſolideſte. Erſt in
der Kanzlei ein Jahr, höchſtens ein Paar als Copiſt.
Dann machen wir einen Verſuch mit dem Expediren,
Secretair! An Connexionen wird es Ihnen ja wohl
bei guter Conduite nicht fehlen — lächelte der Mi¬
niſter — dann Geheimſecretair, Kanzleiinſpector!“

Der junge Mann ſtand ſprachlos da.

„Der Kriegsrath Alltag, ſehn Sie deſſen Car¬
riere! Noch nicht voll ſechszig und war ſchon Kanzlei¬
director mit dem Titel Kriegsrath, und Sie wiſſen
nicht, was er noch wird! — Aber nun etwas, mein
junger Herr, die Flauſen laſſen Sie aus dem Kopf.
Nie etwas beſſer wiſſen wollen als Ihre Vorgeſetzten.
Wenn's auch mal falſch wäre, nie den Mund aufge¬
than. Sie wiſſen nicht, warum Sie's falſch machen.
Keine Sylbe mehr gedruckt, das verſteht ſich von ſelbſt.
Wenn Sie Bücher leſen müſſen, thun Sie's für ſich.
Nöthig iſt's nicht. Stört immer im Dienſt. Gelehrte
ſind ſchlechte Officianten. Und — der Miniſter faßte
mit holdſeliger Miene den Knopf ſeines Rockes —
und am Copiſtentiſch ſollen Sie nicht zu lange ſitzen,
Sie ſchreiben ja eine ſaubre, präciſe Hand, habe
mich wirklich gefreut, die Grundſtriche ſo grade und
voll. Daran ſieht man den Character. Da dispen¬
ſiren wir Sie wohl ſchon nach einem halben Jahre!“

Walter hatte die volle Sprache und Ruhe wieder
gewonnen:

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[287/0297] Das von unten Anfangen iſt das ſolideſte. Erſt in der Kanzlei ein Jahr, höchſtens ein Paar als Copiſt. Dann machen wir einen Verſuch mit dem Expediren, Secretair! An Connexionen wird es Ihnen ja wohl bei guter Conduite nicht fehlen — lächelte der Mi¬ niſter — dann Geheimſecretair, Kanzleiinſpector!“ Der junge Mann ſtand ſprachlos da. „Der Kriegsrath Alltag, ſehn Sie deſſen Car¬ riere! Noch nicht voll ſechszig und war ſchon Kanzlei¬ director mit dem Titel Kriegsrath, und Sie wiſſen nicht, was er noch wird! — Aber nun etwas, mein junger Herr, die Flauſen laſſen Sie aus dem Kopf. Nie etwas beſſer wiſſen wollen als Ihre Vorgeſetzten. Wenn's auch mal falſch wäre, nie den Mund aufge¬ than. Sie wiſſen nicht, warum Sie's falſch machen. Keine Sylbe mehr gedruckt, das verſteht ſich von ſelbſt. Wenn Sie Bücher leſen müſſen, thun Sie's für ſich. Nöthig iſt's nicht. Stört immer im Dienſt. Gelehrte ſind ſchlechte Officianten. Und — der Miniſter faßte mit holdſeliger Miene den Knopf ſeines Rockes — und am Copiſtentiſch ſollen Sie nicht zu lange ſitzen, Sie ſchreiben ja eine ſaubre, präciſe Hand, habe mich wirklich gefreut, die Grundſtriche ſo grade und voll. Daran ſieht man den Character. Da dispen¬ ſiren wir Sie wohl ſchon nach einem halben Jahre!“ Walter hatte die volle Sprache und Ruhe wieder gewonnen: „Gerührten Herzens habe ich Ew. Excellenz gü¬ tige Intentionen vernommen, die ich wohl nur der

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/297>, abgerufen am 27.11.2024.