in kurzen, schlagenden Sätzen, und die Excellenz hatte die Güte ihn nicht zu unterbrechen. Sie beschäftigte sich, einen Fleck auf ihrer Emailedose abzuwischen. Er hatte gesprochen; das Was wissen wir schon, oder wir erfahren es noch. Da war der Fleck wirklich gereinigt und der Minister sagte recht freundlich:
"Eine hübsche Elaboration. Wenn Sie das geschrieben hätten, könnte man's ad acta nehmen. Aber Drucksachen, das ist nichts; es schickt sich nicht für einen Geschäftsmann. -- Was wollen Sie nun eigentlich, ich meine Sie für sich?"
"Ich leugne nicht, Excellenz, wenn diese Ansich¬ ten vor unsern erleuchteten Staatsmännern Eingang finden, und man an die Ausführung ginge, daß ich mich wohl befähigt fühlte, mit Hand anzulegen. Ich würde eine Freiheit opfern, die ich mir lange als ein köstliches Gut bewahrt, und würde gern eine Anstellung annehmen."
"Sehn Sie, das lieb ich, das ist vernünftig gesprochen. Sie gehn auf eine Anstellung aus, um das Uebrige kümmern Sie sich nicht."
"Dies dürfte doch von meiner Ansicht differiren."
"Drauf kommt es nicht an. Wird Ihren Vater sehr freuen. Ist ein braver Mann, und wird es Ihnen an Unterstützung nicht fehlen lassen, wenn ich ein Wort einlege. Denn Unterstützung werden Sie noch eine ganze Weile brauchen. Die große Carriere, die geben Sie natürlich auf, haben ja nicht Came¬ ralia studirt. Und die Examina! Schadet nichts.
in kurzen, ſchlagenden Sätzen, und die Excellenz hatte die Güte ihn nicht zu unterbrechen. Sie beſchäftigte ſich, einen Fleck auf ihrer Emailedoſe abzuwiſchen. Er hatte geſprochen; das Was wiſſen wir ſchon, oder wir erfahren es noch. Da war der Fleck wirklich gereinigt und der Miniſter ſagte recht freundlich:
„Eine hübſche Elaboration. Wenn Sie das geſchrieben hätten, könnte man's ad acta nehmen. Aber Druckſachen, das iſt nichts; es ſchickt ſich nicht für einen Geſchäftsmann. — Was wollen Sie nun eigentlich, ich meine Sie für ſich?“
„Ich leugne nicht, Excellenz, wenn dieſe Anſich¬ ten vor unſern erleuchteten Staatsmännern Eingang finden, und man an die Ausführung ginge, daß ich mich wohl befähigt fühlte, mit Hand anzulegen. Ich würde eine Freiheit opfern, die ich mir lange als ein köſtliches Gut bewahrt, und würde gern eine Anſtellung annehmen.“
„Sehn Sie, das lieb ich, das iſt vernünftig geſprochen. Sie gehn auf eine Anſtellung aus, um das Uebrige kümmern Sie ſich nicht.“
„Dies dürfte doch von meiner Anſicht differiren.“
„Drauf kommt es nicht an. Wird Ihren Vater ſehr freuen. Iſt ein braver Mann, und wird es Ihnen an Unterſtützung nicht fehlen laſſen, wenn ich ein Wort einlege. Denn Unterſtützung werden Sie noch eine ganze Weile brauchen. Die große Carriere, die geben Sie natürlich auf, haben ja nicht Came¬ ralia ſtudirt. Und die Examina! Schadet nichts.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0296"n="286"/>
in kurzen, ſchlagenden Sätzen, und die Excellenz hatte<lb/>
die Güte ihn nicht zu unterbrechen. Sie beſchäftigte<lb/>ſich, einen Fleck auf ihrer Emailedoſe abzuwiſchen.<lb/>
Er hatte geſprochen; das Was wiſſen wir ſchon, oder<lb/>
wir erfahren es noch. Da war der Fleck wirklich<lb/>
gereinigt und der Miniſter ſagte recht freundlich:</p><lb/><p>„Eine hübſche Elaboration. Wenn Sie das<lb/>
geſchrieben hätten, könnte man's <hirendition="#aq">ad acta</hi> nehmen.<lb/>
Aber Druckſachen, das iſt nichts; es ſchickt ſich nicht<lb/>
für einen Geſchäftsmann. — Was wollen Sie nun<lb/>
eigentlich, ich meine Sie für ſich?“</p><lb/><p>„Ich leugne nicht, Excellenz, wenn dieſe Anſich¬<lb/>
ten vor unſern erleuchteten Staatsmännern Eingang<lb/>
finden, und man an die Ausführung ginge, daß ich<lb/>
mich wohl befähigt fühlte, mit Hand anzulegen. Ich<lb/>
würde eine Freiheit opfern, die ich mir lange als<lb/>
ein köſtliches Gut bewahrt, und würde gern eine<lb/>
Anſtellung annehmen.“</p><lb/><p>„Sehn Sie, das lieb ich, das iſt vernünftig<lb/>
geſprochen. Sie gehn auf eine Anſtellung aus, um<lb/>
das Uebrige kümmern Sie ſich nicht.“</p><lb/><p>„Dies dürfte doch von meiner Anſicht differiren.“</p><lb/><p>„Drauf kommt es nicht an. Wird Ihren Vater<lb/>ſehr freuen. Iſt ein braver Mann, und wird es<lb/>
Ihnen an Unterſtützung nicht fehlen laſſen, wenn ich<lb/>
ein Wort einlege. Denn Unterſtützung werden Sie<lb/>
noch eine ganze Weile brauchen. Die große Carriere,<lb/>
die geben Sie natürlich auf, haben ja nicht Came¬<lb/>
ralia ſtudirt. Und die Examina! Schadet nichts.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[286/0296]
in kurzen, ſchlagenden Sätzen, und die Excellenz hatte
die Güte ihn nicht zu unterbrechen. Sie beſchäftigte
ſich, einen Fleck auf ihrer Emailedoſe abzuwiſchen.
Er hatte geſprochen; das Was wiſſen wir ſchon, oder
wir erfahren es noch. Da war der Fleck wirklich
gereinigt und der Miniſter ſagte recht freundlich:
„Eine hübſche Elaboration. Wenn Sie das
geſchrieben hätten, könnte man's ad acta nehmen.
Aber Druckſachen, das iſt nichts; es ſchickt ſich nicht
für einen Geſchäftsmann. — Was wollen Sie nun
eigentlich, ich meine Sie für ſich?“
„Ich leugne nicht, Excellenz, wenn dieſe Anſich¬
ten vor unſern erleuchteten Staatsmännern Eingang
finden, und man an die Ausführung ginge, daß ich
mich wohl befähigt fühlte, mit Hand anzulegen. Ich
würde eine Freiheit opfern, die ich mir lange als
ein köſtliches Gut bewahrt, und würde gern eine
Anſtellung annehmen.“
„Sehn Sie, das lieb ich, das iſt vernünftig
geſprochen. Sie gehn auf eine Anſtellung aus, um
das Uebrige kümmern Sie ſich nicht.“
„Dies dürfte doch von meiner Anſicht differiren.“
„Drauf kommt es nicht an. Wird Ihren Vater
ſehr freuen. Iſt ein braver Mann, und wird es
Ihnen an Unterſtützung nicht fehlen laſſen, wenn ich
ein Wort einlege. Denn Unterſtützung werden Sie
noch eine ganze Weile brauchen. Die große Carriere,
die geben Sie natürlich auf, haben ja nicht Came¬
ralia ſtudirt. Und die Examina! Schadet nichts.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/296>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.