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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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"Nein, weil Excellenz erkannt, wo uns der Schuh
drückt, weil Excellenz erkannt, daß diese Säule, auf
welcher der germanische Staat ruht, der Bauernstand,
kein Helotenstand länger bleiben darf --"

"Ja, ja, ja, also darum! wiederholte der Mi¬
nister ihn unterbrechend, und nahm eine Prise, viel¬
leicht ein Zeichen der Zufriedenheit, jedenfalls eines,
daß er fürs erste nichts weiter hören wollte. -- Was
geht Sie denn der Bauernstand an? Sie haben doch
keine Güter."

"Erlauben Sie mir zu fragen, was ging er
Excellenz an --"

"Weil meine Bauern faules Volk sind, weil der
Meier sie aus dem Kruge treiben mußte, weil mein
Inspector gut rechnen kann, und mir wie's Ein mal
Eins bewies, daß die Frohnarbeit uns theurer zu
stehn kam, als der Tagelohn, weil ich meine Aecker
durch die Bauernäcker arrondirte, die sie mir als
Abkaufssumme hergaben, weil ich ein guter Land¬
wirth bin, und sie zwei Mal besser nutze als sie, weil
ein großer Complex sich besser bewirthschaftet als ein
kleiner. Darum mein junger Herr --"

"Und wenn auch nur diese, gelten diese Gründe
nicht für Alle!"

"Was gehn mich die andern an! Fege jeder vor
seiner Thür, und wer sich im Mist betten will, warum
soll ichs hindern!"

Walters Brust hob, seine Lippen öffneten sich,
der vorhin unterdrückte Strom der Rede floß heraus

„Nein, weil Excellenz erkannt, wo uns der Schuh
drückt, weil Excellenz erkannt, daß dieſe Säule, auf
welcher der germaniſche Staat ruht, der Bauernſtand,
kein Helotenſtand länger bleiben darf —“

„Ja, ja, ja, alſo darum! wiederholte der Mi¬
niſter ihn unterbrechend, und nahm eine Priſe, viel¬
leicht ein Zeichen der Zufriedenheit, jedenfalls eines,
daß er fürs erſte nichts weiter hören wollte. — Was
geht Sie denn der Bauernſtand an? Sie haben doch
keine Güter.“

„Erlauben Sie mir zu fragen, was ging er
Excellenz an —“

„Weil meine Bauern faules Volk ſind, weil der
Meier ſie aus dem Kruge treiben mußte, weil mein
Inſpector gut rechnen kann, und mir wie's Ein mal
Eins bewies, daß die Frohnarbeit uns theurer zu
ſtehn kam, als der Tagelohn, weil ich meine Aecker
durch die Bauernäcker arrondirte, die ſie mir als
Abkaufsſumme hergaben, weil ich ein guter Land¬
wirth bin, und ſie zwei Mal beſſer nutze als ſie, weil
ein großer Complex ſich beſſer bewirthſchaftet als ein
kleiner. Darum mein junger Herr —“

„Und wenn auch nur dieſe, gelten dieſe Gründe
nicht für Alle!“

„Was gehn mich die andern an! Fege jeder vor
ſeiner Thür, und wer ſich im Miſt betten will, warum
ſoll ichs hindern!“

Walters Bruſt hob, ſeine Lippen öffneten ſich,
der vorhin unterdrückte Strom der Rede floß heraus

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[285/0295] „Nein, weil Excellenz erkannt, wo uns der Schuh drückt, weil Excellenz erkannt, daß dieſe Säule, auf welcher der germaniſche Staat ruht, der Bauernſtand, kein Helotenſtand länger bleiben darf —“ „Ja, ja, ja, alſo darum! wiederholte der Mi¬ niſter ihn unterbrechend, und nahm eine Priſe, viel¬ leicht ein Zeichen der Zufriedenheit, jedenfalls eines, daß er fürs erſte nichts weiter hören wollte. — Was geht Sie denn der Bauernſtand an? Sie haben doch keine Güter.“ „Erlauben Sie mir zu fragen, was ging er Excellenz an —“ „Weil meine Bauern faules Volk ſind, weil der Meier ſie aus dem Kruge treiben mußte, weil mein Inſpector gut rechnen kann, und mir wie's Ein mal Eins bewies, daß die Frohnarbeit uns theurer zu ſtehn kam, als der Tagelohn, weil ich meine Aecker durch die Bauernäcker arrondirte, die ſie mir als Abkaufsſumme hergaben, weil ich ein guter Land¬ wirth bin, und ſie zwei Mal beſſer nutze als ſie, weil ein großer Complex ſich beſſer bewirthſchaftet als ein kleiner. Darum mein junger Herr —“ „Und wenn auch nur dieſe, gelten dieſe Gründe nicht für Alle!“ „Was gehn mich die andern an! Fege jeder vor ſeiner Thür, und wer ſich im Miſt betten will, warum ſoll ichs hindern!“ Walters Bruſt hob, ſeine Lippen öffneten ſich, der vorhin unterdrückte Strom der Rede floß heraus

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/295>, abgerufen am 27.11.2024.