Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einem Schlage. Dann laßt uns sehen, was auf
den Resonnanzboden fällt, was steht!"

"Ihre Augen glühen."

"Die Wolken rollen; das Gewitter muß sich
entladen. Abermaliger Aufschub ist unmöglich. Die
zuverlässigsten Nachrichten, sagte er leiser und sich
vorsichtig umblickend, kamen eben an. Napoleon
darf, kann, wird die Oestreicher an der Donau nicht
eher angreifen, als bis Bernadotte aus Hannover zu
ihm stößt. Er darf keinen Umweg nehmen, die Stunde
brennt, Napoleon muß schnell zuschlagen, bevor die
Oestreicher sich verstärken; Bernadotte muß also durch
die fränkischen Lande, um zur Stunde zu kommen.
Wissen Sie, was es heißt, wenn Napoleon sagt, es
muß sein?"

"Wenn doch ein Mensch bei uns dies Muß
ausspräche!" stöhnte der Rath.

"Wo die Menschen zu schwach sind, donnern die
Umstände. Er wird die Traktaten verletzen, er wird
durch preußisches Gebiet brechen und wir --"

"Was werden wir thun?"

"Wenn noch ein Funke preußischen Muthes ist,
zündet er und die Mine springt. Sie zweifeln noch!
-- Sie glauben, auch diesen Hohn könne unsre Lang¬
muth dulden! Herr, ich schelte Sie einen Hochver¬
räther an sich selbst. Ich hoffe, auch Haugwitz läßt
seine Lhombrekarten fallen; auch Lombard blitzt es in
einem lichten Momente, daß er eine dupe war. Wer
nicht! Oder wäre der Nerv schon ausgezogen diesem

mit einem Schlage. Dann laßt uns ſehen, was auf
den Reſonnanzboden fällt, was ſteht!“

„Ihre Augen glühen.“

„Die Wolken rollen; das Gewitter muß ſich
entladen. Abermaliger Aufſchub iſt unmöglich. Die
zuverläſſigſten Nachrichten, ſagte er leiſer und ſich
vorſichtig umblickend, kamen eben an. Napoleon
darf, kann, wird die Oeſtreicher an der Donau nicht
eher angreifen, als bis Bernadotte aus Hannover zu
ihm ſtößt. Er darf keinen Umweg nehmen, die Stunde
brennt, Napoleon muß ſchnell zuſchlagen, bevor die
Oeſtreicher ſich verſtärken; Bernadotte muß alſo durch
die fränkiſchen Lande, um zur Stunde zu kommen.
Wiſſen Sie, was es heißt, wenn Napoleon ſagt, es
muß ſein?“

„Wenn doch ein Menſch bei uns dies Muß
ausſpräche!“ ſtöhnte der Rath.

„Wo die Menſchen zu ſchwach ſind, donnern die
Umſtände. Er wird die Traktaten verletzen, er wird
durch preußiſches Gebiet brechen und wir —“

„Was werden wir thun?“

„Wenn noch ein Funke preußiſchen Muthes iſt,
zündet er und die Mine ſpringt. Sie zweifeln noch!
— Sie glauben, auch dieſen Hohn könne unſre Lang¬
muth dulden! Herr, ich ſchelte Sie einen Hochver¬
räther an ſich ſelbſt. Ich hoffe, auch Haugwitz läßt
ſeine Lhombrekarten fallen; auch Lombard blitzt es in
einem lichten Momente, daß er eine dupe war. Wer
nicht! Oder wäre der Nerv ſchon ausgezogen dieſem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0291" n="281"/>
mit einem Schlage. Dann laßt uns &#x017F;ehen, was auf<lb/>
den Re&#x017F;onnanzboden fällt, was &#x017F;teht!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ihre Augen glühen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Wolken rollen; das Gewitter <hi rendition="#g">muß</hi> &#x017F;ich<lb/>
entladen. Abermaliger Auf&#x017F;chub i&#x017F;t unmöglich. Die<lb/>
zuverlä&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;ten Nachrichten, &#x017F;agte er lei&#x017F;er und &#x017F;ich<lb/>
vor&#x017F;ichtig umblickend, kamen eben an. Napoleon<lb/>
darf, kann, wird die Oe&#x017F;treicher an der Donau nicht<lb/>
eher angreifen, als bis Bernadotte aus Hannover zu<lb/>
ihm &#x017F;tößt. Er darf keinen Umweg nehmen, die Stunde<lb/>
brennt, Napoleon muß &#x017F;chnell zu&#x017F;chlagen, bevor die<lb/>
Oe&#x017F;treicher &#x017F;ich ver&#x017F;tärken; Bernadotte <hi rendition="#g">muß</hi> al&#x017F;o durch<lb/>
die fränki&#x017F;chen Lande, um zur Stunde zu kommen.<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en Sie, was es heißt, wenn Napoleon &#x017F;agt, es<lb/><hi rendition="#g">muß</hi> &#x017F;ein?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn doch ein Men&#x017F;ch bei uns dies <hi rendition="#g">Muß</hi><lb/>
aus&#x017F;präche!&#x201C; &#x017F;töhnte der Rath.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo die Men&#x017F;chen zu &#x017F;chwach &#x017F;ind, donnern die<lb/>
Um&#x017F;tände. Er wird die Traktaten verletzen, er wird<lb/>
durch preußi&#x017F;ches Gebiet brechen und wir &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was werden wir thun?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn noch ein Funke preußi&#x017F;chen Muthes i&#x017F;t,<lb/>
zündet er und die Mine &#x017F;pringt. Sie zweifeln noch!<lb/>
&#x2014; Sie glauben, auch die&#x017F;en Hohn könne un&#x017F;re Lang¬<lb/>
muth dulden! Herr, ich &#x017F;chelte Sie einen Hochver¬<lb/>
räther an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Ich hoffe, auch Haugwitz läßt<lb/>
&#x017F;eine Lhombrekarten fallen; auch Lombard blitzt es in<lb/>
einem lichten Momente, daß er eine <hi rendition="#aq">dupe</hi> war. Wer<lb/>
nicht! Oder wäre der Nerv &#x017F;chon ausgezogen die&#x017F;em<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0291] mit einem Schlage. Dann laßt uns ſehen, was auf den Reſonnanzboden fällt, was ſteht!“ „Ihre Augen glühen.“ „Die Wolken rollen; das Gewitter muß ſich entladen. Abermaliger Aufſchub iſt unmöglich. Die zuverläſſigſten Nachrichten, ſagte er leiſer und ſich vorſichtig umblickend, kamen eben an. Napoleon darf, kann, wird die Oeſtreicher an der Donau nicht eher angreifen, als bis Bernadotte aus Hannover zu ihm ſtößt. Er darf keinen Umweg nehmen, die Stunde brennt, Napoleon muß ſchnell zuſchlagen, bevor die Oeſtreicher ſich verſtärken; Bernadotte muß alſo durch die fränkiſchen Lande, um zur Stunde zu kommen. Wiſſen Sie, was es heißt, wenn Napoleon ſagt, es muß ſein?“ „Wenn doch ein Menſch bei uns dies Muß ausſpräche!“ ſtöhnte der Rath. „Wo die Menſchen zu ſchwach ſind, donnern die Umſtände. Er wird die Traktaten verletzen, er wird durch preußiſches Gebiet brechen und wir —“ „Was werden wir thun?“ „Wenn noch ein Funke preußiſchen Muthes iſt, zündet er und die Mine ſpringt. Sie zweifeln noch! — Sie glauben, auch dieſen Hohn könne unſre Lang¬ muth dulden! Herr, ich ſchelte Sie einen Hochver¬ räther an ſich ſelbſt. Ich hoffe, auch Haugwitz läßt ſeine Lhombrekarten fallen; auch Lombard blitzt es in einem lichten Momente, daß er eine dupe war. Wer nicht! Oder wäre der Nerv ſchon ausgezogen dieſem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/291
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/291>, abgerufen am 27.11.2024.