Copie dieser Rundschrift sich zu verschaffen gewußt hat, so versichre ich Sie, er chiffrirt sie selbst um Mitternacht bei verschlossenen Thüren und in Cha¬ racteren, wozu -- kaum Talleyrand den Schlüssel hat."
Der Attache fühlte sich gar nicht angenehm durch die Armauflegung des Legationsrathes berührt. Mit einer raschen Bewegung hatte er die Brieftasche aus der Brust gerissen und sich zugleich des Armes ent¬ ledigt, zu dessen Stütze er keinen Beruf fühlte. "Hier hören Sie! Er las von einem Papier:
""Sie werden bemerklich zu machen haben, Preußen sei von Frankreich noch nicht beleidigt, im Gegentheil bei der Theilung Deutschlands gut bedacht worden. Warum solle man einen Krieg beginnen, nicht für sich, sondern für andere? Die Verbindung, werden Sie einfließen lassen, mit Oestreich und Ru߬ land habe Preußen nie Segen gebracht. Sollte es vom Rhein her angegriffen werden, finde es in seinem eigenen, unüberwundenen Heere hinlängliche Verthei¬ digungsmittel. Schön sei es allerdings für Freunde zu kämpfen, und wenn man für Freunde, so kämpfe man für sich selbst; nur sei es Schade, daß Niemand in Deutschland so recht wisse, wer Freund und Feind sei? Und wer danke uns denn unsre Erhebung? Vielmehr fordere Klugheit und Gerechtigkeit: Zurück¬ ziehen in sich und Beobachtung strenger Unparteilich¬ keit. -- Die Demonstrationen, die wir machen werden, seien nur bestimmt, um die Stimmung im Volk zu beschwichtigen. Hannover würden wir nicht besetzen,
Copie dieſer Rundſchrift ſich zu verſchaffen gewußt hat, ſo verſichre ich Sie, er chiffrirt ſie ſelbſt um Mitternacht bei verſchloſſenen Thüren und in Cha¬ racteren, wozu — kaum Talleyrand den Schlüſſel hat.“
Der Attaché fühlte ſich gar nicht angenehm durch die Armauflegung des Legationsrathes berührt. Mit einer raſchen Bewegung hatte er die Brieftaſche aus der Bruſt geriſſen und ſich zugleich des Armes ent¬ ledigt, zu deſſen Stütze er keinen Beruf fühlte. „Hier hören Sie! Er las von einem Papier:
„„Sie werden bemerklich zu machen haben, Preußen ſei von Frankreich noch nicht beleidigt, im Gegentheil bei der Theilung Deutſchlands gut bedacht worden. Warum ſolle man einen Krieg beginnen, nicht für ſich, ſondern für andere? Die Verbindung, werden Sie einfließen laſſen, mit Oeſtreich und Ru߬ land habe Preußen nie Segen gebracht. Sollte es vom Rhein her angegriffen werden, finde es in ſeinem eigenen, unüberwundenen Heere hinlängliche Verthei¬ digungsmittel. Schön ſei es allerdings für Freunde zu kämpfen, und wenn man für Freunde, ſo kämpfe man für ſich ſelbſt; nur ſei es Schade, daß Niemand in Deutſchland ſo recht wiſſe, wer Freund und Feind ſei? Und wer danke uns denn unſre Erhebung? Vielmehr fordere Klugheit und Gerechtigkeit: Zurück¬ ziehen in ſich und Beobachtung ſtrenger Unparteilich¬ keit. — Die Demonſtrationen, die wir machen werden, ſeien nur beſtimmt, um die Stimmung im Volk zu beſchwichtigen. Hannover würden wir nicht beſetzen,
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Copie dieſer Rundſchrift ſich zu verſchaffen gewußt
hat, ſo verſichre ich Sie, er chiffrirt ſie ſelbſt um
Mitternacht bei verſchloſſenen Thüren und in Cha¬
racteren, wozu — kaum Talleyrand den Schlüſſel hat.“
Der Attaché fühlte ſich gar nicht angenehm durch
die Armauflegung des Legationsrathes berührt. Mit
einer raſchen Bewegung hatte er die Brieftaſche aus
der Bruſt geriſſen und ſich zugleich des Armes ent¬
ledigt, zu deſſen Stütze er keinen Beruf fühlte. „Hier
hören Sie! Er las von einem Papier:
„„Sie werden bemerklich zu machen haben,
Preußen ſei von Frankreich noch nicht beleidigt, im
Gegentheil bei der Theilung Deutſchlands gut bedacht
worden. Warum ſolle man einen Krieg beginnen,
nicht für ſich, ſondern für andere? Die Verbindung,
werden Sie einfließen laſſen, mit Oeſtreich und Ru߬
land habe Preußen nie Segen gebracht. Sollte es
vom Rhein her angegriffen werden, finde es in ſeinem
eigenen, unüberwundenen Heere hinlängliche Verthei¬
digungsmittel. Schön ſei es allerdings für Freunde
zu kämpfen, und wenn man für Freunde, ſo kämpfe
man für ſich ſelbſt; nur ſei es Schade, daß Niemand
in Deutſchland ſo recht wiſſe, wer Freund und Feind
ſei? Und wer danke uns denn unſre Erhebung?
Vielmehr fordere Klugheit und Gerechtigkeit: Zurück¬
ziehen in ſich und Beobachtung ſtrenger Unparteilich¬
keit. — Die Demonſtrationen, die wir machen werden,
ſeien nur beſtimmt, um die Stimmung im Volk zu
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/268>, abgerufen am 27.11.2024.
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