Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.eine Krankheit, vor der Gott Dich und mich bewahre. "Er sprach seine Leidenschaft aus, er quälte, "Keiner soll davon wissen, außer Dir. Dich "Du versprachst ihm Verschwiegenheit?" "Ihm nicht, mir gelobte ich sie aus -- einem "Das ist die Sprache der Wüsten! Du kennst Sie sah ihn ruhig an, und schüttelte den Kopf: eine Krankheit, vor der Gott Dich und mich bewahre. „Er ſprach ſeine Leidenſchaft aus, er quälte, „Keiner ſoll davon wiſſen, außer Dir. Dich „Du verſprachſt ihm Verſchwiegenheit?“ „Ihm nicht, mir gelobte ich ſie aus — einem „Das iſt die Sprache der Wüſten! Du kennſt Sie ſah ihn ruhig an, und ſchüttelte den Kopf: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="230"/> eine Krankheit, vor der Gott Dich und mich bewahre.<lb/> So muß Oreſt krank geweſen ſein.“</p><lb/> <p>„Er ſprach ſeine Leidenſchaft aus, er quälte,<lb/> marterte Dich? — Weiß jemand darum?“</p><lb/> <p>„Keiner ſoll davon wiſſen, außer Dir. Dich<lb/> nehm ich aus.“</p><lb/> <p>„Du verſprachſt ihm Verſchwiegenheit?“</p><lb/> <p>„Ihm nicht, mir gelobte ich ſie aus — einem<lb/> Mitleid, das ich noch nie empfunden. Walter, o hät¬<lb/> teſt Du ihm in das Geſicht geſehen, das ſchöne,<lb/> fürchterliche Geſicht. Bald ein wildes Thier, das<lb/> mich zerreißen konnte, bald wie ein Kind ſo ſanft.<lb/> — Ich bedurfte keines Beiſtandes, keiner Hülfe,<lb/> glaube es mir, gewiß nicht. Ich wäre ihm wie eine<lb/> Heilige, eine Göttin, eine Prieſterin, deren Wünſche<lb/> ihm Befehle ſind. —“</p><lb/> <p>„Das iſt die Sprache der Wüſten! Du kennſt<lb/> dieſe Menſchen noch nicht. Wo ihre gewöhnlichen Künſte<lb/> nichts fruchten, ſie einen Widerſtand finden, den ſie<lb/> damit nicht bewältigen, ſtehlen ſie aus der Seele<lb/> ihres Opfers die edelſten Gefühle, um ſie zu über¬<lb/> liſten. Mit Thränen, empfindſamen Reden neſteln ſie<lb/> ſich wie der Mehlthau an die Faſern und Fäden einer<lb/> edlen Seele. Sie reißen die Bruſt auf, um Schmer¬<lb/> zen zu zeigen, die ſie erheuchelt, und indem ſie das<lb/> Mitleid aufrufen, ſpritzen ſie Gift in die argloſe Seele<lb/> der Theilnehmenden.“</p><lb/> <p>Sie ſah ihn ruhig an, und ſchüttelte den Kopf:<lb/> „Du kennſt ihn nicht; <hi rendition="#g">der</hi> nicht. Nein, Walter, das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0240]
eine Krankheit, vor der Gott Dich und mich bewahre.
So muß Oreſt krank geweſen ſein.“
„Er ſprach ſeine Leidenſchaft aus, er quälte,
marterte Dich? — Weiß jemand darum?“
„Keiner ſoll davon wiſſen, außer Dir. Dich
nehm ich aus.“
„Du verſprachſt ihm Verſchwiegenheit?“
„Ihm nicht, mir gelobte ich ſie aus — einem
Mitleid, das ich noch nie empfunden. Walter, o hät¬
teſt Du ihm in das Geſicht geſehen, das ſchöne,
fürchterliche Geſicht. Bald ein wildes Thier, das
mich zerreißen konnte, bald wie ein Kind ſo ſanft.
— Ich bedurfte keines Beiſtandes, keiner Hülfe,
glaube es mir, gewiß nicht. Ich wäre ihm wie eine
Heilige, eine Göttin, eine Prieſterin, deren Wünſche
ihm Befehle ſind. —“
„Das iſt die Sprache der Wüſten! Du kennſt
dieſe Menſchen noch nicht. Wo ihre gewöhnlichen Künſte
nichts fruchten, ſie einen Widerſtand finden, den ſie
damit nicht bewältigen, ſtehlen ſie aus der Seele
ihres Opfers die edelſten Gefühle, um ſie zu über¬
liſten. Mit Thränen, empfindſamen Reden neſteln ſie
ſich wie der Mehlthau an die Faſern und Fäden einer
edlen Seele. Sie reißen die Bruſt auf, um Schmer¬
zen zu zeigen, die ſie erheuchelt, und indem ſie das
Mitleid aufrufen, ſpritzen ſie Gift in die argloſe Seele
der Theilnehmenden.“
Sie ſah ihn ruhig an, und ſchüttelte den Kopf:
„Du kennſt ihn nicht; der nicht. Nein, Walter, das
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