Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

muß aber nicht alles sagen, was man weiß. Die
eisernen Ladstöcke, durch die wir bei Mollwitz siegten,
sind jetzt Gemeingut geworden, die Räder von unserm
Fuhrwesen gehen aber noch in dem Geleise von Anno
ehemals. Unser Schatz ist ausgepumpt, das weiß
ich auch, und das Bischen, was unser junger König
durch Sparsamkeit wieder hineinfließen läßt, löscht
noch nicht den Durst. Es sieht auch in den Finan¬
zen gar curios aus; unter dem Schimmel werden
wohl noch manche harte Thaler liegen, aber man
kratzt den Schimmel nicht ab, weil manches andre
damit bloß gelegt würde. Ja ja die Blöße fürchtet
man, und hat daran ganz recht. Viele Schlösser
sehn blank geputzt aus, schließen aber nicht mehr, und
manche Mühlen klappern wohl, mahlen aber nicht
mehr. Auch die große Staatsmühle macht noch
dasselbe Geräusch, daß man's in weiter Ferne hört,
und wunders denkt, was sie mahlen muß, aber wer
in die Mehlkammern sieht, merkt, daß es kaum zur
Noth hinreicht. Das kann nun von mancherlei her¬
kommen. Etwa davon, daß man niemals vorher
weiß, woher der Wind kommt, und, wenn er da ist,
erschrocken links und rechts rennt, und was links
stehen soll, rechts stellt, und was rechts links. Auch
kann die Mühle von alter Construction sein, und in
Holland und Amerika haben sie seitdem bessere Gänge
erfunden. Und dann spricht man auch von der großen
Staatsuhr, deren Räderwerk erst gar quer und ver¬
kehrt wäre, denn wenn einer nicht täglich sie stellte,

muß aber nicht alles ſagen, was man weiß. Die
eiſernen Ladſtöcke, durch die wir bei Mollwitz ſiegten,
ſind jetzt Gemeingut geworden, die Räder von unſerm
Fuhrweſen gehen aber noch in dem Geleiſe von Anno
ehemals. Unſer Schatz iſt ausgepumpt, das weiß
ich auch, und das Bischen, was unſer junger König
durch Sparſamkeit wieder hineinfließen läßt, löſcht
noch nicht den Durſt. Es ſieht auch in den Finan¬
zen gar curios aus; unter dem Schimmel werden
wohl noch manche harte Thaler liegen, aber man
kratzt den Schimmel nicht ab, weil manches andre
damit bloß gelegt würde. Ja ja die Blöße fürchtet
man, und hat daran ganz recht. Viele Schlöſſer
ſehn blank geputzt aus, ſchließen aber nicht mehr, und
manche Mühlen klappern wohl, mahlen aber nicht
mehr. Auch die große Staatsmühle macht noch
daſſelbe Geräuſch, daß man's in weiter Ferne hört,
und wunders denkt, was ſie mahlen muß, aber wer
in die Mehlkammern ſieht, merkt, daß es kaum zur
Noth hinreicht. Das kann nun von mancherlei her¬
kommen. Etwa davon, daß man niemals vorher
weiß, woher der Wind kommt, und, wenn er da iſt,
erſchrocken links und rechts rennt, und was links
ſtehen ſoll, rechts ſtellt, und was rechts links. Auch
kann die Mühle von alter Conſtruction ſein, und in
Holland und Amerika haben ſie ſeitdem beſſere Gänge
erfunden. Und dann ſpricht man auch von der großen
Staatsuhr, deren Räderwerk erſt gar quer und ver¬
kehrt wäre, denn wenn einer nicht täglich ſie ſtellte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="12"/>
muß aber nicht alles &#x017F;agen, was man weiß. Die<lb/>
ei&#x017F;ernen Lad&#x017F;töcke, durch die wir bei Mollwitz &#x017F;iegten,<lb/>
&#x017F;ind jetzt Gemeingut geworden, die Räder von un&#x017F;erm<lb/>
Fuhrwe&#x017F;en gehen aber noch in dem Gelei&#x017F;e von Anno<lb/>
ehemals. Un&#x017F;er Schatz i&#x017F;t ausgepumpt, das weiß<lb/>
ich auch, und das Bischen, was un&#x017F;er junger König<lb/>
durch Spar&#x017F;amkeit wieder hineinfließen läßt, lö&#x017F;cht<lb/>
noch nicht den Dur&#x017F;t. Es &#x017F;ieht auch in den Finan¬<lb/>
zen gar curios aus; unter dem Schimmel werden<lb/>
wohl noch manche harte Thaler liegen, aber man<lb/>
kratzt den Schimmel nicht ab, weil manches andre<lb/>
damit bloß gelegt würde. Ja ja die Blöße fürchtet<lb/>
man, und hat daran ganz recht. Viele Schlö&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;ehn blank geputzt aus, &#x017F;chließen aber nicht mehr, und<lb/>
manche Mühlen klappern wohl, mahlen aber nicht<lb/>
mehr. Auch die große Staatsmühle macht noch<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe Geräu&#x017F;ch, daß man's in weiter Ferne hört,<lb/>
und wunders denkt, was &#x017F;ie mahlen muß, aber wer<lb/>
in die Mehlkammern &#x017F;ieht, merkt, daß es kaum zur<lb/>
Noth hinreicht. Das kann nun von mancherlei her¬<lb/>
kommen. Etwa davon, daß man niemals vorher<lb/>
weiß, woher der Wind kommt, und, wenn er da i&#x017F;t,<lb/>
er&#x017F;chrocken links und rechts rennt, und was links<lb/>
&#x017F;tehen &#x017F;oll, rechts &#x017F;tellt, und was rechts links. Auch<lb/>
kann die Mühle von alter Con&#x017F;truction &#x017F;ein, und in<lb/>
Holland und Amerika haben &#x017F;ie &#x017F;eitdem be&#x017F;&#x017F;ere Gänge<lb/>
erfunden. Und dann &#x017F;pricht man auch von der großen<lb/>
Staatsuhr, deren Räderwerk er&#x017F;t gar quer und ver¬<lb/>
kehrt wäre, denn wenn einer nicht täglich &#x017F;ie &#x017F;tellte,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0022] muß aber nicht alles ſagen, was man weiß. Die eiſernen Ladſtöcke, durch die wir bei Mollwitz ſiegten, ſind jetzt Gemeingut geworden, die Räder von unſerm Fuhrweſen gehen aber noch in dem Geleiſe von Anno ehemals. Unſer Schatz iſt ausgepumpt, das weiß ich auch, und das Bischen, was unſer junger König durch Sparſamkeit wieder hineinfließen läßt, löſcht noch nicht den Durſt. Es ſieht auch in den Finan¬ zen gar curios aus; unter dem Schimmel werden wohl noch manche harte Thaler liegen, aber man kratzt den Schimmel nicht ab, weil manches andre damit bloß gelegt würde. Ja ja die Blöße fürchtet man, und hat daran ganz recht. Viele Schlöſſer ſehn blank geputzt aus, ſchließen aber nicht mehr, und manche Mühlen klappern wohl, mahlen aber nicht mehr. Auch die große Staatsmühle macht noch daſſelbe Geräuſch, daß man's in weiter Ferne hört, und wunders denkt, was ſie mahlen muß, aber wer in die Mehlkammern ſieht, merkt, daß es kaum zur Noth hinreicht. Das kann nun von mancherlei her¬ kommen. Etwa davon, daß man niemals vorher weiß, woher der Wind kommt, und, wenn er da iſt, erſchrocken links und rechts rennt, und was links ſtehen ſoll, rechts ſtellt, und was rechts links. Auch kann die Mühle von alter Conſtruction ſein, und in Holland und Amerika haben ſie ſeitdem beſſere Gänge erfunden. Und dann ſpricht man auch von der großen Staatsuhr, deren Räderwerk erſt gar quer und ver¬ kehrt wäre, denn wenn einer nicht täglich ſie ſtellte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/22
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/22>, abgerufen am 24.11.2024.