und dazu den Bovillard ansehen müssen, der wie der Sonnenschein über die Parade spazierte."
"Sag' ich doch, man hat zuweilen im Leben Pech und weiß nicht wo's herkommt."
Der Rittmeister hatte die Worte des Arrestaten noch gehört, als er eintrat, den Rosabrief auf den Tisch warf, und sich auf den Schemel: "Ist das Pech, oder nicht, oder was ist es! Ich weiß es nicht."
"Onkel, ein Rendez-vous? Will's Dir abkaufen, unbesehens. Bin generös. Den ersten Wechsel dafür."
"Lest mal das Zeug. Ich kriegs nicht klar."
Der Arrestat las: ""Wenn ein menschliches Herz in Ihnen schlägt, so setzen Sie Ihr Betragen nicht fort. Mein Gott im Himmel, ist es denn möglich, daß ein Cavalier, ein Officier des Königs, ein Mann, dem man sonst gute Eigenschaften nicht abspricht, im Martern eines weiblichen Herzens sein Vergnügen finden kann! Wenn Sie auf unsre Bitten nicht hören wollen, wenn Sie Ihre Schwadron täglich vorüber reiten lassen müssen, treiben Sie den Hohn wenig¬ stens nicht so weit, immer vor ihrem Fenster den Bart zu streichen. Sie sehen freilich nicht die Dolch¬ stiche, die es in das Herz der Armen drückt, denn die Balsaminen verbergen sie Ihren Augen. Wir vertheidigen die Arme nicht, sie ist ein schwaches Weib. Sie verspricht uns wohl am Abend, morgen will sie sich in die Hinterstube verschließen, aber wenn Ihre Trompeter um die Ecke blasen, reißt es sie mit unwiderstehlicher Gewalt an's Fenster. Wenn sie
und dazu den Bovillard anſehen müſſen, der wie der Sonnenſchein über die Parade ſpazierte.“
„Sag' ich doch, man hat zuweilen im Leben Pech und weiß nicht wo's herkommt.“
Der Rittmeiſter hatte die Worte des Arreſtaten noch gehört, als er eintrat, den Roſabrief auf den Tiſch warf, und ſich auf den Schemel: „Iſt das Pech, oder nicht, oder was iſt es! Ich weiß es nicht.“
„Onkel, ein Rendez-vous? Will's Dir abkaufen, unbeſehens. Bin generös. Den erſten Wechſel dafür.“
„Leſt mal das Zeug. Ich kriegs nicht klar.“
Der Arreſtat las: „„Wenn ein menſchliches Herz in Ihnen ſchlägt, ſo ſetzen Sie Ihr Betragen nicht fort. Mein Gott im Himmel, iſt es denn möglich, daß ein Cavalier, ein Officier des Königs, ein Mann, dem man ſonſt gute Eigenſchaften nicht abſpricht, im Martern eines weiblichen Herzens ſein Vergnügen finden kann! Wenn Sie auf unſre Bitten nicht hören wollen, wenn Sie Ihre Schwadron täglich vorüber reiten laſſen müſſen, treiben Sie den Hohn wenig¬ ſtens nicht ſo weit, immer vor ihrem Fenſter den Bart zu ſtreichen. Sie ſehen freilich nicht die Dolch¬ ſtiche, die es in das Herz der Armen drückt, denn die Balſaminen verbergen ſie Ihren Augen. Wir vertheidigen die Arme nicht, ſie iſt ein ſchwaches Weib. Sie verſpricht uns wohl am Abend, morgen will ſie ſich in die Hinterſtube verſchließen, aber wenn Ihre Trompeter um die Ecke blaſen, reißt es ſie mit unwiderſtehlicher Gewalt an's Fenſter. Wenn ſie
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und dazu den Bovillard anſehen müſſen, der wie der
Sonnenſchein über die Parade ſpazierte.“
„Sag' ich doch, man hat zuweilen im Leben
Pech und weiß nicht wo's herkommt.“
Der Rittmeiſter hatte die Worte des Arreſtaten
noch gehört, als er eintrat, den Roſabrief auf den
Tiſch warf, und ſich auf den Schemel: „Iſt das Pech,
oder nicht, oder was iſt es! Ich weiß es nicht.“
„Onkel, ein Rendez-vous? Will's Dir abkaufen,
unbeſehens. Bin generös. Den erſten Wechſel dafür.“
„Leſt mal das Zeug. Ich kriegs nicht klar.“
Der Arreſtat las: „„Wenn ein menſchliches Herz
in Ihnen ſchlägt, ſo ſetzen Sie Ihr Betragen nicht
fort. Mein Gott im Himmel, iſt es denn möglich,
daß ein Cavalier, ein Officier des Königs, ein Mann,
dem man ſonſt gute Eigenſchaften nicht abſpricht, im
Martern eines weiblichen Herzens ſein Vergnügen
finden kann! Wenn Sie auf unſre Bitten nicht hören
wollen, wenn Sie Ihre Schwadron täglich vorüber
reiten laſſen müſſen, treiben Sie den Hohn wenig¬
ſtens nicht ſo weit, immer vor ihrem Fenſter den
Bart zu ſtreichen. Sie ſehen freilich nicht die Dolch¬
ſtiche, die es in das Herz der Armen drückt, denn
die Balſaminen verbergen ſie Ihren Augen. Wir
vertheidigen die Arme nicht, ſie iſt ein ſchwaches
Weib. Sie verſpricht uns wohl am Abend, morgen
will ſie ſich in die Hinterſtube verſchließen, aber wenn
Ihre Trompeter um die Ecke blaſen, reißt es ſie mit
unwiderſtehlicher Gewalt an's Fenſter. Wenn ſie
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/209>, abgerufen am 01.08.2024.
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