Alltag ihn empfing! sagte der Regierungsrath. Wie an¬ ders, ungenirt unterhält sie sich mit ihm."
Ein Geflüster war durch die Gesellschaft gegan¬ gen. Die schöne Baronin arbeitete sich zu der Gruppe, in der wir uns befinden: "Wissen Sie schon? 'S ist nichts mit ihm. Er bleibt nicht hier. Der König will ihn nicht. 'S ist doch schrecklich!"
Man steckte die Köpfe zusammen, und das Ge¬ heimniß, welches die Fürstin der Wirthin anvertraut, war längst ein Gemeingut, als die Gesellschaft zu Tische ging. Vorher aber sah man ein Schauspiel, es war ein Impromptu. Adelheid hatte von der Tafel einen Blumenkranz ergriffen, und ihn plötzlich auf die Stirn des Dichters gedrückt: "Nun sind Sie ein freier Mann!"
Es war alles anders geworden, als die Ge¬ heimräthin gewollt. Die Bekränzung sollte stattfinden, aber in andrer Art, später, an der Tafel selbst. Sie hatte Figuranten geworben, die bei jedem Gespräch mit Phrasen aus des Dichters Schriften ihm ant¬ worten sollten; das mußte jetzt rückgängig gemacht werden, es paßte nicht mehr. Die Empfindsameren umringten ihn, statt mit Siegeshymnen, mit Condo¬ lenzversicherungen. Es sah nicht wie bei einem Freu¬ denfeste aus. Während die Mehrzahl nicht laut genug ihr Bedauern an den Tag legen zu können glaubte, schlichen andere fort. Die Geheimräthin begegnete dem General, der seinen Hut zum Gehen ergriffen.
Alltag ihn empfing! ſagte der Regierungsrath. Wie an¬ ders, ungenirt unterhält ſie ſich mit ihm.“
Ein Geflüſter war durch die Geſellſchaft gegan¬ gen. Die ſchöne Baronin arbeitete ſich zu der Gruppe, in der wir uns befinden: „Wiſſen Sie ſchon? 'S iſt nichts mit ihm. Er bleibt nicht hier. Der König will ihn nicht. 'S iſt doch ſchrecklich!“
Man ſteckte die Köpfe zuſammen, und das Ge¬ heimniß, welches die Fürſtin der Wirthin anvertraut, war längſt ein Gemeingut, als die Geſellſchaft zu Tiſche ging. Vorher aber ſah man ein Schauſpiel, es war ein Impromptu. Adelheid hatte von der Tafel einen Blumenkranz ergriffen, und ihn plötzlich auf die Stirn des Dichters gedrückt: „Nun ſind Sie ein freier Mann!“
Es war alles anders geworden, als die Ge¬ heimräthin gewollt. Die Bekränzung ſollte ſtattfinden, aber in andrer Art, ſpäter, an der Tafel ſelbſt. Sie hatte Figuranten geworben, die bei jedem Geſpräch mit Phraſen aus des Dichters Schriften ihm ant¬ worten ſollten; das mußte jetzt rückgängig gemacht werden, es paßte nicht mehr. Die Empfindſameren umringten ihn, ſtatt mit Siegeshymnen, mit Condo¬ lenzverſicherungen. Es ſah nicht wie bei einem Freu¬ denfeſte aus. Während die Mehrzahl nicht laut genug ihr Bedauern an den Tag legen zu können glaubte, ſchlichen andere fort. Die Geheimräthin begegnete dem General, der ſeinen Hut zum Gehen ergriffen.
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Alltag ihn empfing! ſagte der Regierungsrath. Wie an¬
ders, ungenirt unterhält ſie ſich mit ihm.“
Ein Geflüſter war durch die Geſellſchaft gegan¬
gen. Die ſchöne Baronin arbeitete ſich zu der Gruppe,
in der wir uns befinden: „Wiſſen Sie ſchon? 'S
iſt nichts mit ihm. Er bleibt nicht hier. Der König
will ihn nicht. 'S iſt doch ſchrecklich!“
Man ſteckte die Köpfe zuſammen, und das Ge¬
heimniß, welches die Fürſtin der Wirthin anvertraut,
war längſt ein Gemeingut, als die Geſellſchaft zu
Tiſche ging. Vorher aber ſah man ein Schauſpiel,
es war ein Impromptu. Adelheid hatte von der
Tafel einen Blumenkranz ergriffen, und ihn plötzlich
auf die Stirn des Dichters gedrückt: „Nun ſind Sie
ein freier Mann!“
Es war alles anders geworden, als die Ge¬
heimräthin gewollt. Die Bekränzung ſollte ſtattfinden,
aber in andrer Art, ſpäter, an der Tafel ſelbſt. Sie
hatte Figuranten geworben, die bei jedem Geſpräch
mit Phraſen aus des Dichters Schriften ihm ant¬
worten ſollten; das mußte jetzt rückgängig gemacht
werden, es paßte nicht mehr. Die Empfindſameren
umringten ihn, ſtatt mit Siegeshymnen, mit Condo¬
lenzverſicherungen. Es ſah nicht wie bei einem Freu¬
denfeſte aus. Während die Mehrzahl nicht laut
genug ihr Bedauern an den Tag legen zu können
glaubte, ſchlichen andere fort. Die Geheimräthin
begegnete dem General, der ſeinen Hut zum Gehen
ergriffen.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/151>, abgerufen am 23.11.2024.
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