wach! Ja, theure Frau, die Obliegenheiten einer Mutter sind groß. Sie haben eine halb Gefallene aufgerichtet, aber wer sich vor dem Fallen noch fürch¬ ten kann, ist stets dem Fallen nah -- O weh! da fällt Ihr Diener -- ein Glück, daß der andere ihm das Präsentirbrett hielt. Der arme Mensch ist krank --"
"Aber Johann, wie konnte er auch!" fuhr die Geheimräthin auf.
Der Diener hatte sich wieder erhoben, und, es schien, erholt. Er versicherte es wenigstens, und wollte sich nicht hinausschicken lassen; es sei eben nur ein Schwindel gewesen. Die Geheimräthin versicherte der Fürstin, sie habe so viel Lohnbedienten angenom¬ men, daß Johann gar nicht nöthig gehabt, selbst zu serviren; er habe es nur aus Eigensinn gethan."
"Oder Furcht, daß seine Herrschaft ihn für ent¬ behrlich hält, sagte die Fürstin. -- Wie liebreich Adel¬ heid ihm zuspricht! Sie hat ihn überredet, sie schickt ihn hinaus. Bravo! Hören Sie! Herren und Da¬ men sind entzückt, sie muß etwas Seelenvolles gesagt haben."
Die Geheimräthin fand sich allein. Auch die Fürstin war zu denen geeilt, die Adelheid mit ihrem Beifall überhäuften. Die Geheimräthin fand sich sehr allein. Nur Diener, auf den Tag gemiethet, in Livreen, frisirt oder noch in Perrücken, bewegten sich in den Zimmern, mit den Vorbereitungen für die Abendtische beschäftigt. Sie kannte mehre von ihnen nicht. Der eine schien im Vorübergehen einen selt¬
wach! Ja, theure Frau, die Obliegenheiten einer Mutter ſind groß. Sie haben eine halb Gefallene aufgerichtet, aber wer ſich vor dem Fallen noch fürch¬ ten kann, iſt ſtets dem Fallen nah — O weh! da fällt Ihr Diener — ein Glück, daß der andere ihm das Präſentirbrett hielt. Der arme Menſch iſt krank —“
„Aber Johann, wie konnte er auch!“ fuhr die Geheimräthin auf.
Der Diener hatte ſich wieder erhoben, und, es ſchien, erholt. Er verſicherte es wenigſtens, und wollte ſich nicht hinausſchicken laſſen; es ſei eben nur ein Schwindel geweſen. Die Geheimräthin verſicherte der Fürſtin, ſie habe ſo viel Lohnbedienten angenom¬ men, daß Johann gar nicht nöthig gehabt, ſelbſt zu ſerviren; er habe es nur aus Eigenſinn gethan.“
„Oder Furcht, daß ſeine Herrſchaft ihn für ent¬ behrlich hält, ſagte die Fürſtin. — Wie liebreich Adel¬ heid ihm zuſpricht! Sie hat ihn überredet, ſie ſchickt ihn hinaus. Bravo! Hören Sie! Herren und Da¬ men ſind entzückt, ſie muß etwas Seelenvolles geſagt haben.“
Die Geheimräthin fand ſich allein. Auch die Fürſtin war zu denen geeilt, die Adelheid mit ihrem Beifall überhäuften. Die Geheimräthin fand ſich ſehr allein. Nur Diener, auf den Tag gemiethet, in Livreen, friſirt oder noch in Perrücken, bewegten ſich in den Zimmern, mit den Vorbereitungen für die Abendtiſche beſchäftigt. Sie kannte mehre von ihnen nicht. Der eine ſchien im Vorübergehen einen ſelt¬
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wach! Ja, theure Frau, die Obliegenheiten einer
Mutter ſind groß. Sie haben eine halb Gefallene
aufgerichtet, aber wer ſich vor dem Fallen noch fürch¬
ten kann, iſt ſtets dem Fallen nah — O weh! da
fällt Ihr Diener — ein Glück, daß der andere ihm
das Präſentirbrett hielt. Der arme Menſch iſt krank —“
„Aber Johann, wie konnte er auch!“ fuhr die
Geheimräthin auf.
Der Diener hatte ſich wieder erhoben, und, es
ſchien, erholt. Er verſicherte es wenigſtens, und
wollte ſich nicht hinausſchicken laſſen; es ſei eben nur
ein Schwindel geweſen. Die Geheimräthin verſicherte
der Fürſtin, ſie habe ſo viel Lohnbedienten angenom¬
men, daß Johann gar nicht nöthig gehabt, ſelbſt zu
ſerviren; er habe es nur aus Eigenſinn gethan.“
„Oder Furcht, daß ſeine Herrſchaft ihn für ent¬
behrlich hält, ſagte die Fürſtin. — Wie liebreich Adel¬
heid ihm zuſpricht! Sie hat ihn überredet, ſie ſchickt
ihn hinaus. Bravo! Hören Sie! Herren und Da¬
men ſind entzückt, ſie muß etwas Seelenvolles geſagt
haben.“
Die Geheimräthin fand ſich allein. Auch die
Fürſtin war zu denen geeilt, die Adelheid mit ihrem
Beifall überhäuften. Die Geheimräthin fand ſich ſehr
allein. Nur Diener, auf den Tag gemiethet, in
Livreen, friſirt oder noch in Perrücken, bewegten ſich
in den Zimmern, mit den Vorbereitungen für die
Abendtiſche beſchäftigt. Sie kannte mehre von ihnen
nicht. Der eine ſchien im Vorübergehen einen ſelt¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/144>, abgerufen am 24.11.2024.
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