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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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"Die neuesten Mysterien von Berlin. Und es
ist exakte Wahrheit."

Er zog sie hinter den Ofen, und flüsterte, die
Hand am Munde, etwas, was ihn selbst wenigstens
angenehm kitzeln mußte, denn das Gesicht verlor im
Erzählen den diplomatischen Ausdruck.

"Qu'en dites-vous? Aber es bleibt ein My¬
sterium."

"Was sagen Sie dazu?" fragte der Regierungs¬
rath, als Laforest sie verlassen.

"Daß Berlin auf gutem Wege ist Paris zu
werden. Aber das riecht sogar nach Byzanz. Im
Augenblick des höchsten Ernstes ein solches Spiel
niederträchtiger Frivolität!"

"Diese Menschen können nicht aus ihrer Natur."

"Was solls mich denn kümmern, ob Einer mehr
noch einen Faden treibt in das Gewebe verstockter
Thorheit, niederträchtiger Gesinnung und liederlichen
Willens!"

"Sie müssen spielen um zu leben."

"Man naht doch mit heiliger Scheu der Stätte,
die ein großer Geist geweiht hat. Noch sind's nicht
zwanzig Jahr, daß sein Auge leuchtete, seine Stimme
tönte, und nur solche Creaturen wimmelnd im Dunst¬
kreis seines Grabes! Sind das die Würmer, die an
des Riesen Leichnam nagten? Oder, fragt man sich
unwillkürlich, erschien auch der Riese uns nur so gigan¬
tisch in seinem Dunstkreise? Und war es anders, wenn
man ihn im Schlafrock sah."

„Die neueſten Myſterien von Berlin. Und es
iſt exakte Wahrheit.“

Er zog ſie hinter den Ofen, und flüſterte, die
Hand am Munde, etwas, was ihn ſelbſt wenigſtens
angenehm kitzeln mußte, denn das Geſicht verlor im
Erzählen den diplomatiſchen Ausdruck.

„Qu'en dites-vous? Aber es bleibt ein My¬
ſterium.“

„Was ſagen Sie dazu?“ fragte der Regierungs¬
rath, als Laforeſt ſie verlaſſen.

„Daß Berlin auf gutem Wege iſt Paris zu
werden. Aber das riecht ſogar nach Byzanz. Im
Augenblick des höchſten Ernſtes ein ſolches Spiel
niederträchtiger Frivolität!“

„Dieſe Menſchen können nicht aus ihrer Natur.“

„Was ſolls mich denn kümmern, ob Einer mehr
noch einen Faden treibt in das Gewebe verſtockter
Thorheit, niederträchtiger Geſinnung und liederlichen
Willens!“

„Sie müſſen ſpielen um zu leben.“

„Man naht doch mit heiliger Scheu der Stätte,
die ein großer Geiſt geweiht hat. Noch ſind's nicht
zwanzig Jahr, daß ſein Auge leuchtete, ſeine Stimme
tönte, und nur ſolche Creaturen wimmelnd im Dunſt¬
kreis ſeines Grabes! Sind das die Würmer, die an
des Rieſen Leichnam nagten? Oder, fragt man ſich
unwillkürlich, erſchien auch der Rieſe uns nur ſo gigan¬
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[112/0122] „Die neueſten Myſterien von Berlin. Und es iſt exakte Wahrheit.“ Er zog ſie hinter den Ofen, und flüſterte, die Hand am Munde, etwas, was ihn ſelbſt wenigſtens angenehm kitzeln mußte, denn das Geſicht verlor im Erzählen den diplomatiſchen Ausdruck. „Qu'en dites-vous? Aber es bleibt ein My¬ ſterium.“ „Was ſagen Sie dazu?“ fragte der Regierungs¬ rath, als Laforeſt ſie verlaſſen. „Daß Berlin auf gutem Wege iſt Paris zu werden. Aber das riecht ſogar nach Byzanz. Im Augenblick des höchſten Ernſtes ein ſolches Spiel niederträchtiger Frivolität!“ „Dieſe Menſchen können nicht aus ihrer Natur.“ „Was ſolls mich denn kümmern, ob Einer mehr noch einen Faden treibt in das Gewebe verſtockter Thorheit, niederträchtiger Geſinnung und liederlichen Willens!“ „Sie müſſen ſpielen um zu leben.“ „Man naht doch mit heiliger Scheu der Stätte, die ein großer Geiſt geweiht hat. Noch ſind's nicht zwanzig Jahr, daß ſein Auge leuchtete, ſeine Stimme tönte, und nur ſolche Creaturen wimmelnd im Dunſt¬ kreis ſeines Grabes! Sind das die Würmer, die an des Rieſen Leichnam nagten? Oder, fragt man ſich unwillkürlich, erſchien auch der Rieſe uns nur ſo gigan¬ tiſch in ſeinem Dunſtkreiſe? Und war es anders, wenn man ihn im Schlafrock ſah.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/122>, abgerufen am 23.11.2024.