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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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bereite und gönne ihr kein Vergnügen, was sie sich
nicht abstehle. Eine andere rief: "Und wie unrecht
von ihm, denn von ihr kommt doch das Geld!"

Es war eine glänzende Gesellschaft aus den
höhern Kreisen des mittlern Lebens. Aber man muß
an eine Gesellschaft aus dem Anfang dieses Jahr¬
hunderts ebensowenig den Maaßstab des Glanzes
von heut legen, als an die Komödienhäuser von
damals den unserer Theater. Der Vergleich geht
vielleicht noch weiter. Die Kleiderstoffe und Geschirre
waren kostbarer, gediegener und dauerhaltiger, aber
im künstlichen Ausbeuten und geschickten Zerlegen des
Stoffes, damit jeder Theil seine Wirkung erhalte,
haben wir es weiter gebracht. Trifft das vielleicht
auch auf die Unterhaltung zu? -- Aber gar keinen
Vergleich duldeten die Räumlichkeiten. Unsere Bürger¬
häuser werden Palläste. Diese hohen Räume, die ge¬
waltigen Fenster und Flügelthüren, welche den Zim¬
mern die Wände stehlen, fand man zu Anfang dieses
Jahrhunderts nur in den wenigen aristokratischen
Häusern der neuen Stadt. Die vornehmen Bürgerhäuser
in den Vierteln der Friedrichsstadt aus Friedrichs Zeit
geben zum Theil anspruchsvolle Facaden, aber im Innern
ist alles klein und zugemessen. Die niedrigern Zimmer
liefen eines in das andere; dennoch blieb der Woh¬
nung etwas wohnliches, weil Flügelthüren und Fenster
nicht die Räume unnatürlich verkürzten und der Mensch
Platz für sich und seine Sachen an den Wänden fand
und trauliche Winkel sich zu verlieren.

bereite und gönne ihr kein Vergnügen, was ſie ſich
nicht abſtehle. Eine andere rief: „Und wie unrecht
von ihm, denn von ihr kommt doch das Geld!“

Es war eine glänzende Geſellſchaft aus den
höhern Kreiſen des mittlern Lebens. Aber man muß
an eine Geſellſchaft aus dem Anfang dieſes Jahr¬
hunderts ebenſowenig den Maaßſtab des Glanzes
von heut legen, als an die Komödienhäuſer von
damals den unſerer Theater. Der Vergleich geht
vielleicht noch weiter. Die Kleiderſtoffe und Geſchirre
waren koſtbarer, gediegener und dauerhaltiger, aber
im künſtlichen Ausbeuten und geſchickten Zerlegen des
Stoffes, damit jeder Theil ſeine Wirkung erhalte,
haben wir es weiter gebracht. Trifft das vielleicht
auch auf die Unterhaltung zu? — Aber gar keinen
Vergleich duldeten die Räumlichkeiten. Unſere Bürger¬
häuſer werden Palläſte. Dieſe hohen Räume, die ge¬
waltigen Fenſter und Flügelthüren, welche den Zim¬
mern die Wände ſtehlen, fand man zu Anfang dieſes
Jahrhunderts nur in den wenigen ariſtokratiſchen
Häuſern der neuen Stadt. Die vornehmen Bürgerhäuſer
in den Vierteln der Friedrichsſtadt aus Friedrichs Zeit
geben zum Theil anſpruchsvolle Façaden, aber im Innern
iſt alles klein und zugemeſſen. Die niedrigern Zimmer
liefen eines in das andere; dennoch blieb der Woh¬
nung etwas wohnliches, weil Flügelthüren und Fenſter
nicht die Räume unnatürlich verkürzten und der Menſch
Platz für ſich und ſeine Sachen an den Wänden fand
und trauliche Winkel ſich zu verlieren.

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[43/0057] bereite und gönne ihr kein Vergnügen, was ſie ſich nicht abſtehle. Eine andere rief: „Und wie unrecht von ihm, denn von ihr kommt doch das Geld!“ Es war eine glänzende Geſellſchaft aus den höhern Kreiſen des mittlern Lebens. Aber man muß an eine Geſellſchaft aus dem Anfang dieſes Jahr¬ hunderts ebenſowenig den Maaßſtab des Glanzes von heut legen, als an die Komödienhäuſer von damals den unſerer Theater. Der Vergleich geht vielleicht noch weiter. Die Kleiderſtoffe und Geſchirre waren koſtbarer, gediegener und dauerhaltiger, aber im künſtlichen Ausbeuten und geſchickten Zerlegen des Stoffes, damit jeder Theil ſeine Wirkung erhalte, haben wir es weiter gebracht. Trifft das vielleicht auch auf die Unterhaltung zu? — Aber gar keinen Vergleich duldeten die Räumlichkeiten. Unſere Bürger¬ häuſer werden Palläſte. Dieſe hohen Räume, die ge¬ waltigen Fenſter und Flügelthüren, welche den Zim¬ mern die Wände ſtehlen, fand man zu Anfang dieſes Jahrhunderts nur in den wenigen ariſtokratiſchen Häuſern der neuen Stadt. Die vornehmen Bürgerhäuſer in den Vierteln der Friedrichsſtadt aus Friedrichs Zeit geben zum Theil anſpruchsvolle Façaden, aber im Innern iſt alles klein und zugemeſſen. Die niedrigern Zimmer liefen eines in das andere; dennoch blieb der Woh¬ nung etwas wohnliches, weil Flügelthüren und Fenſter nicht die Räume unnatürlich verkürzten und der Menſch Platz für ſich und ſeine Sachen an den Wänden fand und trauliche Winkel ſich zu verlieren.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/57>, abgerufen am 29.11.2024.