Die Geheimräthin stieg die Hintertreppe hinab, auf der sie gekommen. Sie ging langsam, oft, schien es, in Gedanken versinkend.
Auf dem Podest blieb sie stehen, von wo man einen Blick durch ein Wandfenster in die Küche hat. Charlotte spielte mit den Kindern, oder vielmehr die Kinder spielten mit Charlotte. Sie zupften sie vom Heerde fort. Malwine wollte ihr etwas ins Ohr sagen, derweil kletterte das Fritzchen heimlich auf den Heerd und schüttete die Salzmetze in die Kasserolle. Malwine fing plötzlich an zu lachen und ätschte das Mädchen aus, Fritzchen war mit einem Satz vom Heerde auf ihrem Rücken und umschlang ihren Nacken mit den Armen. Sie sträubte sich, schimpfte und suchte den Alp loszuwerden, die Kinder tobten, sie schlug.
Eine charmante Erziehungsscene, dachte die Ge¬ heimräthin und unwillkürlich entschlüpfte es ihren Lippen: "Es wäre eigentlich nicht so übel, wenn der liebe Gott die Kinder zu sich nähme!"
Drittes Kapitel. Eine Heimfahrt.
Die Geheimräthin ſtieg die Hintertreppe hinab, auf der ſie gekommen. Sie ging langſam, oft, ſchien es, in Gedanken verſinkend.
Auf dem Podeſt blieb ſie ſtehen, von wo man einen Blick durch ein Wandfenſter in die Küche hat. Charlotte ſpielte mit den Kindern, oder vielmehr die Kinder ſpielten mit Charlotte. Sie zupften ſie vom Heerde fort. Malwine wollte ihr etwas ins Ohr ſagen, derweil kletterte das Fritzchen heimlich auf den Heerd und ſchüttete die Salzmetze in die Kaſſerolle. Malwine fing plötzlich an zu lachen und ätſchte das Mädchen aus, Fritzchen war mit einem Satz vom Heerde auf ihrem Rücken und umſchlang ihren Nacken mit den Armen. Sie ſträubte ſich, ſchimpfte und ſuchte den Alp loszuwerden, die Kinder tobten, ſie ſchlug.
Eine charmante Erziehungsſcene, dachte die Ge¬ heimräthin und unwillkürlich entſchlüpfte es ihren Lippen: „Es wäre eigentlich nicht ſo übel, wenn der liebe Gott die Kinder zu ſich nähme!“
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Drittes Kapitel.
Eine Heimfahrt.
Die Geheimräthin ſtieg die Hintertreppe hinab,
auf der ſie gekommen. Sie ging langſam, oft, ſchien
es, in Gedanken verſinkend.
Auf dem Podeſt blieb ſie ſtehen, von wo man
einen Blick durch ein Wandfenſter in die Küche hat.
Charlotte ſpielte mit den Kindern, oder vielmehr die
Kinder ſpielten mit Charlotte. Sie zupften ſie vom
Heerde fort. Malwine wollte ihr etwas ins Ohr
ſagen, derweil kletterte das Fritzchen heimlich auf den
Heerd und ſchüttete die Salzmetze in die Kaſſerolle.
Malwine fing plötzlich an zu lachen und ätſchte das
Mädchen aus, Fritzchen war mit einem Satz vom
Heerde auf ihrem Rücken und umſchlang ihren Nacken
mit den Armen. Sie ſträubte ſich, ſchimpfte und ſuchte
den Alp loszuwerden, die Kinder tobten, ſie ſchlug.
Eine charmante Erziehungsſcene, dachte die Ge¬
heimräthin und unwillkürlich entſchlüpfte es ihren
Lippen: „Es wäre eigentlich nicht ſo übel, wenn der
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. [30]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/44>, abgerufen am 24.11.2024.
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