aus dem gebrochenen Spiegel grüßte ihn sein Bild, ihn daran erinnernd, daß er so auf der Straße sich nicht zeigen dürfe. Er ging nach dem Seitenzimmer zurück, seinen Rock zu holen. Die Luft wimmelte wie von Schneeflocken. Von der Zugluft, welche die aufgestoßene Thür verursachte, wirbelten die Federn aus den Betten, welche sie in muthwilliger Zerstö¬ rungslust aufgeschnitten. Vergebens suchte er nach Rock und Hut. Sie waren verschwunden, gestohlen. Fort aus dieser Höhle der Verwüstung! Die ihm wohlbekannte Hinterthür war verschlossen, der Schlüssel fehlte. Er eilte zurück nach dem Vorzimmer; auch diese Thür war zu; er war eingeschlossen. Sollte er Lärm machen? Nach so vielem Lärm? Er hatte keinen Grund die Trommel des Aufruhrs zu rühren.
Indem er noch, unschlüssig was er thun solle, aufmerksam beobachtend umher ging, fiel sein Auge auf einen Kamin, der nach alter Art in einen wei¬ ten, aber nur kurzen Schornstein führte. Er erinnerte sich aus fröhlichen Abenden, daß die heitere Unter¬ haltung oft durch das Brausen des Windes gestört wurde, wenn es stark wehte, selbst Regen und Schneewirbel unter die lustigen Kinder hier getrieben wurden.
Indem er den Kamin untersuchen wollte, ob von da vielleicht ein Ausgang zu entdecken wäre, entdeckte er etwas, was er nicht erwartet, einen Stock und zwei Beine, die sich vergebens in die Höhe zu ziehen suchten. Als er sie ergriff, stieß eine Stimme,
aus dem gebrochenen Spiegel grüßte ihn ſein Bild, ihn daran erinnernd, daß er ſo auf der Straße ſich nicht zeigen dürfe. Er ging nach dem Seitenzimmer zurück, ſeinen Rock zu holen. Die Luft wimmelte wie von Schneeflocken. Von der Zugluft, welche die aufgeſtoßene Thür verurſachte, wirbelten die Federn aus den Betten, welche ſie in muthwilliger Zerſtö¬ rungsluſt aufgeſchnitten. Vergebens ſuchte er nach Rock und Hut. Sie waren verſchwunden, geſtohlen. Fort aus dieſer Höhle der Verwüſtung! Die ihm wohlbekannte Hinterthür war verſchloſſen, der Schlüſſel fehlte. Er eilte zurück nach dem Vorzimmer; auch dieſe Thür war zu; er war eingeſchloſſen. Sollte er Lärm machen? Nach ſo vielem Lärm? Er hatte keinen Grund die Trommel des Aufruhrs zu rühren.
Indem er noch, unſchlüſſig was er thun ſolle, aufmerkſam beobachtend umher ging, fiel ſein Auge auf einen Kamin, der nach alter Art in einen wei¬ ten, aber nur kurzen Schornſtein führte. Er erinnerte ſich aus fröhlichen Abenden, daß die heitere Unter¬ haltung oft durch das Brauſen des Windes geſtört wurde, wenn es ſtark wehte, ſelbſt Regen und Schneewirbel unter die luſtigen Kinder hier getrieben wurden.
Indem er den Kamin unterſuchen wollte, ob von da vielleicht ein Ausgang zu entdecken wäre, entdeckte er etwas, was er nicht erwartet, einen Stock und zwei Beine, die ſich vergebens in die Höhe zu ziehen ſuchten. Als er ſie ergriff, ſtieß eine Stimme,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0336"n="322"/>
aus dem gebrochenen Spiegel grüßte ihn ſein Bild,<lb/>
ihn daran erinnernd, daß er ſo auf der Straße ſich<lb/>
nicht zeigen dürfe. Er ging nach dem Seitenzimmer<lb/>
zurück, ſeinen Rock zu holen. Die Luft wimmelte<lb/>
wie von Schneeflocken. Von der Zugluft, welche die<lb/>
aufgeſtoßene Thür verurſachte, wirbelten die Federn<lb/>
aus den Betten, welche ſie in muthwilliger Zerſtö¬<lb/>
rungsluſt aufgeſchnitten. Vergebens ſuchte er nach<lb/>
Rock und Hut. Sie waren verſchwunden, geſtohlen.<lb/>
Fort aus dieſer Höhle der Verwüſtung! Die ihm<lb/>
wohlbekannte Hinterthür war verſchloſſen, der Schlüſſel<lb/>
fehlte. Er eilte zurück nach dem Vorzimmer; auch<lb/>
dieſe Thür war zu; er war eingeſchloſſen. Sollte er<lb/>
Lärm machen? Nach ſo vielem Lärm? Er hatte<lb/>
keinen Grund die Trommel des Aufruhrs zu rühren.</p><lb/><p>Indem er noch, unſchlüſſig was er thun ſolle,<lb/>
aufmerkſam beobachtend umher ging, fiel ſein Auge<lb/>
auf einen Kamin, der nach alter Art in einen wei¬<lb/>
ten, aber nur kurzen Schornſtein führte. Er erinnerte<lb/>ſich aus fröhlichen Abenden, daß die heitere Unter¬<lb/>
haltung oft durch das Brauſen des Windes geſtört<lb/>
wurde, wenn es ſtark wehte, ſelbſt Regen und<lb/>
Schneewirbel unter die luſtigen Kinder hier getrieben<lb/>
wurden.</p><lb/><p>Indem er den Kamin unterſuchen wollte, ob<lb/>
von da vielleicht ein Ausgang zu entdecken wäre,<lb/>
entdeckte er etwas, was er nicht erwartet, einen Stock<lb/>
und zwei Beine, die ſich vergebens in die Höhe zu<lb/>
ziehen ſuchten. Als er ſie ergriff, ſtieß eine Stimme,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[322/0336]
aus dem gebrochenen Spiegel grüßte ihn ſein Bild,
ihn daran erinnernd, daß er ſo auf der Straße ſich
nicht zeigen dürfe. Er ging nach dem Seitenzimmer
zurück, ſeinen Rock zu holen. Die Luft wimmelte
wie von Schneeflocken. Von der Zugluft, welche die
aufgeſtoßene Thür verurſachte, wirbelten die Federn
aus den Betten, welche ſie in muthwilliger Zerſtö¬
rungsluſt aufgeſchnitten. Vergebens ſuchte er nach
Rock und Hut. Sie waren verſchwunden, geſtohlen.
Fort aus dieſer Höhle der Verwüſtung! Die ihm
wohlbekannte Hinterthür war verſchloſſen, der Schlüſſel
fehlte. Er eilte zurück nach dem Vorzimmer; auch
dieſe Thür war zu; er war eingeſchloſſen. Sollte er
Lärm machen? Nach ſo vielem Lärm? Er hatte
keinen Grund die Trommel des Aufruhrs zu rühren.
Indem er noch, unſchlüſſig was er thun ſolle,
aufmerkſam beobachtend umher ging, fiel ſein Auge
auf einen Kamin, der nach alter Art in einen wei¬
ten, aber nur kurzen Schornſtein führte. Er erinnerte
ſich aus fröhlichen Abenden, daß die heitere Unter¬
haltung oft durch das Brauſen des Windes geſtört
wurde, wenn es ſtark wehte, ſelbſt Regen und
Schneewirbel unter die luſtigen Kinder hier getrieben
wurden.
Indem er den Kamin unterſuchen wollte, ob
von da vielleicht ein Ausgang zu entdecken wäre,
entdeckte er etwas, was er nicht erwartet, einen Stock
und zwei Beine, die ſich vergebens in die Höhe zu
ziehen ſuchten. Als er ſie ergriff, ſtieß eine Stimme,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/336>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.