Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

dieser besondern Verdienste willen auch vor dem
Publicum gerechtfertigt zu erscheinen Anspruch haben.
Euer Majestät können ihnen keine willkommenere
Rechtfertigung gewähren, als indem Sie über die
Anschuldigungen des Hasses und des Neides mit
stummer Verachtung wegsehend, Ihre Gnade walten
lassen.""

"Bravo, bravo!" riefen die Zuhörer.

"O es kommt noch besser, dieser Schluß muß
sein Herz erweichen: ""Was ist ein Staat ohne
Moralität seiner Bürger, was eine Monarchie, wo
der Unterthan und der Beamte nicht in Unbescholten¬
heit und sittlicher Würde wenigstens nachzueifern strebt
dem erhabenen Exempel, das sein Oberhaupt dem
Lande und Volke täglich giebt.""

"Bravissimo! Er ist gerettet!" Noch einmal
wurden die Gläser gefüllt und erklangen auf den
edlen Menschenfreund, der über die Kabale gesiegt.
Das Concept wanderte in die Kanzlei, wo man ein
Citissime mit mehr Respect behandelte, und die Rein¬
schrift kam, wie wir aus dem Erfolg annehmen, noch
zur rechten Zeit an Ort und Stelle. Der Kammer¬
herr wollte abfahren, der Minister aber Lhombre
spielen. Der Kammerherr hatte Bedenken wegen des
Predigers, alle drei aber bedachten, daß man nach
der Arbeit ausruhen muß. Erst in der Nacht wur¬
den die Karten weggelegt. Der Minister und sein
Geheimrath warfen sich in Surtouts, um die Küh¬
lung der Abendluft in den Straßen zu genießen.



dieſer beſondern Verdienſte willen auch vor dem
Publicum gerechtfertigt zu erſcheinen Anſpruch haben.
Euer Majeſtät können ihnen keine willkommenere
Rechtfertigung gewähren, als indem Sie über die
Anſchuldigungen des Haſſes und des Neides mit
ſtummer Verachtung wegſehend, Ihre Gnade walten
laſſen.““

„Bravo, bravo!“ riefen die Zuhörer.

„O es kommt noch beſſer, dieſer Schluß muß
ſein Herz erweichen: „„Was iſt ein Staat ohne
Moralität ſeiner Bürger, was eine Monarchie, wo
der Unterthan und der Beamte nicht in Unbeſcholten¬
heit und ſittlicher Würde wenigſtens nachzueifern ſtrebt
dem erhabenen Exempel, das ſein Oberhaupt dem
Lande und Volke täglich giebt.““

„Braviſſimo! Er iſt gerettet!“ Noch einmal
wurden die Gläſer gefüllt und erklangen auf den
edlen Menſchenfreund, der über die Kabale geſiegt.
Das Concept wanderte in die Kanzlei, wo man ein
Citiſſime mit mehr Reſpect behandelte, und die Rein¬
ſchrift kam, wie wir aus dem Erfolg annehmen, noch
zur rechten Zeit an Ort und Stelle. Der Kammer¬
herr wollte abfahren, der Miniſter aber Lhombre
ſpielen. Der Kammerherr hatte Bedenken wegen des
Predigers, alle drei aber bedachten, daß man nach
der Arbeit ausruhen muß. Erſt in der Nacht wur¬
den die Karten weggelegt. Der Miniſter und ſein
Geheimrath warfen ſich in Surtouts, um die Küh¬
lung der Abendluft in den Straßen zu genießen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0286" n="272"/>
die&#x017F;er be&#x017F;ondern Verdien&#x017F;te willen auch vor dem<lb/>
Publicum gerechtfertigt zu er&#x017F;cheinen An&#x017F;pruch haben.<lb/>
Euer Maje&#x017F;tät können ihnen keine willkommenere<lb/>
Rechtfertigung gewähren, als indem Sie über die<lb/>
An&#x017F;chuldigungen des Ha&#x017F;&#x017F;es und des Neides mit<lb/>
&#x017F;tummer Verachtung weg&#x017F;ehend, Ihre Gnade walten<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bravo, bravo!&#x201C; riefen die Zuhörer.</p><lb/>
        <p>&#x201E;O es kommt noch be&#x017F;&#x017F;er, die&#x017F;er Schluß muß<lb/>
&#x017F;ein Herz erweichen: &#x201E;&#x201E;Was i&#x017F;t ein Staat ohne<lb/>
Moralität &#x017F;einer Bürger, was eine Monarchie, wo<lb/>
der Unterthan und der Beamte nicht in Unbe&#x017F;cholten¬<lb/>
heit und &#x017F;ittlicher Würde wenig&#x017F;tens nachzueifern &#x017F;trebt<lb/>
dem erhabenen Exempel, das &#x017F;ein Oberhaupt dem<lb/>
Lande und Volke täglich giebt.&#x201C;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bravi&#x017F;&#x017F;imo! Er i&#x017F;t gerettet!&#x201C; Noch einmal<lb/>
wurden die Glä&#x017F;er gefüllt und erklangen auf den<lb/>
edlen Men&#x017F;chenfreund, der über die Kabale ge&#x017F;iegt.<lb/>
Das Concept wanderte in die Kanzlei, wo man ein<lb/>
Citi&#x017F;&#x017F;ime mit mehr Re&#x017F;pect behandelte, und die Rein¬<lb/>
&#x017F;chrift kam, wie wir aus dem Erfolg annehmen, noch<lb/>
zur rechten Zeit an Ort und Stelle. Der Kammer¬<lb/>
herr wollte abfahren, der Mini&#x017F;ter aber Lhombre<lb/>
&#x017F;pielen. Der Kammerherr hatte Bedenken wegen des<lb/>
Predigers, alle drei aber bedachten, daß man nach<lb/>
der Arbeit ausruhen muß. Er&#x017F;t in der Nacht wur¬<lb/>
den die Karten weggelegt. Der Mini&#x017F;ter und &#x017F;ein<lb/>
Geheimrath warfen &#x017F;ich in Surtouts, um die Küh¬<lb/>
lung der Abendluft in den Straßen zu genießen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0286] dieſer beſondern Verdienſte willen auch vor dem Publicum gerechtfertigt zu erſcheinen Anſpruch haben. Euer Majeſtät können ihnen keine willkommenere Rechtfertigung gewähren, als indem Sie über die Anſchuldigungen des Haſſes und des Neides mit ſtummer Verachtung wegſehend, Ihre Gnade walten laſſen.““ „Bravo, bravo!“ riefen die Zuhörer. „O es kommt noch beſſer, dieſer Schluß muß ſein Herz erweichen: „„Was iſt ein Staat ohne Moralität ſeiner Bürger, was eine Monarchie, wo der Unterthan und der Beamte nicht in Unbeſcholten¬ heit und ſittlicher Würde wenigſtens nachzueifern ſtrebt dem erhabenen Exempel, das ſein Oberhaupt dem Lande und Volke täglich giebt.““ „Braviſſimo! Er iſt gerettet!“ Noch einmal wurden die Gläſer gefüllt und erklangen auf den edlen Menſchenfreund, der über die Kabale geſiegt. Das Concept wanderte in die Kanzlei, wo man ein Citiſſime mit mehr Reſpect behandelte, und die Rein¬ ſchrift kam, wie wir aus dem Erfolg annehmen, noch zur rechten Zeit an Ort und Stelle. Der Kammer¬ herr wollte abfahren, der Miniſter aber Lhombre ſpielen. Der Kammerherr hatte Bedenken wegen des Predigers, alle drei aber bedachten, daß man nach der Arbeit ausruhen muß. Erſt in der Nacht wur¬ den die Karten weggelegt. Der Miniſter und ſein Geheimrath warfen ſich in Surtouts, um die Küh¬ lung der Abendluft in den Straßen zu genießen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/286
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/286>, abgerufen am 23.11.2024.