sprach meine Frau beim Anblick der Urne auf der Rousseau-Insel einige gefühlvolle Wort[e]. Die Jun¬ gen schnappten es auf; wir mußten ihnen erklären, wer Rousseau gewesen, es kam dazu, daß sie vor Kurzem den Robinson gelesen -- kurz die Jungen wollten als Einsiedler auf einer Insel leben. Sie glauben nicht, mit welchem Scharfsinn sie argumen¬ tirten. Wir riskirten, daß die Kinder uns eines Morgens fortliefen und nach der Rousseau-Insel wateten. Um den Scandal zu verhindern, ließ ich ihnen diese hier graben. Es gab eine angenehme Beschäftigung, und jetzt muß ich wirklich ihre Per¬ severence admiriren, mit der sie sich auf der Insel --
"Ennuyiren," fiel der Geheimerath ein.
Es trat eine Pause ein. Der Minister hub wieder an: "Ich gebe Ihnen zu, Bovillard, wir er¬ scheinen als Kinder, indem wir dies unterstützen. Ich gebe Ihnen noch mehr zu, meine ganze in einer großen Stadt hervorgezauberte Ländlichkeit ist auch nur ein Kinderspiel; wer aber hielte es aus ohne ein Spiel der Phantasie! Nur darin ist der Unter¬ schied, daß die Einen es wie ein joujou de la Nor¬ mandie in die Hand nehmen, um es aufzurollen und wieder fallen zu lassen. Wir Andere vertiefen uns, glücklich wenn wir in dem Spiel uns selbst vergessen."
"Die Tiefe Ihrer Sentiments, Excellenz, wird Ihnen Niemand abstreiten."
"Sagen Sie lieber Innigkeit, Zärtlichkeit, wie Sie wollen. Ich empfinde es tiefer als Viele, was
ſprach meine Frau beim Anblick der Urne auf der Rouſſeau-Inſel einige gefühlvolle Wort[e]. Die Jun¬ gen ſchnappten es auf; wir mußten ihnen erklären, wer Rouſſeau geweſen, es kam dazu, daß ſie vor Kurzem den Robinſon geleſen — kurz die Jungen wollten als Einſiedler auf einer Inſel leben. Sie glauben nicht, mit welchem Scharfſinn ſie argumen¬ tirten. Wir riskirten, daß die Kinder uns eines Morgens fortliefen und nach der Rouſſeau-Inſel wateten. Um den Scandal zu verhindern, ließ ich ihnen dieſe hier graben. Es gab eine angenehme Beſchäftigung, und jetzt muß ich wirklich ihre Per¬ ſeverence admiriren, mit der ſie ſich auf der Inſel —
„Ennuyiren,“ fiel der Geheimerath ein.
Es trat eine Pauſe ein. Der Miniſter hub wieder an: „Ich gebe Ihnen zu, Bovillard, wir er¬ ſcheinen als Kinder, indem wir dies unterſtützen. Ich gebe Ihnen noch mehr zu, meine ganze in einer großen Stadt hervorgezauberte Ländlichkeit iſt auch nur ein Kinderſpiel; wer aber hielte es aus ohne ein Spiel der Phantaſie! Nur darin iſt der Unter¬ ſchied, daß die Einen es wie ein joujou de la Nor¬ mandie in die Hand nehmen, um es aufzurollen und wieder fallen zu laſſen. Wir Andere vertiefen uns, glücklich wenn wir in dem Spiel uns ſelbſt vergeſſen.“
„Die Tiefe Ihrer Sentiments, Excellenz, wird Ihnen Niemand abſtreiten.“
„Sagen Sie lieber Innigkeit, Zärtlichkeit, wie Sie wollen. Ich empfinde es tiefer als Viele, was
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ſprach meine Frau beim Anblick der Urne auf der
Rouſſeau-Inſel einige gefühlvolle Worte. Die Jun¬
gen ſchnappten es auf; wir mußten ihnen erklären,
wer Rouſſeau geweſen, es kam dazu, daß ſie vor
Kurzem den Robinſon geleſen — kurz die Jungen
wollten als Einſiedler auf einer Inſel leben. Sie
glauben nicht, mit welchem Scharfſinn ſie argumen¬
tirten. Wir riskirten, daß die Kinder uns eines
Morgens fortliefen und nach der Rouſſeau-Inſel
wateten. Um den Scandal zu verhindern, ließ ich
ihnen dieſe hier graben. Es gab eine angenehme
Beſchäftigung, und jetzt muß ich wirklich ihre Per¬
ſeverence admiriren, mit der ſie ſich auf der Inſel —
„Ennuyiren,“ fiel der Geheimerath ein.
Es trat eine Pauſe ein. Der Miniſter hub
wieder an: „Ich gebe Ihnen zu, Bovillard, wir er¬
ſcheinen als Kinder, indem wir dies unterſtützen.
Ich gebe Ihnen noch mehr zu, meine ganze in einer
großen Stadt hervorgezauberte Ländlichkeit iſt auch
nur ein Kinderſpiel; wer aber hielte es aus ohne
ein Spiel der Phantaſie! Nur darin iſt der Unter¬
ſchied, daß die Einen es wie ein joujou de la Nor¬
mandie in die Hand nehmen, um es aufzurollen und
wieder fallen zu laſſen. Wir Andere vertiefen uns,
glücklich wenn wir in dem Spiel uns ſelbſt vergeſſen.“
„Die Tiefe Ihrer Sentiments, Excellenz, wird
Ihnen Niemand abſtreiten.“
„Sagen Sie lieber Innigkeit, Zärtlichkeit, wie
Sie wollen. Ich empfinde es tiefer als Viele, was
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/247>, abgerufen am 24.11.2024.
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